Handball:Besser als Leicester City

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Auf Marcus Hoffmann ist Verlass: In Pforzheim war der Linkshänder mit sechs Treffern bester Torschütze des TuS Fürstenfeldbruck. (Foto: Günther Reger)

Trotz des Start-Rekords in der dritten Liga will der TuS Fürstenfeldbruck von einer Favoritenrolle nichts wissen. Noch nicht

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Martin Wild bemüht einen etwas gewagten Vergleich: den mit Leicester City. Die Füchse haben im Vorjahr in England die Fußball-Meisterschaft gewonnen, sensationell, darf man sagen. In der aktuellen Saison allerdings hat Leicester die Welle verpasst, auf der die Foxes so überraschend an die Spitze der Premier League gesurft sind. Derzeit ist Kampf um den Klassenerhalt angesagt. Der Handballtrainer des TuS Fürstenfeldbruck will mit dem Vergleich die Leistung der Seinen aus dem Vorjahr ebenfalls in die Nähe der Sensation rücken. Denn wie Leicester wären ja auch die Brucker nur ein Jahr zuvor fast abgestiegen. Und plötzlich spielten sie sich in die Aufstiegsrelegation.

Damit enden die Gemeinsamkeiten. Die Brucker durften keine Meisterschaft feiern. Und: Die Mannschaft mischt aktuell wieder ganz vorne mit. Der Rekord-Start des Vorjahres ist mit dem 25:22-Sieg bei der SG Pforzheim/Eutingen bereits übertroffen, der TuS ist mit 11:1 Punkten Tabellenzweiter, punktgleich, aber mit dem schlechteren Torverhältnis als Nußloch.

Bemerkenswert ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Brucker von Erfolg zu Erfolg eilen. In Pforzheim hat der TuS trotz einer widrigen Anreise inklusive rudimentärer Ansprache und verkürztem Aufwärmen, trotz einer schwachen Phase nach gutem Start und einem zwischenzeitlich klaren Rückstand noch souverän gewonnen. Davon schien der Heimverein derart beeindruckt, dass die Pforzheimer mit dem 23:27 ein falsches Ergebnis gemeldet haben. "Wäre ein Tor mehr", sagt Wild, "das wird aber schon noch korrigiert." Wild zieht noch einen Vergleich: Im Vorjahr hatte der TuS zum selben Zeitpunkt seine erste Pleite kassiert, "da haben wir in Baunatal ganz schön auf den Deckel bekommen". Doch jetzt? "Haben wir die Qualität, das umzubiegen", konstatiert er seiner Mannschaft eine Weiterentwicklung: "Wir sind erwachsener geworden und haben unsere Qualität gesteigert." Es ist eine große Gelassenheit beim TuS zu spüren.

Dabei war Pforzheim gut auf die Gäste vorbereitet, Toptorschütze Sebastian Meinzer kam in den Genuss einer besonders aufmerksamen Bewachung. Auch waren die Pforzheimer Torhüter bestens mit seinem Wurfmuster vertraut. Meinzer blieb mit vier Treffern hinter den üblichen Werten zurück, doch auch das war kein Problem, erklärt der Trainer: "Wir sind in dieser Saison noch schwieriger auszurechnen." Was nicht nur an den wenigen, aber stimmigen Zugängen wie Rückkehrer Johannes Stumpf liegt, der den Rückraum der Brucker um eine sehr wirksame Option bereichert. Das liegt vor allem daran, dass sich die Mannschaft nicht verändert hat, dass der Trainer seine Spieler in Ruhe vorbereiten und weiterentwickeln konnte.

Spieler wie Frederik Hartz etwa, den Wild aufs Feld beordern konnte, ohne den kleinsten Bruch zu erkennen. Auch Hartz traf vier Mal. Oder, dass neben dem verlässlich hochprozentig treffenden Marcus Hoffmann (sechs Tore) dieses Mal sein Außenkollege Philip Ball fünf Mal erfolgreich war. Meinzer und Spielgestalter Tizian Maier (drei Tore), die vor Wochenfrist überragenden Akteure, konnten so eine Auszeit nehmen. Ein wichtiger Bonus. Der Gegner griff meist auf vier, fünf Akteure zurück, denen in der Schlussphase die Kräfte schwanden. Die Defensive des TuS um Abwehrchef Korbinian Lex und Torhüter Michael Luderschmid zählt zudem längst zu einer der besten der dritten Liga - egal in welcher Gruppe. Wild revidiert sogar seine vor der Saison geäußerte Befürchtung, dass die Süd-Gruppe stärker als der Osten sei, denn dort drängen nicht nur der wiedererstarkte TV Großwallstadt und Eintracht Hildesheim mit Macht zurück in die zweite Liga: "Ich denke, die Gruppen nehmen sich nicht viel."

Angesichts des anhaltenden Höhenfluges glaubt der Coach, dass bald ein bestimmtes Thema zurückkehrt, eines, das im Umfeld nicht nur Begeisterung auslösen wird: das Thema Aufstieg. Ein sensibler Punkt, denn im Gegensatz zur sportlichen Weiterentwicklung ist im Umfeld alles beim Alten. Wild sieht seine Mannschaft gar nicht so weit von der zweiten Liga entfernt: Hüttenberg, das vor dem TuS Erster wurde, ist dort momentan Vierter. Leutershausen, das vom Brucker Relegationsverzicht profitierte, ist Sechster.

Man solle aber erst einmal die kommenden drei Wochen abwarten, findet Wild, dann stehen die Partien gegen den Talentschuppen der Rhein-Neckar-Löwen, beim Dritten Heilbronn-Horkheim und gegen Primus Nußloch an. "Wochen der Wahrheit", sagt Wild und fügt an: "Eines ist aber klar, noch einmal werden wir nicht auf die Relegation verzichten."

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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