Handball:Abwehrarbeit vorzeitig eingestellt

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Glückwunsch, Kollege: Brucks Trainer Martin Wild (links) gratuliert seinem ehemaligen Auswahl-Mitspieler Tobias Wannenmacher zum Sieg. (Foto: Günther Reger)

Drittligist Fürstenfeldbruck verspielt gegen Aufsteiger Auerbach 21:14-Vorsprung

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Es war alles so schön angerichtet. Die Fans sollten die Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck in jenem Moment, in dem die beiden Handballmannschaften einliefen, mit ihren Handys in ein Lichtermeer verwandeln, wie man es aus Popkonzerten kennt. Der mit den Bruckern befreundete Handballprofi Dominik Klein vom THW Kiel sendete via Facebook eine Videobotschaft zum Spiel, sogar Klaus Pleil, Oberbürgermeister der Stadt, war nach seinem Herzinfarkt zum ersten Mal wieder in der Halle zu Gast. Und die Brucker selbst versuchten sich mit dem schönen Gedanken in Stimmung zu bringen, dass mit einem neuerlichen Sieg sogar Platz zwei in der Drittliga-Tabelle möglich wäre. Doch es kam - ganz anders. Fürstenfeldbrucks Handballer machten am Samstagabend in ihrem fünften Heimspiel der Saison erstmals die Erfahrung, dass so ein Spiel auch verloren gehen kann. Obwohl die Mannschaft nach 40 Minuten schon aussichtsreich 21:14 in Führung lag, unterlag sie dem SV Auerbach am Ende mit 30:31 Toren.

"Aus-wärts-sieg", begannen die in stattlicher Anzahl und mit hallentauglichen Lärminstrumenten angereisten Anhänger aus der Oberpfalz oben auf der Tribüne zu skandieren, als für den Aufsteiger ein Sieg in der Fremde zwei Minuten vor Schluss Gestalt annahm. Soeben hatte Auerbachs langer Schlaks Daniel Wolf mit seinem ersten Feldtor - vier Siebenmeter hatte er schon verwandelt - zur 30:27-Führung getroffen. Damit war die Partie angesichts der fortgeschrittenen Zeit so gut wie entschieden. Dass die Brucker noch bis auf ein Tor herankamen, ließ das Ergebnis am Ende zumindest besser aussehen. Punkte gab es dafür nicht, und so nahmen die TuS-Handballer nach der Schlusssirene sichtlich enttäuscht den ganz schnellen Weg in die Kabine.

Vielleicht war der Anfang der Partie schon ein Fingerzeig gewesen, als die Gastgeber vor etwa 750 Zuschauern mit zwei verworfenen Siebenmetern starteten und erst in der siebten Minute durch ihren blitzschnellen Rechtsaußen Marcus Hoffmann zum ersten Tor kamen. Danach nahm ihr Tempospiel, für das sie ligaweit bekannt sind, allerdings Fahrt auf, und über Hoffmanns Billardtor zum 9:4, bei dem der Ball vom einen zum anderen Pfosten sprang und dann im Netz zappelte, arbeiteten sie sich voran bis zur 15:12-Pausenführung.

Der Beginn der zweiten Halbzeit weckte sogar die Hoffnung, dass die Gastgeber fortan leichtes Spiel haben würden. Mit 21:14 lagen sie schon deutlich in Führung, als ihnen sechs Minuten lang kein Treffer mehr gelingen wollte, den Auerbachern aber deren sechs zum 21:20-Zwischenstand. Gefährlich nahe gekommen waren die Gäste, aber sie hatten noch nicht genug. Zehn Minuten vor Schluss schafften sie den Ausgleich zum 24:24, dann drehten sie die Führung um. Einen Sieben-Tore-Vorsprung verspielen, "das darf nicht passieren", haderte TuS-Kapitän Tobias Prestele hinterher: "Du machst den Gegner damit unnötig stark." Wie konnte es so weit kommen? "Wir haben aufgehört, Abwehr zu spielen, und auch keinen kühlen Kopf bewahrt", analysierte Frederik Hartz, der selbst neben dem neunmaligen Torschützen Hoffmann mit sechs Treffern aufgefallen war. Und auch TuS-Trainer Martin Wild musste feststellen, dass bei seiner Mannschaft auf einmal "das Selbstvertrauen flöten gegangen" sei.

Der SV Auerbach ist bekannt dafür, sich nie aufzugeben. Über hart geführte Zweikämpfe kaufte er den Bruckern den Schneid ab, bei den Gastgebern häuften sich indes die Fehler. Dabei hätte Martin Wild die Punkte aus dem Spiel "schon gerne mitgenommen". Auch als Polster für die bevorstehenden Aufgaben. Der unangefochtene Tabellenführer Hüttenberg und der Tabellenzweite Rodgau Nieder-Roden sind die nächsten Gegner, danach wird der TuS Fürstenfeldbruck sehen, wo er sich in der Ost-Staffel vorerst einordnen darf.

Respekt bei vielen Konkurrenten haben sich die Brucker freilich schon jetzt verschafft. Nicht nur, weil sie auf Rang drei der Tabelle stehen, sondern auch weil sie modernen Tempohandball bisweilen in Vollendung spielen. "Das Fürstenfeldbrucker Umschaltspiel von Abwehr auf Angriff" finde auf so hohem Niveau statt, dass es "sogar in der zweiten Liga seinesgleichen sucht", lobte Auerbachs Spielertrainer Tobias Wannenmacher nach der Partie. Und das sagte er nicht nur, weil den gebürtigen Herrschinger, der jahrelang mit dem HC Erlangen in der zweiten Liga spielte, und TuS-Trainer Martin Wild quasi eine Handballfreundschaft verbindet aus Zeiten, in denen sie Seite an Seite in bayerischen Auswahlteams und in der Jugendnationalmannschaft ihrem Sport nachgingen.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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