Golf:"Oh Boy!"

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Gekommen, um zu bleiben: Der Engländer Ken Williams bringt seit 22 Jahren dem Nachwuchs beim GC Eichenried das Golfen bei. Noch immer schüttelt er manchmal den Kopf. Allmählich aber, findet er, tut sich was

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Ken Williams hatte nicht vor, lange zu bleiben. "Ein Jahr, dachte ich, dann gehe ich wieder", erzählt der Engländer. 1992 war das, als er beim Golfclub München-Eichenried die Clubtrainerstelle antrat. 22 Jahre später ist Williams immer noch da und sagt: "Oh Boy, 22 Jahre!"

Williams stammt aus Birmingham. Aufgewachsen ist er ganz in der Nähe des berühmten Belfry-Platzes. Einst war er Profi, "den richtigen Durchbruch habe ich aber nicht geschafft". Auch deshalb verlegte er sich frühzeitig auf das Trainerfach. Beim GC Eichenried kümmerte sich Williams in den vergangenen Jahren besonders um den Nachwuchs. Und das mit Erfolg: Der Bayerische Golfverband (BGV) hat Williams zum Jugendtrainer des Jahres 2014 gekürt.

Ken Williams ist 55 Jahre alt, trotzdem oder gerade deswegen hat er einen intensiven Kontakt zu den jungen Golfern im Klub. Dabei hilft ihm sein heute nahezu perfektes Deutsch. "Er ist so etwas wie ein Guru für alle seine Spieler", sagte BGV-Geschäftsführerin Heidrun Klump bei der Preisverleihung über Williams. Die Auszeichnung ist mit 1500 Euro für die Jugendförderung im Verein dotiert. Eichenried wurde bayerischer Mannschaftsmeister der Jungen in der Altersklasse 14 und anschließend Zweiter bei den deutschen Meisterschaften. In der AK 18 belegte der GC den dritten Platz. Moritz Lammel etwa hat Williams vor sechs Jahren unter seine Fittiche genommen. 2014 gewann Lammel nicht nur den bayerischen Meistertitel in der AK 14, auch bei den deutschen Meisterschaften stand er ganz oben. "Er ist ein Ausnahmetalent", sagt Williams. Lammel kam als Siebenjähriger zum GC, und Williams "sortierte ihn sehr bald nach oben aus", wie er sagt.

2007 installierte der GC Eichenried ein neues Nachwuchskonzept. Der Golfclub hob den Stellenwert des Kinder- und Jugendsports merklich an. Ken Williams war der geeignete Lehrer, um dieses Programm umzusetzen. "Er ist ein unglaublicher Psychologe im Kinder- und Jugendbereich", lobt Korbinian Kofler, der Geschäftsführer des GC. "Vor allem schafft es Williams, dass die jungen Golfer ehrgeizig trainieren." Einem, dem er Ehrgeiz vermitteln konnte, ist Stephan Jäger. Der talentierte Junior ging schon mit 18 Jahren in die USA und versuchte sich dort als Profi. Zweieinhalb Monate war Williams mit seinem ehemaligen Schüler in den USA unterwegs. Als Caddy hat er den heute 25-Jährigen beim entscheidenden Turnier betreut, bei dem sich Jäger erneut für die Web.com-Tour qualifizierte. "Er hat es geschafft", verkündete Williams nach der Rückkehr kurz vor Weihnachten erleichtert. Die Web.com-Tour ist die zweite Profi-Turnierserie in den USA.

So weit wie Jäger ist Moritz Lammel noch nicht. "Jäger hat immer noch eine Vorbildrolle im Klub", sagt Williams. "Er redet mit den Kindern, und sie schauen zu ihm auf." Dem Engländer wird besonders großer erzieherischer Einfluss auf seine jungen Golfer nachgesagt. "Ich bin nicht nur ein Schwungcoach", stellt Williams klar. Fast 200 Nachwuchsgolfer werden beim GC Eichenried betreut. Der Cheftrainer fährt mit allen Altersklassen ins Trainingslager. Zuletzt war er mit den talentiertesten Kindern und Jugendlichen in Italien, in diesem Jahr geht es nach Spanien. Williams sagt: "Sie ziehen alle mit, die Jüngeren schauen sich von den Älteren einiges ab."

"Ich bin nicht nur ein Schwungcoach": Ken Williams, Nachwuchstrainer des Jahres 2014 in Bayern. (Foto: privat / oh)

Williams würde gerne aus einer breiteren Basis seine Talente auswählen. Bisher kommen zumeist die Kinder der Eltern, die bereits im Klub Golf spielen. Ansätze von Schulgolf gibt es hier und dort, zum Beispiel in Erding. Doch das reicht Williams nicht. In England gibt es überall öffentliche Golfanlagen, auf denen sich Kinder in der Sportart versuchen können. "Hier brauchst du Platzreife, also einen Schein, damit du Golf spielen darfst", sagt Williams und schüttelt den Kopf. Wo die breite Basis an Talenten fehlt, ist der Output an Spitzenspielern gering. Bernhard Langer oder Martin Kaymer, zwei deutsche Weltklassegolfer in 30 Jahren, sind herzlich wenig. "Wie viele Langers und Kaymers haben wir verloren?", fragt Williams nach den Talenten, die durch falsche Betreuung und Training auf der Strecke geblieben sind.

"Unsere Kinder wollen alle Champion werden", sagt Williams, "aber sie haben keine Ahnung, wie sie dahin kommen." Der Job eines Trainers sei auch, den Kindern Geduld zu vermitteln. Der Erfolg komme nicht über Nacht. "Geduldig, einfach, vernünftig und ehrlich", sagt Williams, seien die Adjektive, die einen Golfer auszeichneten. Mit "ehrlich" meint der Trainer, dass nur das Zählwettspiel für ihn Bedeutung hat. Andere Zählweisen, wie zum Beispiel im Stableford-System, verzerrten den wahren Leistungsstand.

"Wir sind langsam, aber wir kommen schon", sagt Williams. So wie es aussieht, wird er wohl in Deutschland in Rente gehen: "Im schönsten Job der Welt."

© SZ vom 31.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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