Golf:Graswurzelwerkerin

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Thea Hoffmeister will die Ausbildung beim Münchener Golfclub professionalisieren - trotz vorhandenen Talents wollte die neue bayerische Meisterin selber aber nie Profi werden

Von Matthias Schmid, Straßlach-Dingharting

Jeden Morgen nach dem Aufstehen fühlt Thea Hoffmeister, dass sie keine Nationalspielerin mehr ist. Ihr Rücken schmerzt, so sehr, dass sie bisweilen Mühe hat, die Treppen hinauf oder hinab zu gehen und ins Auto zu steigen. "Bei der Nationalmannschaft war immer ein Physiotherapeut um dich herum, der jedes Wehwehchen sofort behandelt hat", sagt Hoffmeister.

In den vergangenen Wochen waren die Schmerzen dann allerdings so unerträglich geworden, dass ihr Orthopäde sie in den Kernspintomografen schickte. Eine Verletzung konnte er auf den Bildern nicht erkennen. Die Muskeln und Sehnen waren verspannt, die Nerven irgendwie verklemmt. Wie immer halt. Er riet ihr, doch bitte schön mehr auf ihren Körper zu achten, ihn zu pflegen und zu kräftigen. "Ich mache bei meinem Schwung viel aus dem Oberkörper heraus, sodass mein Rücken stark beansprucht wird", sagt Hoffmeister, die in der Golf-Bundesliga für den Münchener GC spielt. Sie würde den Rat des Mediziners gerne befolgen. Doch dazu fehlt ihr die Zeit. Mehrere Stunden täglich verbringt sie zwar auf dem Golfplatz in Straßlach. "Aber von meinem Büro aus sehe ich nicht ein Green", erzählt Hoffmeister.

Seit Januar arbeitet Thea Hoffmeister als Sportmanagerin für den MGC, vollberuflich. Golf spielt sie nur noch nebenbei, zweimal die Woche. "Wenn ich es überhaupt mal ins Training schaffe", sagt die 28-Jährige. Sie kümmert sich jetzt mehr um die Schwünge der anderen. Ihrem Spiel hat das verringerte Pensum jedoch nicht geschadet. Hoffmeister ist ein seltenes Phänomen: Seit sie weniger spielt, spielt sie besser. Am Wochenende gewann sie die offenen bayerischen Meisterschaften auf der heimischen Anlage. Im vergangenen Jahr beendete sie die Bundesligarunde als beste Spielerin. "Ich habe einfach Spaß, wenn ich auf dem Platz stehe, und vertraue meinem Schwung."

"Ich bin nicht der Typ dafür, der nur auf dem Golfplatz stehen möchte": Thea Hoffmeister, Sportmanagerin beim Münchener Golfclub und bayerische Meisterin. (Foto: Günther Reger)

Natürlich spielt sie nicht mehr so präzise und konstant wie früher, vor allem beim kurzen Spiel gehorchen ihr die Bälle nicht mehr so, wie sie es gerne hätte. Doch sie kann die fehlenden Trainingsstunden mit ihrer Erfahrung ausgleichen. Mit 16 Jahren war die gebürtige Kielerin bereits für ein Jahr an ein schottisches Internat nach St. Andrews gewechselt. Nach dem Abitur siedelte sie vollends ins Ausland über, an der Universität Purdue im US-Bundesstaat Indiana studierte sie als Stipendiatin Sportmanagement und Sportkommunikation. Mit ihrem College gewann sie 2010 sogar die Meisterschaft - mehr geht nicht für eine Amateurgolferin in den Staaten. Das hat sie schnell begriffen. "Wir wurden anschließend auf Schritt und Tritt mit Kameras verfolgt", erinnert sie sich. Allein die Fahrt vom Flughafen zurück zum Golfplatz war für sie surreal: Alle Ampeln waren abgeschaltet, Hoffmeister und ihre Mannschaftskollegen wurden von einer Polizei-Eskorte begleitet. Diese Begeisterung kannte sie von zu Hause nicht, dabei gehörte sie in dieser Zeit zu den besten deutschen Spielerinnen. Sie errang nicht nur 2007 die internationale Amateurmeisterschaft, sondern mit der Nationalmannschaft 2009 auch den EM-Titel.

50 000 Bälle schlug sie in den USA pro Semester, acht Stunden übte sie auf dem Golfplatz oder im Kraftraum, neben der Uni, versteht sich. Obwohl sie in dieser Zeit darüber nachdachte, ihr Hobby zur Profession zu machen, entschied sie sich gegen eine Karriere als Berufsspielerin. "Ich bin nicht der Typ, der nur auf dem Golfplatz stehen möchte", bekennt sie.

Doch ohne Golf geht es auch nicht. Das hat sie schnell festgestellt, als sie nach dem Master-Abschluss an der Munich Business School bei einer Sportagentur anfing. "Da war ich zu weit weg vom Sport", sagt Hoffmeister. Sie will das Gras riechen können bei der Arbeit. Als Sportmanagerin beim Münchener Golfclub hat sie sich nun zur Aufgabe gemacht, ein ganzheitliches Trainingskonzept im engen Austausch mit den Trainern zu entwickeln, sie will die Nachwuchsarbeit im Verein professionalisieren und auf eine höhere Ebene heben. Ideen hat sie viele, doch bisweilen stößt sie mit ihrer Begeisterung und ihrem Idealismus nicht nur auf Gegenliebe bei den Mitgliedern. "Ich hätte nicht gedacht, dass so viele etwas gegen den Leistungssport haben", sagt Hoffmeister. Entmutigen lässt sie sich aber nicht, Widerstände spornen sie vielmehr an. Sie will die Sportförderung nun unabhängiger von den Mitgliedsbeiträgen machen. Für ihren neuen Weg wirbt sie um Unterstützung bei Sponsoren.

Erfolge der Bundesligamannschaften würden diese Gespräche natürlich erleichtern. Das Frauenteam hat vor dem dritten Spieltag am Sonntag in St. Leon-Rot gute Aussichten, sich auch in diesem Jahr für die Endrunde zu qualifizieren. Hoffmeister wird diesmal aber fehlen. Sie reist als Kapitänin des Juniorenteams zur Vagliano Trophy nach Nordirland. Dort werden sich die besten Spieler des europäischen Festlands sowie das Vereinigte Königreich und Irland gegenüberstehen. "Das ist eine große Auszeichnung für mich", findet Thea Hoffmeister. Ihr Rücken wird das womöglich anders sehen und bald wieder um Hilfe rufen.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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