Golf:Geld oder Liebe

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„Holla, ich bin doch ziemlich gut“: Jonas Kölbing spielt noch auf der Pro Tour, der Einstiegsliga für Profigolfer. Bald möchte er in die erste Liga aufsteigen. (Foto: Nila Thiel)

Jonas Kölbing arbeitete im Golfshop, studierte Golfmanagement, wurde Golflehrer und schrieb ein erfolgreiches Golfbuch. Nun versucht sich der 33-jährige Starnberger als Spätberufener bei den Profis.

Jonas Kölbing ist quasi auf dem Golfplatz groß geworden. Sein Vater Andreas nahm ihn ständig mit in den Klub. Über viele Jahre hinweg hat sich dann beim Sohn eine Art Hassliebe zu diesem Sport entwickelt. Kölbing hat lange gezweifelt, aber dann hat sich doch die Liebe durchgesetzt. "Ich habe nichts anderes gefunden, was mir so viel gibt wie Golf", sagt der 33-Jährige heute. Seit zwei Jahren versucht sich der gebürtige Weilheimer als Golfprofi auf der Pro Tour, der Einstiegsliga also. Jetzt steht Kölbing vor dem Aufstieg in die Challenge Tour, die zweite Liga. Doch das reicht ihm jetzt nicht mehr. "Natürlich will ich auf die European Tour", sagt er selbstbewusst. Das wäre dann die erste Liga - und die Aussicht auf ordentliches Preisgeld mit gutem Auskommen.

Viel Geld lässt sich auf der Pro Tour nicht verdienen. Die Turniere sind in der Regel mit einem Gesamtpreisgeld von lediglich 30 000 Euro dotiert. Der Siegerscheck beträgt exakt 6666 Euro. Um dieses Preisgeld spielen im Laufe der Saison mehr als 200 Golfer, darunter 43 Deutsche. Momentan führen ein Schotte und ein Franzose die "Order of Merit", die Geldrangliste, an. Der Führende der Pro Tour, Craig Howie, kommt nach 18 Turnieren auf ein Preisgeld von etwa 24 000 Euro. Kölbing rangiert auf Platz sieben mit 14 500 Euro. Der siebte Platz würde nicht direkt für die Challenge Tour im nächsten Jahr reichen, dafür müsste er Fünfter werden.

Kölbing war als bayerischer Meister ein guter Amateur. Doch immer waren Zweifel da, ob er Berufsgolfer werden soll. "Da sind so viele gute Engländer, Schotten und Franzosen auf der Tour", meinte er schon vor Jahren, als er als Amateur einige Profiturniere mitspielte. 2007, mit 22, bekam Kölbing eine Wildcard beim internationalen Turnier der Europatour in München-Eichenried und spielte dort eine famose erste Runde. Am Ende belegte er Platz 23. Trotzdem wollte er nicht Golfprofi werden. Doch alles, was er tat, hatte mit Golf zu tun. Er arbeitete in einem Golfshop, absolviert ein Fernstudium zum Golfmanager und machte die Golflehrer-Ausbildung zum "Fully Qualified Professional". Vor zwei Jahren hat er ein Buch geschrieben, das "guten Anklang gefunden hat", wie er sagt. Zeitweise war "Golf genial" die Nummer eins unter den Golfbüchern.

Dann gab es das Schlüsselerlebnis für Kölbing: 2016 gewann er die German PGA Championchip. "Holla", sagt er heute noch rückblickend, "ich bin doch ziemlich gut, habe ich mir gedacht." Das Selbstvertrauen wuchs, eine Kategorie, die in diesem Sport enorm wichtig ist. Es stellten sich konstantere Runden ein. Zweimal hat er in diesem Jahr auf der European Tour in Deutschland, für die er sich als die Nummer 16 hierzulande qualifiziert hatte, den Cut geschafft und viele Profis hinter sich gelassen. Auch auf der Pro Tour, auf der bei jedem Turnier drei 18-Loch-Runden gespielt werden müssen, funktioniert sein Spiel immer besser. 2017 belegte er noch den elften Rang, jetzt ist er Fünfter. Viermal kam er unter die besten drei. In Marokko im Februar verpasste er als Zweiter knapp den Sieg. Neulich hätte er sich beim Pro-Tour-Turnier in seinem Heimatklub Starnberg natürlich einen Triumph gewünscht, er kennt dort ja jeden Grashalm. Bei der Proberunde absolvierte er den Par- 71-Kurs in Hadorf mit 62 Schlägen. "Da hätte ich sogar noch drei Schläge besser sein können", so Kölbing. Beim Turnier selbst benötigte er dann 69 und zweimal 68 Schläge. Das waren am Ende Platz 13 und 528 Euro Preisgeld. "Ich habe Fehler gemacht, aber ordentlich gespielt", fasste er die drei Tage dann doch zufrieden zusammen. Trotz Fehlern gut gespielt, auch das stärkt das Selbstbewusstsein.

"Golf ist ein Kopfsport", sagt Kölbing, der mit Abschlägen um die 280 Meter besticht. Ärger über missglückte Schläge oder Putts müsse man ständig wegstecken. Gelingt das nicht, kommt man nicht voran. "Es ist ein deprimierendes Spiel", sagt er, "es ist der beste Weg, um sich einen guten Spaziergang zu versauen." Kölbing braucht den Druck, den er sich selbst macht. Unterstützt wird er von Sponsoren und dem Golfclub Starnberg, für den er als "Playing Professional" unterwegs ist. In Marcel Haremza und Peter Wolfenstetter sind auch zwei profilierte Golftrainer im Team. "Die machen das quasi 24 Stunden für umsonst", erzählt Kölbing. Auch, weil sie ihm zutrauen, die European Tour zu erreichen. Erreicht er es, könnte er den Vorschuss irgendwann in Euro zurückzahlen.

Der Aufstieg in die Challenge Tour hängt nun vom Saisonfinale ab, das bis Mittwoch in der Lüneburger Heide stattfindet. Dort gibt es 50 000 Euro Preisgeld zu gewinnen und außerdem mehr Punkte als sonst für die Rangliste, so dass für den Tutzinger noch alles drin ist. Kölbing liegt der Kurs in Niedersachsen, dort ist er zuvor bereits Dritter und zweimal Vierter gewesen. Nach dem ersten Turniertag liegt er auf Platz acht, vier Schläge hinter dem Engländer Gregory Wiggins, der jedoch in der Gesamtwertung keine Gefahr für Kölbing darstellt. Auch die Konkurrenten um Rang fünf rangieren hinter ihm.

Viele Profidebütanten auf der Pro Tour sind Anfang 20. Kölbing ist 33. Zu alt? "Das Alter ist unerheblich", sagt er nachdrücklich und fügt hinzu: "Ich bin fit." Das sogenannte "Winning Age" im Profigolf liege, so die Statistik, sowieso erst jenseits der 40. Für einen wie Kölbing, der auf dem Golfplatz groß wurde, ist das sehr viel Zeit.

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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