Fußball-Regionalliga Bayern:Eine Sache der Definition

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Heiko Vogel, Fußball-Jugendleiter des FC Bayern und Trainer der zweiten Mannschaft, will in dieser Saison die Favoritenrolle nicht annehmen. Die Frage ist: Wer glaubt ihm das?

Von Benedikt Warmbrunn, München

Vielleicht begann alles an einem grauen Samstagmittag im Sommer 2012. Das Vereinsheim des SV Heimstetten, auf den Tellern lagen große Schnitzel, ganz vorne saß Mehmet Scholl, damals der Trainer des FC Bayern München II. Kurz zuvor hatte seine Mannschaft, in die Regionalliga Bayern als Favorit gestartet, in Heimstetten Unentschieden gespielt, zum dritten Mal am dritten Spieltag, und nun sagte Scholl: "Heute ist der Tag, an dem ich ganz bewusst öffentlich mache, dass die Ziele korrigiert werden. Der Aufstieg ist kein Thema mehr." Die Sätze waren eine Überraschung, fast schon ein Skandal, aber an der Erwartungshaltung hatte sich lange nichts geändert. Der FC Bayern II, so haben das alle im Verein gesehen, muss immer der Favorit auf den Aufstieg sein. Es kamen neue Trainer, es kamen neue dritte Spieltage, immer wollten sie sich beim FC Bayern als Meisterschaftsfavorit sehen. Aber die Mannschaft blieb immer ein Favorit, der seiner Favoritenstellung nicht gerecht wurde.

Nun steht für den FC Bayern II wieder ein erster Spieltag an, am Sonntag (14 Uhr, Stadion an der Grünwalder Straße) gegen den FV Illertissen, es wird also bald auch wieder einen dritten Spieltag geben, aber so lange will Heiko Vogel, der Trainer und Sportliche Leiter des Junior Teams, nicht warten. Was Scholl schon im Sommer 2012 erkannte hatte, das gesteht nun auch Vogel. "Das Ziel Meisterschaft oder Aufstieg wollen wir so nicht definieren", sagt der Trainer in einem Interview auf der Homepage des Vereins.

Ein Duo im Gleichschritt? Künftig nicht mehr. Lucas Scholl (li.) bleibt beim FC Bayern, Steeven Ribéry dagegen hat den Klub verlassen. (Foto: Claus Schunk)

Seit den Zeiten des Trainers Scholl hat der FC Bayern den Aufstieg in die dritte Liga stets als das klare Ziel definiert, seitdem ist das Team zweimal Zweiter geworden, einmal scheiterte es aufgrund eines Torwartfehlers in der letzten Sekunde der Relegationsspiele; die Mannschaft war ihrem Ziel also immer ziemlich nah gekommen. Nur in der vergangenen Saison nicht. Die beendete sie auf dem sechsten Tabellenplatz, mit zwölf Punkten Rückstand auf Meister Regensburg. Und plötzlich herrscht im Klub eine neue Bescheidenheit vor. "Wir wollen maximal erfolgreich sein, wissen jedoch, dass die Konkurrenz sehr groß ist", sagt Vogel, "wenn ich die Investitionen anderer Teams sehe, wird es für uns mit Sicherheit schwer."

Wie in den vergangenen Jahren hat der FC Bayern II sich überwiegend mit jungen Spielern verstärkt, insgesamt kamen 13 Zugänge, der einzige Erfahrene ist Angreifer Thorsten Oehrl, 30, der einst für den FC Augsburg in der Bundesliga spielte. Der Routinier fehlt zum Auftakt jedoch verletzt, im Trainingslager hatte er sich einen Bänderanriss zugezogen. Drei der sieben Spieler, die von der U19 zu den Amateuren befördert wurden, sind zudem mit Kreuzbandrissen gekommen. Dafür ist Fabian Benko, der im vergangenen Sommer unter Pep Guardiola bei den Profis trainieren durfte, nach einer langen Verletzungspause zurückgekehrt, ihm könnte eine zentrale Rolle zufallen, genauso wie auch Lucas Scholl, dem 20-jährigen Sohn des früheren Trainers.

Hat Respekt vor der Konkurrenz: Heiko Vogel. (Foto: Claus Schunk)

Sieben Testspiele hat die Mannschaft in der Vorbereitung bestritten, sechs hat sie gewonnen, lediglich gegen den Drittligisten SV Wehen-Wiesbaden gab es eine Niederlage. Vogel lobt besonders, dass sich seine Spieler stets viele Chancen herausgespielt hatten, "obwohl gewisse Mechanismen und Automatismen noch gar nicht sitzen können". Dies mache ihm Mut, "da ist Power im Offensivbereich". Sein Fazit der ersten Trainingswochen: "Ich habe selten eine in allen Belangen so hervorragende Vorbereitung mitgemacht."

In den nächsten Wochen wird Vogel dennoch erst schauen, wie sich seine junge Künstlertruppe in der bisweilen durchaus ruppigen Regionalliga zurechtfindet, erst dann wird er definieren, was das Maximale für die Amateure des FC Bayern in dieser Saison sein kann. Und wer so bescheiden in die Saison geht, das ist ja das Positive an dieser Einstellung, der kann seine Ziele noch nach oben korrigieren. Vielleicht schon nach dem dritten Spieltag.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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