U19-Bundesliga:Professionelle Hilfe

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Richard Neudecker hat für die zweite Mannschaft des TSV 1860 München sechs Tore in der Regionalliga geschossen. Jetzt soll der Jungprofi zum Klassenerhalt der A-Junioren beitragen.

Von Daniel Siebenweiber, München

Die besten Torschützen der U21 landen im Abstiegskampf

Der TSV 1860 München befindet sich bekanntlich im Abstiegskampf, und dort kann er jeden torgefährlichen Spieler gebrauchen. Da liegt es nahe, dass sich die Löwen bei den besten Torschützen aus ihrer zweiten Mannschaft bedienen. Im vergangenen November gaben Fejsal Mulic, 20, und Korbinian Vollmann, 21, ihr Debüt im Profifußball. Zuvor waren sie in der Regionalliga die erfolgreichsten Schützen: Mulic hatte bis dahin acht Treffer erzielt, Vollmann sogar 14. Eine gute Wahl, im jüngsten Spiel der Löwen in Fürth traf Vollmann erstmals in der zweiten Liga. Er gilt als neuer Hoffnungsträger des kriselnden Vereins. Es war nur logisch, auch den drittbesten Torschützen der Zweitvertretung, Richard Neudecker, in den Abstiegskampf zu schicken. Doch nicht etwa in die zweite Bundesliga. Er landete bei den A-Junioren - und schießt sein Team aus dem Tabellenkeller.

Blau ist die Hoffnung: Richard Neudecker (re.) wünscht sich im Duell mit Marco Schuster und dem FC Augsburg an diesem Donnerstag einen Sieg. (Foto: Johannes Simon)

Richard Neudecker hat vor einem Jahr seinen ersten Profivertrag bei 1860 unterschrieben. Damals war er 17 Jahre alt. Nun hat er gerade erst das Wintertrainingslager mit den Profis in Marbella absolviert, aber mit 18 Jahren und fünf Monaten ist er noch immer für die Junioren spielberechtigt. Und so schnappte sich U19-Trainer Josef Steinberger den Jungprofi. Neudecker war für diese Spielzeit eigentlich in der Regionalliga-Mannschaft der Löwen eingeplant, die um den Aufstieg in die dritte Liga spielt. In 16 Partien erzielte der flexibel einsetzbare Mittelfeldspieler dort sechs Tore. Nach einer Länderspielreise mit der deutschen U19-Nationalmannschaft beorderten ihn die Trainer im Herbst allerdings direkt in die A-Junioren-Bundesliga.

Auch die A-Jugend spielt überraschend gegen den Abstieg

Statt den Aufstieg in die dritte Liga hat er nun den Klassenerhalt im Jugendfußball im Visier. Eigentlich ein sportlicher Abstieg für junge Talente wie Neudecker, die sich gerne möglichst früh im Männerfußball beweisen wollen. Gerade im körperlichen Bereich entwickeln sie sich dort besser als im ausschließlichen Duell mit Gleichaltrigen. Doch in Krisenzeiten geht es nicht um die Bedürfnisse Einzelner, es geht um das große Ganze: Neben der Zweitligamannschaft spielen auch die Junglöwen etwas überraschend gegen den Abstieg - nun eben mit Profi-Unterstützung.

Am Ende der vergangenen Saison landeten die Münchner Junioren mit Trainer Steinberger auf dem zweiten Platz, in dieser Spielzeit lief es von Beginn an schlecht: Erst im fünften Spiel unter dem neuen Coach Filip Tapalovic holten die Löwen ihren ersten Sieg. Wenig später wurde Tapalovic Co-Trainer bei den Profis, Steinberger übernahm wieder. Anfang März, nach drei Niederlagen in Serie, belegte die U19 den vorletzten Platz in der Tabelle der Süd/Südwest-Gruppe. Ein Abstieg der ältesten Junioren aus der höchsten Spielklasse wäre eine Enttäuschung für einen Klub, der sich selbst als "Top-Adresse im deutschen Nachwuchsfußball" sieht und viele Nationalspieler, wie die Bender-Zwillinge oder Kevin Volland, geformt hat.

"Zu naiv", urteilte Trainer Steinberger

Woran liegt es, dass die Löwen mit ihrer professionellen Ausbildung in der U19-Tabelle deutlich hinter Teams wie dem Karlsruher SC und dem 1. FC Nürnberg zurückliegen? Ist es einfach nur ein schwächerer Jahrgang? "Zu naiv", urteilte Trainer Steinberger Anfang des Jahres über sein Team: "Wenn wir abgezockter werden, können wir gegen jede Mannschaft gewinnen." Erste Erfahrungen aus dem Männerfußball, wie sie Neudecker bereits gesammelt hat, können dabei nicht schaden.

Dass die Junglöwen es besser können, zeigten sie in den vergangenen zwei Partien. Neudecker erzielte drei Tore und führte sein Team erst zu einem 5:0-Erfolg gegen Kaiserslautern, dann siegte 1860 in Saarbrücken mit dem gleichen Ergebnis. Nachdem die Münchner in den ersten 16 Spielen der Saison nur 15 Treffer erzielt hatten, gelangen ihnen jüngst zehn Tore in acht Tagen - und der Sprung weg von den Abstiegsrängen. Doch der Abstand dorthin bleibt klein, an diesem Donnerstag (16 Uhr) gastieren die Junglöwen bei der U19 des FC Augsburg zum bayerischen Abstiegsderby, denn die Junioren des schwäbischen Erstligisten liegen aktuell zwei Punkte hinter den Münchnern auf dem vorletzten Tabellenplatz. "Optimal wäre, wenn wir nachlegen und unsere beiden Siege mit einem weiteren vergolden könnten", sagt Trainer Steinberger, der aber auch betont: "Das wird ein schwerer Gang, ein ganz anderes Spiel als gegen Saarbrücken."

Mit Selbstbewusstsein nach Augsburg

Auch bei Gegner Augsburg geht es um viel. Erst im vergangenen Sommer eröffnete der Verein ein neues Nachwuchsleistungszentrum. In der Bundesliga spielen die Profis um die Qualifikation für den Europapokal, die Junioren hoffen auf einen Heimsieg, um in der Tabelle wieder an 1860 München vorbeizuziehen.

Während die Sechzig-Profis am Freitag gegen Aalen auf weitere Treffer von Korbinian Vollmann hoffen, vertraut die U19 auf Neudeckers Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Ein 0:0 wie im Hinspiel soll es nicht geben. "Wir können nach den zuletzt gezeigten Leistungen selbstbewusst nach Augsburg fahren", sagt Steinberger. Nicht zuletzt wegen seiner Profi-Aushilfe Richard Neudecker.

© SZ vom 19.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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