Fußball 3. Liga:Einfach zu einfach

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Die SpVgg Unterhaching wirkt beim 0:4 in Wiesbaden nach engagiertem Beginn seltsam lethargisch. Der Vorsprung auf die Abstiegsplätze beträgt nur noch drei Punkte

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Auf einer der weitgehend leeren Tribünen in der Wiesbadener Arena hatte jemand zwei Weihnachtsbäume aufgestellt. Auf ihren Spitzen saßen, nein, nicht goldene Lichtlein, sondern rote Weihnachtsmützen, so sahen sie aus wie zwei Zuschauer. Damit waren sie gegen Ende der Partie den wenigen Unterhachinger Fans, die nach Hessen mitgereist waren, nicht unähnlich: rote Kopfbedeckung und völlig regungslos.

Die 0:4 (0:1)-Niederlage der SpVgg war zwar für den Geschmack vieler Beteiligter zu hoch ausgefallen, die Treffer zum 3:0 und 4:0 für den SV Wehen Wiesbaden fielen erst in der 85. und 88. Minute. Doch zwischenzeitlich hatten eben auch die Spieler nahezu reglos zugesehen, wie die Gastgeber Lücken fanden und mit zunehmender Spieldauer auch nutzten. Oder, wie Hachings Kapitän Mario Erb später erkannte: "Es ging einfach zu einfach." Am Ende sei es wohl auch gerecht gewesen, fand der Abwehrchef. "Denn wenn man da was anderes sagt, wird man gefragt, ob man sie noch alle hat."

Trainer Christian Ziege hatte kurzfristig umstellen müssen: Markus Schwabl war wegen einer Grippe nicht mitgefahren, Josef Welzmüller hatte sich im Abschlusstraining eine Außenbandverletzung zugezogen. Damit hatte Ziege keinen Rechtsverteidiger zur Verfügung und musste Mittelfeldspieler Yannic Thiel in die Viererkette zurückziehen. Zunächst fiel es nicht sonderlich auf, dass diese ihre Probleme mit Zuordnungen hatte. Denn an Mut, nach vorne zu spielen, fehlte es der jungen Mannschaft in den ersten Minuten nicht. Andreas Voglsammer kam in der vierten Minuten nach einem Angriff über die linke Seite zum Torabschluss, eine Viertelstunde später setzte er einen Freistoß weit über das Tor. Unter dem Beifall der Heimfans traf er nur einen Tribünenpfeiler (27.).

Zu Beginn war der SV Wehen Wiesbaden nur durch Standards in Tornähe gekommen. In der neunten Minute lenkte Torwart Michael Zetterer einen Kopfball von Patrick Funk sehenswert über die Latte. Danach zeigte die Hachinger Abwehr, wie so oft in dieser Saison, immer mehr Schwächen bei hohen Bällen. So konnte Nils-Ole Book nach einer Flanke unbedrängt zur Führung für die Gastgeber einschießen, Fabian Götze hatte den Mittelfeldspieler enteilen lassen (40.). Der allzeit fleißige Voglsammer hätten den Fehler beinahe ausgebügelt, sein Torschuss aus kurzer Distanz nur eine Minute später wurde jedoch geblockt. "Und dann kommen wir aus der Halbzeit raus und laden sie zum 2:0 ein", sagte Ziege verärgert.

Tore schießen leicht gemacht: Nils Ole Book trifft zum 1:0 für Wiesbaden. Hachings Torwart Michael Zetterer ist machtlos, Fabian Götze schaut zu. (Foto: imago)

Es begann mit einem Ballverlust im Mittelfeld. Niemand griff im Anschluss Book an, während dieser 40 Meter mit dem Ball am Fuß nach vorne lief. Mehrere Spieler versuchten nicht einmal, hinterherzulaufen. Als Book dann an der Strafraumgrenze von vier Hachingern eingekreist war, passte er auf den frei stehenden Luca Schnellbacher, der den Ball an Zetterer vorbei ins Tor schob. Die Hachinger zeigten in dieser Szene eine seltsame Lustlosigkeit.

Zwar hätte Ziege nach einem Foulspiel an Dominik Widemann gerne einen Elfmeter gehabt (50.), der die Partie womöglich noch spannend gemacht hätte. Doch auch der Coach musste zugeben: "Wir haben es dann nicht mehr gut gemacht." Die Mannschaft habe sich auskontern lassen, Kevin Schindler und Sebastian Mrowca erzielten die weiteren Treffer. "Verloren ja, aber aus meiner Sicht zu hoch", fand Ziege. Man habe zu Beginn "gegen einen tief stehenden Gegner geduldig gespielt". Doch in Wahrheit hatten weite Teile des Teams schon vor der Pause in ihren Bemühungen nachgelassen, den Gegner unter Druck zu setzen, und ihn somit erst ins Spiel gebracht.

Mittlerweile hat die Mannschaft 39 Gegentore gesammelt, nur eines weniger als der Tabellenletzte Jahn Regensburg. Am Samstag kam der Angriff nicht mehr hinterher, die wahren Schwächen zu kaschieren. Nur Voglsammer strahlte gelegentlich so etwas Torgefahr aus, auch die Einwechslung des Neu-Profis Simon Ollert für Kenny Redondo nach einer Stunde brachte keinen Impuls zum Besseren.

Das Problem könnte sich noch verschärfen, wenn einige der torgefährlichsten Spieler in der Winterpause verkauft werden müssen. Am kommenden Samstag spielen 39 Gegentore gegen 40 Gegentore - die SpVgg empfängt Schlusslicht Regensburg. Für einige wird es wohl das letzte Spiel als Unterhachinger sein. Aber auch eines der wichtigsten: Das Team steht nur noch drei Punkte vor den Abstiegsrängen.

© SZ vom 15.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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