Fußball-Landesliga:Landkreis ohne Luftschlösser

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"Kein Unterschied", bis auf die Trikots: Christian Rodenwald, links, Oberweikertshofen, verfolgt Brucks Kapitän Fabian Meinberger. (Foto: Johannes Simon)

Derby zwischen SCO und SCF endet unentschieden

Von Christoph Leischwitz, Oberweikertshofen

Pausenlos hatte Tarik Sarisakal ins Feld geschrien, oder wie er es nennt: gecoacht. Auch war er der Schiedsrichterassistentin immer wieder an der Seitenlinie im Weg gestanden. Denn so eine schmale Coachingzone wie beim SC Oberweikertshofen ist für einen Mann wie Sarisakal einfach viel zu schmal. Einmal war der Trainer des SC Fürstenfeldbruck sogar aufs Feld gelaufen, um einen Ball aus der Luft zu stoppen, seinem Spieler zuzuschießen und so das Spiel schnell zu machen. Am Rand eines fast komplett von Zuschauern gesäumten Spielfeldes war der 42-Jährige nicht nur die lauteste, sondern auch die beweglichste Person. Als aber das Tor für seine Mannschaft fiel, wurde Sarisakal plötzlich ruhig. Er starrte in Richtung der Oberweikertshofener Bank. Dort erwiderte niemand seinen Blick. Dann klatschte er ein paar Mal in die Hände und sagte leise: "Ist verdient."

Stefan Tutschka, Trainer des favorisierten SCO, war verglichen mit Sarisakal buddhistisch ruhig geblieben während dieses Landkreis-Derbys, das gegen Ende noch einmal hitzig wurde. "Das Unentschieden geht in Ordnung. Da war ein bisschen Derby-Respekt dabei heute, und ein bisschen wenig spielerische Linie", sagte der 49-Jährige, der findet: "Meine Mannschaft ist noch nicht so weit, wie sie sein sollte." In Maximilian Merwald oder auch Sebastian Schuff hat Tutschka Spieler mit höherklassiger Erfahrung zur Verfügung. Und in Kapitän Christian Rodenwald, Uli Fries und Patrick Feicht zudem ehemaliger Brucker Leistungsträger, die jetzt in Oberweikertshofen die bessere Perspektive sehen - nachdem Fürstenfeldbruck von argen Finanzproblemen gebeutelt ist.

Doch die erfahrenen Kicker trafen auf eine aufopferungsvoll kämpfende Mannschaft, bei der sieben Spieler in der vergangenen Saison noch in der U19 spielten. So entwickelte sich eine chancenarme Partie, in der die Gastgeber vor allem bei Standards gefährlich waren. Auf der anderen Seite war zwar oft mehr los, doch die jungen SCF-Spieler preschten zumeist unkontrolliert in hoffnungslose Zwei-gegen-fünf-Situationen hinein. Spielerisch, das weiß Sarisakal, wird seine abstiegsbedrohte Mannschaft noch eine ganze Weile in der Liga nicht mithalten können. Das ist auch einer der Gründe, warum er so oft ins Feld schreit: "Wenn ich erfahrene Spieler hätte, müsste ich nicht so coachen", sagt er wenige Minuten nach dem Spiel. Aber eigentlich wolle er diese erfahrenen Spieler jetzt auch gar nicht mehr haben. "Ich hätte auch woanders Trainer sein können", sagt er, doch das junge Team ist ihm offenbar ans Herz gewachsen. Er wolle das jetzt durchziehen und versuchen, den SCF in der Landesliga zu halten. Mit seiner Emotionalität am Seitenrand wolle er anstecken, "ich lebe das vor", sagt er. Abgesehen davon sei die Zeit der "Luftschlösser, die in Fürstenfeldbruck gebaut wurden in den letzten Jahren", nun auch mal vorbei. Im Winter neue, teure Spieler zu holen, das wäre "unglaubwürdig".

Gestört hat Sarisakal beim Derby lediglich das Gegentor in der 72. Minute: "Da laufen wir auswärts in einen Konter, das muss nicht sein." Nach einem langen Ball auf Patrick Lapper konnte dieser auf der rechten Seite freistehend zurückpassen auf Uli Fries, der trocken verwandelte. Sieben Minuten später fiel dann aber noch der Ausgleich, der 18-jährige Julius Ostarhild staubte nach einem Freistoßgetümmel im Strafraum ab (79.). Die Partie mit insgesamt neun gelben Karten hätte eigentlich eine zehnte verdient gehabt, als Oberweikertshofens Mehmet Ayvaz kurz vor Schluss einen Gegenspieler mit einer Hand wegschubste. Doch Ayvaz sah nicht Gelb, sondern glatt Rot und rannte wutentbrannt in die Kabine. "Wenn er so blöd ist, dann gibt's keine Diskussion", hatte Sarisakal die Szene kommentiert. Und genau damit eine Diskussion entfacht.

In einer Sache hatte der Brucker Trainer aber Recht: "Ich habe heute keinen Unterschied zwischen beiden Mannschaften gesehen." Cleverer war der SCO gegen den armen SCF auf jeden Fall nicht aufgetreten.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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