Fußball-Landesliga:Abbruch in höchster Not

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Philipp Bönig. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wolfratshausen beginnt beim 0:0 gegen Garmisch mal offensiver als sonst, doch das Experiment misslingt.

Von Raphael Weiss, Wolfratshausen

In den ersten 15 Minuten schnellte der Arm von Wolfratshausens Co-Trainer Michael Rödl immer wieder nach vorne, während er hektisch mit Chefcoach Philipp Bönig sprach. Die Armbewegung zeichnete die Angriffe des 1. FC Garmisch-Partenkirchen nach. Immer, wenn die Gäste den Ball bekamen, ging es blitzschnell. Ein langer Ball, eine Weiterleitung, und schon war das Wolfratshauser Tor in Gefahr. Vier Mal passierte das in der ersten Viertelstunde dieses Duells in der Landesliga Südwest, vier Mal scheiterte Garmisch-Partenkirchen: an den Verteidigern, an Torwart Cedomir Radic oder an sich selbst. "Wir wollten heute eigentlich mal etwas anderes probieren und Garmisch-Partenkirchen überraschen, früh unter Druck setzen, aber das hat leider gar nicht geklappt", gab Bönig zu. Das Experiment war gescheitert, die Gastgeber zogen sich weiter zurück.

Es war keine sonderlich schöne Partie im Isar-Loisach-Stadion. Der härteste Gegner für beide Mannschaften war am Samstagmittag das Wetter. Der Dauerregen machte den Rasen rutschig und uneben, den Ball war glitschig und schwer zu kontrollieren. Die 75 Zuschauer sahen dennoch ein unterhaltsames Spiel mit vielen Torchancen.

Wolfratshausen hatte seine erste, als Aleksandar Spehar aus gut 25 Metern den Ball nicht voll traf (14). Der Schuss wurde trotzdem gefährlich, senkte sich in Richtung Tor von Stefan Schwinghammer, der ihn mit den Fingerspitzen über die Latte lenken konnte. Der Torwart ist einer von sechs Akteuren im Garmischer Kader, die schon mal für den BCF gespielt haben, vier von ihnen standen am Samstagnachmittag in der Startformation der Gäste.

Es entwickelte sich ein kampfbetontes Spiel. Garmisch-Partenkirchen überließ der Heimmannschaft zusehends den Ball, doch blieb durch Konter gefährlich. In der 27. Minute stieß Moritz Müller nach einem weiten Ball an der Außenlinie nach vorne, legte auf Höhe des Fünfmeterraums quer zu Franz Fischer (ebenfalls mit mehrjähriger BCF-Vita), doch Torwart Radic hielt mit einer starken Parade das Unentschieden fest. Im direkten Gegenzug verhinderte die Latte, dass Wolfratshausen durch einen Kopfball von Wilson Onyemaeke in Führung ging. "Ich bin noch ein bisschen am Grübeln, wie ich das Spiel analysieren soll", sagte Bönig nach dem Spiel. "Wir hatten viele Chancen, haben aber oft viel zu umständlich gespielt."

Die zweite Halbzeit begann, wie die erste aufgehört hatte. Wolfratshausen mit mehr Ballbesitz, doch Chancen gab es auf beiden Seiten: Auf der einen entschärfte Radic einen gefährlichen Freistoß von Oliver Kewitz, auf der anderen klärte der herausstürmende Schwinghammer vor Jona Lehr. Die Dynamik des Spiels änderte sich schlagartig, als Vincenzo Potenza gut 30 Meter vor dem Tor zu einem Dribbling ansetzte, das Garmisch-Partenkirchens Verteidiger Maximilian Körner mit einer Grätsche stoppen wollte. Körner versuchte den Ball zu spielen, doch traf mit offener Sohle den Knöchel von Potenza. Schiedsrichter Matthias Zacher zeigte Rot - eine harte Entscheidung. "Das Spiel war bis zur - in Anführungsstrichen - roten Karte ziemlich ausgeglichen", sagte Gäste-Trainer Christoph Saller nach dem Schlusspfiff und fügte an: "Wenn der Schiedsrichter nicht entscheidend eingegriffen hätte, wäre es vielleicht auch gut für uns ausgegangen." Denn im Anschluss spielte nur noch Wolfratshausen, doch scheiterte Angriff um Angriff daran, die Chancen auch zu verwerten. Die beste hatte Josef Zander. In der 77. Minute lief er nach einem weiten Pass alleine aufs Tor zu. 45 Meter, 40, 35. Schwinghammer machte sich bereit für das Duell, 30 Meter, 25 - plötzlich sprang der Ball in die Luft und der Mittelfeldspieler konnte ihn nicht mehr kontrollieren. Das enttäuschte Raunen der Zuschauer unterbrach ein lautes: "Der Platz! Das war der Platz!" von der Wolfratshauser Trainerbank. Es blieb beim 0:0, Bayernliga-Absteiger BCF kommt wie Aufsteiger Garmisch nicht so recht weg aus der bedrohlichen Zone. "Wir müssen in den nächsten zwei, drei Spielen einfach gewinnen, dann kommen wir da auch wieder raus", sagte Bönig.

Chancen hatte seine Mannschaft diesmal genug, doch die Ausbeute ließ, wie in der gesamten Hinrunde, zu wünschen übrig. 20 Tore hat Wolfratshausen in 18 Spielen geschossen. Nur der SC Oberweikertshofen, mit großem Abstand Tabellenletzter, ist noch ungefährlicher. Nach der Pressekonferenz beugte sich Wolfratshausens Beisitzer Erich Külker zu Bönig herüber und fragte leise: "Sag mal, willst du nicht mal vorne drin spielen?" Der ehemalige Erstligaprofi lachte und wiegelte ab: "Ich glaube, da bin ich der Falsche. Ich hab kaum Tore geschossen. Ich habe 25 Spieler im Kader, die machen das schon." Tatsächlich erzielte der 38-Jährige in seiner aktiven Zeit als Verteidiger ganze vier Ligatore - Wolfratshausen wird seine Torflaute anders beenden müssen.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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