Fußball-Drittligist Unterhaching:Klassenerhalt oder so

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Wenn schon, dann richtig: Drittligist Unterhaching kassiert mit dem 0:4 gegen den Halleschen FC im eigenen Stadion die erste Saisonpleite. Mannschaft und Trainer gehen mit der Niederlage erstaunlich gelassen um

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Es fällt bisweilen recht schwer, sich auf diesen Verein einen Reim zu machen, nicht selten stecken Widersprüche im Detail. So hat die SpVgg Unterhaching zum Beispiel in Christian Ziege, Christian Wörns und Francisco Copado gleich drei ehemalige Bundesliga-Profis auf der Trainerbank sitzen. Bei diesen Namen schwingt viel Professionalität mit. Doch dann soll da 20 Meter weiter links, als Gästetrainer, auf einmal Jürgen Klinsmann stehen? Zumindest war das am Mittwochabend der Name des Trainers des Halleschen FC, laut der im Sportpark verteilten Mannschaftsaufstellung. In Wahrheit heißt er Sven Köhler, seine Mannschaft verpasste den Gastgebern dennoch eine knackige 0:4-Niederlage.

Des Weiteren ist Haching ein Verein, der seit Jahren ein Jugendkonzept propagiert und zurecht stolz darauf ist, dass aktuell in Thomas Hagn, Pascal Köpke und Michael Zetterer gleich drei Spieler zur U20-Nationalmannschaft berufen werden. Auf der anderen Seite holt sich genau dieser Verein gerade ältere Spieler zurück, wo es nur geht: Yannic Thiel, 24, schon vor der Saison, nun den zwischenzeitlichen Kölner Sascha Bigalke, 23, dann auch noch den Präsidentensohn Markus Schwabl (gerade 24 geworden), der in der vergangenen Saison bei 1860 München unter Vertrag stand. Am Donnerstagabend teilte der Klub zudem mit, Abwehrspieler Sascha Herröder vom Regionalligisten Sportfreunde Lotte verpflichtet zu haben. Herröder hat schon für Aalen in der dritten und Alemannia Aachen in der zweiten Liga gespielt. Er ist 26.

Insofern passt es recht gut ins Bild, dass das Team einerseits beim FSV Mainz 05 II mit 5:1 gewinnt, wie am vergangenen Samstag, und vier Tage später im eigenen Stadion 0:4 gegen Halle verliert. Gegen eine Mannschaft, die zuvor in der Tabelle nur minimal besser stand als Mainz. Unterhaching hätte am Mittwochabend mit einem Sieg Tabellenführer werden können. Gilt sie als Abstiegskandidat, gewinnt sie fortwährend ihre Spiele. Ist sie Favorit, kommt sie gnadenlos unter die Räder. So geht das schon seit Jahren.

Zumindest für die sportlichen Widersprüche gibt es eine recht simple Erklärung: Die Mannschaft spielt taktisch riskanten Fußball - in diesem Fall: viel zu offensiv. Und wird so immer wieder ihrem Ruf als Wundertüte gerecht. Und wie so oft lautet der Kommentar der Verantwortlichen: Es ist eigentlich nichts passiert, die Mannschaft ist eben noch jung. Im konkreten Fall: "Dass so etwas passiert, das haben wir gewusst. Nach wie vor machen wir viele Sachen richtig", befand Trainer Christian Ziege nach dem 0:4.

Nur gute Haltungsnoten: Geradezu vorbildlich steigt SpVgg-Stürmer Andreas Voglsammer zum Kopfball hoch. (Foto: Claus Schunk)

In der Tat spielte die Mannschaft auch gar nicht schlecht, Chancen hatte sie auch gehabt. Die besten hatte Andreas Voglsammer, und der gab sich überaus selbstkritisch: "Ich habe drei Hundertprozentige auf dem Schlappen. Der Gegner war einfach kaltschnäuziger vor dem Tor." Seiner Meinung nach hätte es auch noch zwei Elfmeter geben können, fand der Hachinger Angreifer. Und einen Strafstoß hätte er tatsächlich verdient gehabt, als er in der 39. Minute auf den Hallenser Torwart Pierre Kleinheider zulief, von hinten gezupft und gehalten wurde, sich aber nicht fallen ließ.

Zu diesem Zeitpunkt stand es allerdings auch schon 0:3 aus Sicht der Hachinger. Das 0:1 fiel nach einer Ecke, als der Ball über Umwege zum hinteren Pfosten kam, wo Halles Angreifer Timo Furuholm stand (20.). Das 0:2 fiel durch einen schönen Freistoß von Akaki Gogia. Diesen hatte Halle allerdings zugesprochen bekommen, weil der Ball zuvor Kenny Redondo an die Hand gesprungen war, als dieser unbedrängt eine Flanke abfangen wollte. Allein das 0:3 war typisch gewesen für dieses Spiel: Unterhaching war in der 36. Minute nämlich im eigenen Stadion ausgekontert worden, so wie schon mehrmals vor diesem Treffer. "Ich glaube, sie haben auf unsere Fehler gewartet. Wir sind nach Ecken in Konter gelaufen", analysierte Kapitän Mario Erb, der zentrale Spieler einer, zumindest an diesem Abend, zu kurz geratenen Dreierkette.

Dass Halle in der zweiten Halbzeit weitere Konterchancen bekam, war erwartbar gewesen, später sollte so auch noch das 0:4 durch Furuholm in der 83. Minute fallen. Doch vor allem nach der Pause hatte die Mannschaft von Trainer Ziege tatsächlich vieles richtig gemacht. Sie hatte geduldig, aber zielstrebig nach vorne gespielt, weitere Torchancen waren die logische Folge. Alon Abelski vergab freistehend aus etwa zwölf Metern, auch seinen Schuss parierte der an diesem Abend hervorragende Gästekeeper Kleinheider. "Das habe ich mir definitiv anders vorgestellt", sagte dann noch Sascha Bigalke über seine Rückkehr, er war zu Beginn der zweiten Halbzeit eingewechselt worden. Sein Talent blitzte bei einigen klugen Pässen auf, trotzdem brachte seine Einwechslung nicht die erhoffte Zündung. Doch auch der Rückkehrer hörte sich später gelassen an: "Das Saisonziel, glaube ich, ist Klassenerhalt oder so." Am Samstag tritt Unterhaching, nunmehr Tabellendritter, beim Vierten Chemnitz an. Als Favorit dürfte sich bei der SpVgg diesmal keiner mehr fühlen.

© SZ vom 29.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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