Fußball-Bayernliga:Zurück zu den Wurzeln

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Das Duell der beiden besten Teams der Bayernliga Süd: Hier bekämpfen einander der Pullacher Daniel Leugner (re.) und Garchings Gerrit Arzberger. (Foto: Claus Schunk)

Garching dreht das Spitzenspiel gegen Pullach, weil Trainer Weber zur Pause erkennt, dass mangels Ideen gegen einen disziplinierten Gegner nur rustikale Mittel zum Erfolg führen

Von Matthias Schmid

Das Spiel hatte in der zweiten Hälfte schon wieder begonnen, als Tim Sulmer aus der Kabine ins Stadioninnere humpelte. Eine blaue Bandage stützte das linke Knie des Pullacher Stürmers, er schaute so traurig drein, als ob er das ganze Leid des Planeten auf seinen schmächtigen Schultern tragen müsste. Für Trainer Frank Schmöller war der Ausfall des flinken Spielers die entscheidende Szene im Bayernliga-Spitzenspiel am Sonntagnachmittag beim VfR Garching. "Mit Tim hätten wir das Spiel nicht verloren, weil er Geschwindigkeit reinbrachte und saubere Pässe spielte", sagte der ehemalige Bundesligaspieler.

Schmöllers Weltsicht lieferte hinterher natürlich reichlich Stoff für lebhafte Debatten. Faktisch festzuhalten bleibt jedoch, dass die Pullacher trotz einer 1:0-Führung am Ende mit 1:2 das Nachsehen hatten. Sie verloren nicht nur die Tabellenführung an Garching, das nun zwei Punkte mehr hat, sondern sie mussten auch die erste Niederlage seit dem 16. August des vergangenen Jahres hinnehmen. Schmöller machte aber weniger das Ende der Serie nach 19 Spielen wütend als vielmehr die Szene in der 34. Minute: Tobias Gürtner grätschte Sulmer von hinten so schlimm um, dass dieser nach wenigen Minuten nicht mehr weiterspielen konnte. Schiedsrichter Florian Badstübner zeigte dem Garchinger Abwehrspieler die gelbe Karte. Schmöller merkte spöttisch an: "Wir haben sensationell gespielt und von beiden Mannschaften ein großartiges Bayernliga-Spiel gesehen. Aber leider reichte der Schiedsrichter nicht an dieses hohe Niveau heran."

In der Tat war es in den ersten 45 Minuten ein ansehnliches Spiel mit flotten Kombinationen und Ballzirkulationen gewesen. Allerdings nur von den Pullachern, "die uns schon bei der Ballannahme gestört haben", wie Garchings Kapitän Dennis Niebauer erkannte. "Wir sind einfach nicht ins Spiel gekommen, weil uns nichts eingefallen ist." Trotzdem benötigten die Gäste einen ruhenden Ball, um in Führung zu gehen. Nach einer Freistoßflanke von Christoph Dinkelbach stand Alexander Benede in der 37. Minute plötzlich so ungedeckt und frei im Strafraum, als ob die anderen Spieler vor der 16-Meter-Linie ein Stoppschild erblickt hätten.

"Wir waren in der Kabine alle ziemlich gefrustet", gab Garchings Trainer Daniel Weber nach Spielende zu. Seine Anweisung an die Akteure war aber weniger das Resultat eines genialen Schachzugs als vielmehr "der Mute der Verzweiflung", wie er selbst bekannte. Statt eines gepflegten Fußballs mit schnellen Ballstafetten sollte seine Mannschaft fortan rustikal spielen - mit langen Bällen. Weber umschrieb seine Taktik mit einem einfachen Satz: "Alle Flanken auf den Kopf vom Capo." Der Garchinger Kapitän heißt Dennis Niebauer. Und seine hellen Momente im Spiel begannen tatsächlich mit einem Kopfball in der 72. Minute gegen die Laufrichtung von Pullachs Torhüter Michael Hofmann. "Die Flanke von Florian Mayer kam so gut, dass ich mir die Ecke noch aussuchen konnte", beschrieb Niebauer sein 19. Saisontor zum 1:1-Ausgleich. Es begann nun eine Phase im Spiel, die SV-Trainer Schmöller als "chaotisch" bezeichnete, er bezog das auf seine Mannschaft, "wir waren fünf bis zehn Minuten nicht mehr konsequent genug".

Den Garchinger Siegtreffer fand der 49-Jährige zudem irregulär, weil Hofmann seiner Meinung nach den Ball und nicht die Füße des eingewechselten Oliver Hauck getroffen habe. "Wenn der Schiedsrichter das pfeift, dann muss es in der Bundesliga an jedem Spieltag 120 Elfmeter geben", schimpfte Schmöller. Er musste anschließend tatenlos mitansehen wie Hofmann, der sich nicht beim Schiedsrichter beschwert hatte, den Schuss von Dennis Niebauer zunächst noch bravourös parierte, ehe er den Nachschuss dann doch vorbeilassen musste. "Ich hatte Glück, dass der Abpraller direkt vor meinen Füßen landete", beschied Niebauer mit einem Lächeln. Der 28-Jährige war nach dem Schlusspfiff hochbeglückt, weil er nicht nur mit zwei Treffern seiner Mannschaft sieben Spieltage vor dem Saisonende zur Tabellenführung verhalf. Sondern auch, weil er dabei auch noch kurz vor dem Ende mit einem famosen Kopfball auf der Linie den Pullacher Ausgleich von Marco Gröschel verhindert hatte. "Unser Sieg heute war nicht verdient, sondern sehr glücklich", gestand Niebauer. Nach großspurigen Ankündigungen war ihm deshalb auch nicht. "Wir müssen alle demütig bleiben, weil es bis zum Schluss eng bleiben wird zwischen uns und Pullach."

Das sieht auch Frank Schmöller so. Noch ist aber nicht einmal geklärt, ob Pullach überhaupt bei einem Aufstieg ein regionalligataugliches Stadion hätte. "Diese Woche soll nun die Entscheidung fallen, ob wir in Heimstetten spielen können", sagte Schmöller. Aber noch mehr als eine neue Heimstätte interessierte den Trainer in diesem Moment das Knie von Tim Sulmer. "Hoffentlich fällt er nicht länger aus, weil wir sowieso nur noch 13 gesunde Feldspieler haben."

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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