Fußball-Bayernliga:Unterwegs zu den Bierduschen

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Der SV Pullach wahrt durch ein 1:1 im Spitzenspiel gegen Pipinsried seinen Vorsprung im Rennen um den Titel - doch den Aufstieg sagen die Verantwortlichen überraschend ab: Die Suche nach einer Regionalliga-tauglichen Spielstätte sei ergebnislos verlaufen

Von Christoph Leischwitz, Pullach

Tobias Strobl gab hernach zu: "Es war das erste Mal seit ungefähr 15 Jahren, dass ich vor einem Fußballspiel schlecht geschlafen habe." Der Spielertrainer des FC Pipinsried sagte das, weil er seine verhältnismäßig vielen Fehlpässe in der ersten Halbzeit erklären wollte. Er spielt seit neun Jahren Landesliga oder höher, Ende vergangener Saison scheiterte sein Team knapp am Aufstieg. Wenn der 27-Jährige also nachts zu grübeln beginnt, dann muss etwas ganz Besonderes anstehen.

Es war wohl nicht nur ihm so ergangen. Zumindest war die Vorfreude recht groß, auch beim Bayernliga-Spitzenreiter SV Pullach, denn zum Anpfiff bot sich ein ungewöhnliches Bild im Stadion an der Gistlstraße: Das komplette Spielfeld war umrundet von Zuschauern, insgesamt 580 waren gekommen. Es gibt eben nicht viele Spitzenspiele in dieser Liga - Pullach, Pipinsried und der TSV Rain machen Meisterschaft und Aufstiegsplätze unter sich aus.

Obwohl: nicht ganz. Denn überraschend hat der SV Pullach seine Suche nach einem regionalligatauglichen Stadion bereits aufgegeben. Auf die Frage, wo die Mannschaft in der kommenden Saison spiele, antwortete der Leiter Spielbetrieb des SV Pullach, Thorsten Busch, mit Frust in der Stimme: "Bayernliga." Absagen gab es von der Stadt München bezüglich des Grünwalder Stadions sowie von der Gemeinde Unterhaching, die weder im Sportpark noch in der Grünau Interesse hat, den SV aufzunehmen. Weitere Angebote für Ausweichstadien seien auch mit Blick auf die Sponsoren des Vereins nicht genauer in Betracht gezogen worden. Trainer Frank Schmöller wollte von dieser Entscheidung zunächst noch nichts gewusst haben, sagte aber am Samstagnachmittag, mit Blick auf seine einstige Karriere beim FC Ismaning: "Ich habe auch schon eine Meisterfeier ohne Aufstieg erlebt, die legendär war. Und Bier ist gut für die Haare."

Vergeblich versucht Pipinsried (re. Serge Yohoua gegen Moritz Wolf-Weisbrod) den SV Pullach aufzuhalten. Doch der Spitzenreiter ist zu stabil. (Foto: Robert Haas)

So oder so, es war ein Spiel auf hohem Niveau, mit vielen guten Kombinationen, noch mehr leidenschaftlichen Zweikämpfen und auf beiden Seiten mit wenigen Torchancen. Das Ergebnis von 1:1 (1:1) half dem SV Pullach deutlich mehr, er hielt Pipinsried damit auf sieben Punkte Abstand bei einem Spiel weniger. Die Strobl-Elf hingegen fiel hinter Rain zurück.

Doch mit der Leistung konnte Strobl zufrieden sein. "Ich denke, in der ersten halben Stunde haben wir ein Riesenspiel gemacht." Pipinsried sei spielerisch vielleicht sogar einen Tick besser gewesen. In der Tat hatten sich die Gäste zumindest öfter in den gegnerischen Strafraum kombiniert als Pullach. Die Gäste brachten es auf mehrere geblockte Schüsse und einen Kopfball von Christian Doll aus kurzer Distanz, den SVP-Keeper Sandro Volz aber locker herunterpflückte (20.).

Trotzdem waren die Raben in Führung gegangen, durch eine Standardsituation. "Christoph, das ist deiner", hatte Schmöller nach dem Freistoßpfiff ins Feld gerufen, Christoph Meißner fand das offensichtlich auch: Er schlenzte den Schuss aus 19 Metern über die Mauer halbhoch ins rechte Eck (32.). "Ich hatte eigentlich das Gefühl, wir würden das Geschehen bestimmen", sagte Strobl, der Rückstand war aus seiner Sicht unverdient. "Aber das 1:1, das haben wir dann wirklich gewollt", sagte er. Es ließ nur acht Minuten auf sich warten. Nach einer Kombination über links drang der ehemalige Pullacher Arthur Kubica in den Strafraum ein und lupfte den Ball sehenswert auf den mitgelaufenen Thomas Berger, der aus wenigen Metern einköpfelte (40.). "Das haben sie sensationell rausgespielt", erkannte Schmöller an. Ein wenig Wehmut klang schon deshalb bei ihm mit, weil dieses 1:1 das erste Pullacher Gegentor nach 928 Pflichtspielminuten war.

Pullachs Torwart Sandro Volz muss nicht mal allzu oft eingreifen. (Foto: Robert Haas)

In der zweiten Halbzeit hatte Pullach durch Orhan Akkurt zwar die besseren Torchancen (51., 80.), doch Pipinsried gegen Ende mehr vom Spiel. Seine Akteure seien da "auf dem Zahnfleisch gegangen", so Schmöller, sie hatten im Gegensatz zum Gegner eine englische Woche gehabt. Diese steht nun für Pipinsried an, am Mittwoch (18 Uhr) ist der TSV Rain zu Gast.

Die Nachholpartie vom 15. Spieltag erfährt durch Pullachs Rückzug eine noch größere Bedeutung: Wer sichert sich sechs Spieltage vor Schluss die bessere Ausgangslage für den direkten Aufstieg, und wer muss letztlich in die Relegation? In Pipinsried gehen sie aktuell zumindest davon aus, dass sie die Regionalliga-Lizenz bekommen. Und haben sich in den Tagen vor den beiden Spitzenspielen nach einigen Unruhen zusammengerauft: Zahlreiche Verträge wurden verlängert, viele Verhandlungen seien zäh gewesen, berichtet Strobl. Außerdem stand nach fast einem Monat am Samstag auch Tobias Antoni wieder im Tor des FCP. "Wir hatten am Donnerstag ein gutes Gespräch", sagte Strobl und räumte ein, dass es davor das eine oder andere schlechte Gespräch gegeben habe. Dass sie sich nun wieder vertrügen, sei auch auf das diplomatische Einwirken von Präsident Konrad Höß zurückzuführen. "Er hat mir mit drei, vier Hundeblicken klar gemacht, dass der Tobias vielleicht wieder im Tor stehen sollte", sagte Strobl. Er und Höß seien im Laufe der Woche "noch einmal zusammengewachsen". Demnach hätte er von Freitag auf Samstag eigentlich sehr gut schlafen können.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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