Fußball-Bayernliga:Überzuckerte Komplimente

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Maximilian Moll und der BCF Wolfratshausen boten auch dem SV Pullach um Menelik Ngu'Ewodo Paroli. (Foto: Oliver Rabuser)

Wieder einmal hat der BCF Wolfratshausen genug Chancen, um gegen ein Spitzenteam zu gewinnen. Wieder einmal hat er davon nichts als Anerkennung: Tabellenführer Pullach gewinnt, der BCF bleibt Letzter

Von Matthias Schmid, Wolfratshausen

Wer Marco Stier in diesen Wochen ärgern möchte, macht ihm am besten: Komplimente. Lobhudeleien jeglicher Art kann der Cheftrainer des Fußball-Bayernligisten BCF Wolfratshausen nicht mehr hören, er hat genug davon. Komplimente bringen keine Punkte. Am Samstag war es nicht anders. Stier, 32, musste mal wieder anerkennende Worte eines Gegners ertragen. "Wir haben gegen eine Mannschaft gespielt, die viel besser ist, als ihr Tabellenplatz aussagt", fasste Frank Schmöller die Partie zusammen. Es war keine falsche Höflichkeit, die den Trainer des Tabellenführers SV Pullach dazu bewog, die Wolfratshauser zu loben. Am Ende war es aber so, wie es zuletzt immer war: Der BCF konnte Chancen von bester Qualität nicht nutzen - und verlor die Partie mit 0:2 (0:1) Toren. Es war die dritte Niederlage nacheinander, das dritte Spiel, das der Klub ohne eigenen Torerfolg beendete. Logische Konsequenz: Wolfratshausen liegt auf dem letzten Platz.

"Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was ich noch sagen soll", gestand Stier. Der ehemalige Profi ist damit nicht allein, auch die Zuschauer am Samstag auf dem Kunstrasenplatz, darunter der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, wunderten und fragten sich, warum sich ihre Lieblingskicker nicht einmal für ihre couragierte Darbietung belohnen. Woche für Woche halten sie mit den besten Teams der Liga nicht nur mit, sie erspielen sich Torchancen "ohne Ende", wie Stier ernüchtert feststellte. Auch gegen Pullach hatte Wolfratshausen vier, fünf hochwertige Gelegenheiten, die normalerweise locker reichen, um ein Spiel zu gewinnen. "Aber wir werden regelmäßig für unsere Fehler eiskalt bestraft", sagte Stier und fügte desillusioniert hinzu: "Die anderen sind einfach abgewichster als wir."

Pullach ist beispielsweise so eine Mannschaft, die nicht viele Chancen für ein Tor braucht, die aber auch die Gabe besitzt, wenig berauschende Auftritte siegreich zu beenden. Nicht umsonst sind sie die einzige Mannschaft in der Bayernliga, die in dieser Saison noch kein Spiel verloren hat. "Wir wollen jetzt auch die restlichen zwei Begegnungen unbedingt gewinnen und ungeschlagen ins neue Jahr gehen", betonte Torhüter Michael Hofmann.

Das Selbstbewusstsein nach 20 Spielen ohne Niederlage tragen die Pullacher natürlich zur Schau. Sie finden in schwierigen Situationen meistens spielerische und auch einfache Lösungen. Hinzu kommt ihre Selbstsicherheit, immer mindestens ein Tor erzielen zu können, sie vertrauen sich und können sich auf ihre Stärken verlassen. Das alles zusammen hebt sie in dieser Spielzeit von den übrigen Mannschaften ab. Diese Konstanz bewundert auch Schmöller an seinen Spielern, "ihre Galligkeit und Bissigkeit", wie er sagt. Jeder einzelne Spieler erinnert an einen alten erfahrenen Konditormeister, der weiß, dass er aus den immer selben Zutaten immer wieder etwas Neues und Schmackhaftes schaffen kann. Die Wolfratshauser dagegen wirken noch wie Lehrlinge in der Backstube, die in ihrem Eifer und Elan bisweilen Zucker mit Salz verwechseln.

Mit dieser Mischung aus Ruhe und Neugierde kam Pullach auch in Wolfratshausen zum Führungstor. Der nächste Wolfratshauser Spielzug schien schon initiiert, als Christopher Korkor den Ball vor dem eigenen Sechzehner zugespielt bekam. Statt ihn aber schnell weiterzuleiten, suchte er ein Dribbling und verlor den Ball an Tim Sulmer, der schnell zu Christoph Dinkelbach passte, dessen feiner Schlenzer für Kevin Pradl nicht zu halten war (37.). Pullach hätte vor der Pause noch auf 2:0 erhöhen können, ja müssen. Erst schoss Andreas Roth frei stehend Pradl an. Dann lief Michael Hutterer allein auf den Wolfratshauser Torwart zu, brachte den Ball aber nicht an ihm vorbei.

Und der BCF? Kam erst in der zweiten Hälfte zu einer Reihe von Tormöglichkeiten, die Marco Stier so verzweifeln ließen. Erst traf Jona Lehr die Latte (52.), dann schlenzte Michael Ott (62.) knapp vorbei, ehe wiederum Lehr zunächst aus fünf Metern über das Tor drosch (63.) und sechs Minuten später aus kurzer Distanz mit seinem Kopfball an Hofmann scheiterte, der mit einem geschmeidigen Wischer zeigte, warum er einst als Torhüter sein Geld in der Bundesliga verdiente. "Den hat er überragend gehalten", lobte Stier, "aber wir müssen endlich auch mal das Glück auf unsere Seite ziehen."

Als Wolfratshausens Trainer während der Pressekonferenz ein Bier trank, ließ Schmöller mit Bierruhe den Zucker in seinen Pfefferminztee rieseln. Nach einem lehrbuchmäßigen Konter hatte Sulmer auf Zuspiel von Roth in der 80. Minute den 2:0-Endstand markiert. Schmöller sagte, während er rührte: "Ich bin sehr glücklich, wie wir gerade spielen."

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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