Fußball-Bayernliga:Überdosis Gift

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Schlusspfiff, aber noch nicht das Ende: Während Unterföhrings Spieler den Sieg bejubeln, geht Trainer Andreas Pummer (li.) dann mal abklatschen ... (Foto: Lukas Barth)

In einem hitzigen Derby setzt sich der FC Unterföhring beim SV Heimstetten 2:0 durch. Nach dem Schlusspfiff kochen die Emotionen über - Auslöser ist eine Handgreiflichkeit von FC-Trainer Pummer

Von Christoph Leischwitz, Kirchheim

Einfach weitermachen - Pascal Putta hatte das als Erster hinbekommen an diesem langen Nachmittag. Eigentlich hatte er gerade eine Szene erlebt, die manch anderen Fußballer für den Rest des Spiels beschäftigen würde. Fünfte Spielminute, ein schneller Angriff des FC Unterföhring, Andreas Faber ist durch und legt mit Übersicht quer auf den mitgelaufenen Putta. Die Unterföhringer Fans jubeln schon, es kann ja gar nicht sein, dass Putta den Ball aus so kurzer Distanz noch danebenschießt, und er zappelt ja auch im Netz. Allerdings von der anderen Seite. Putta hatte nur die Bande hinter dem Tor getroffen.

Der Linksverteidiger lief nach seinem unfassbaren Missgeschick sofort zurück auf seine Position, kein Kopfschütteln, kein Lamentieren. "Wir haben einfach weitergemacht", lobte Trainer Andreas Pummer später, obwohl auch er bei der Szene "fast umgefallen" sei. Unterföhring gewann 2:0 (1:0), die Mannschaft überwintert auf dem zweiten Platz, Heimstetten hat neun Punkte (und zwei Spiele) weniger.

Wie hart der Aufstiegskampf geführt wird, war in den vergangenen Wochen gut zu sehen. In Pipinsried, in Unterföhring oder in Dachau. Viel Gezeter, viele gelbe Karten. Trotzdem sagen alle Beteiligten immer wieder: Das gehört dazu. Auch Heimstettens Trainer Heiko Baumgärtner findet das. Und erklärte, dass die geringere Aggressivität seines Teams sogar ein Grund für die Niederlage gewesen sei. Eine spielerisch gute Partie habe er auch nicht gesehen, "das können beide besser".

Diesmal ging es aber nach dem Schlusspfiff weiter. Die Schiedsrichter waren bereits weg, die Trainer hatten sich schon abgeklatscht, da ging es los: Noch auf dem Platz kam es zu einem Handgemenge zwischen Unterföhringer Spielern und einem knappen Dutzend Heimstettener. Wie zwei Rugbyteams schoben sie sich brüllend vor und zurück, eine gute Minute lang ging das so. Auslöser war eine Handgreiflichkeit von Pummer gegen SVH-Spieler Daniel Steimel gewesen. Die einen sagten: "Schlag ins Gesicht", die anderen: "ein Griff ans Krawatterl". Steimel selbst fand die Berührung gar nicht so schlimm und simulierte einen kurzen Wischer.

"Gegen Heimstetten ist immer Gift drin", sagte Martin Büchel, einer der auffälligsten Unterföhringer. Der Sechser hatte in der zehnten Minute nach einer Ecke die Führung erzielt und danach selbst Gift gestreut, unter anderem mit einem Tritt gegen den Knöchel von Dominik Schmitt (90.+2). "Volle Absicht, Mann", keifte Schmitt. "Unterföhring-Derby", sagte Baumgärtner mit sonorer Stimme, "fliegt gerne, schreit gerne". Wen er mit dem fehlenden Personalpronomen meinte, ließ er offen. Doch nach dem Spiel müsse das alles vorbei sein. Was sich der gegnerische Trainer danach geleistet habe, "das geht einfach nicht", meinte Baumgärtner. Pummer selbst erklärte, er habe sich "da zu etwas hinreißen lassen", was man nicht tun dürfe, er habe sich bereits bei Steimel entschuldigt. Aus seiner Sicht sei vieles damit zu erklären, dass man auf dem Weg zur Kabine an der Heimstettener Spielerbank vorbeigehen müsse.

Zwei Szenen gab es, die das Spiel spannender und womöglich noch hitziger hätten machen können: In der 22. Minute hätte Sebastiano Nappo, gefoult von Büchel, einen Elfmeter bekommen können, er ließ sich allerdings nicht fallen, sondern spielte weiter. In der 85. Minute vergab der eingewechselte Manuel Duhnke aus kurzer Distanz das 1:2. So hatte der Treffer Fabers ins Kreuzeck (65.) entscheidende Bedeutung.

Der Bayerische Fußball-Verband hatte ausgerechnet bei dieser Partie ein Pilotprojekt gestartet: eine Liveübertragung, bei der man über eine App selbst zoomen und schwenken kann. Wahlweise folgt die Kamera aber auch "mit einem besonderen Algorithmus ganz einfach automatisiert" (Presseerklärung) dem Spielgeschehen. Wer nun in der Winterpause die Aggressivität der vergangenen Wochen vermisst, kann sich ja nachträglich die benötigte App herunterladen und nachsehen, ob der Algorithmus auch auf Rudelbildungen reagiert. Einfach immer weitermachen.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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