Fußball-Bayernliga:Torhan tobt

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Menelik Ngu'Ewodo (li, im Zweikampf mit Heimstettens Pechvogel Clemens Kubina) erzielte mit einem wuchtigen Kopfball das 2:0 für den SV Pullach. (Foto: Claus Schunk)

Pullach verteidigt in Unterzahl ein 2:0, was Heimstettens Interimscoach Vujanovic und Stürmer Akkurt grob verärgert

Von Stefan Galler, Kirchheim/Pullach

Die Kinder des Heimstettener Torjägers liefen auf ihren Papa zu, doch auch der Anblick der beiden Kleinen konnten die Laune von Orhan Akkurt nicht wirklich heben. "Heute bereue ich zum ersten Mal meinen Wechsel", polterte er, und der Sohn ließ traurig seine selbst gebastelte Fahne sinken, auf die er Papas Rückennummer neun gemalt hatte - versehen mit dem Namen "Torhan". Bei der 0:2 (0:2)-Heimniederlage des SV Heimstetten im Bayernligaspiel gegen den SV Pullach am Freitag blieb der ehrgeizige Mittelstürmer ohne Treffer. Das stank ihm gewaltig, erstens weil Akkurt zuletzt drei Jahre für die Isartaler auf Torejagd gegangen war - seine Bilanz: 91 Punktspiele, 71 Treffer. Und weil der 30-Jährige ein stolzer Fußballspieler ist, machte er für die Niederlage und seine eigene Erfolglosigkeit vor allem seine Mitspieler verantwortlich: "Bei uns machen alle den Robben, da geht einer lieber gegen sechs Leute ins Dribbling, als dass er abspielt", schimpfte er.

Sein Trainer Borislav Vujanovic, der bis zur Winterpause den beruflich in die USA abgewanderten Heiko Baumgärtner vertritt, wollte die Tirade des Angreifers nicht auf die Goldwaage legen: "Orhan ist sehr emotional, er sieht das immer etwas persönlich", sagte der bisherige Assistenztrainer. "Ich muss ihm auch Recht geben, wir haben in ihm einen erfahrenen Knipser und nützen diese Option viel zu wenig."

Akkurts Empörung war nur einer von vielen Aspekten dieses Derbys, in dem die Pullacher den ersatzgeschwächten Gastgebern vom Start weg schmerzlich vor Augen führten, dass sie derzeit die bessere Mannschaft stellen. Die Führung in der 25. Minute war die logische Folge, allerdings musste sich SVH-Verteidiger Clemens Kubina den Gegentreffer ankreiden lassen, weil er mit dem Ball am Fuß auf seinen eigenen Torwart Markus Aigner zusteuerte, jedoch weder zu diesem zurückspielte, noch konsequent klärte. Christoph Dinkelbach nutzte das Zögern und spitzelte die Kugel ins leere Tor. Als "Gastgeschenk" bezeichnete Coach Vujanovic den Fauxpas und sinnierte darüber, "was sich der Clemens dabei gedacht" habe. "Er hat die Situation falsch eingeschätzt und falsch entschieden."

Nur gut zehn Minuten später legten die hellwachen Pullacher nach: Andreas Roth schlug einen Freistoß vor das Heimstettener Tor, Aigner blieb auf der Linie stehen, Menelik Ngu'Ewodo köpfelte aus kurzer Distanz wuchtig ein und krönte damit eine laut Trainer Frank Schmöller "bockstarke erste Halbzeit". Die jedoch noch eine bemerkenswerte Pointe zu bieten hatte: Pullachs Abwehrspieler Niklas Mooshofer stoppte als letzter Mann Akkurt mit unlauteren Mitteln - nach Rudelbildung und längerer Überlegung zückte Schiedsrichter Jan-Eric Wild die rote Karte (41.). "Ich habe den Jungs den Platzverweis in der Pause positiv verkauft", sagte Schmöller hinterher. Tenor: "Jetzt haben wir eine geile Herausforderung vor uns."

Es dauerte ein paar Minuten, in denen sich die dezimierten Gäste neu justieren mussten, doch dafür hatten sie in Torwart Michael Hofmann den idealen Rückhalt. Er parierte einen Volley von Akkurt (55.) und einen Versuch von Sebastiano Nappo (57.) und war hinterher in seinem Element: "Jetzt habe ich meinen Gegentorschnitt wieder auf 0,5 pro Spiel gedrückt", gab der frühere Löwen-Keeper stolz zu Protokoll. Und blickte sogleich voraus: "Das war heute ein Big Point. Aus den Spielen gegen Bogen und Ruhmannsfelden wollen wir sechs Punkte." Die Laune seines Trainers war ebenfalls blendend: "Dass wir eine Spitzenmannschaft sind, würde ich unterschreiben", sagte Schmöller, der einräumte, dass die Partie wegen seiner Heimstettener Vergangenheit für ihn "von Emotionalität geprägt" gewesen sei. Die 30 Punkte aus der nun abgeschlossenen Hinrunde bewertet Pullachs Trainer zurückhaltend: "Aber heute ist alles gut, geiles Spiel von uns."

Kein Vergleich zum Gemütszustand des Heimstettener Kollegen Vujanovic. Der kündigte an, nach Rücksprache mit Baumgärtner demnächst personelle Änderungen vorzunehmen. "Ich bin sauer", sagte der Interimschef und setzte eine ähnliche Miene auf wie der mindestens ebenso erzürnte Torjäger Akkurt.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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