Fußball-Bayernliga:Scholls Zauberlehrling

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Und raus bist du: Schiedsrichter Jonas Beinhofer erklärt Gianluca Simari, dass er nun zuschauen muss. (Foto: Niels P. Joergensen)

Pipinsried baut seine Erfolgsserie unter Spielertrainer Hürzeler aus

Von Matthias Schmid, Pipinsried

Mehmet Scholl stand nach Spielende an der Eckfahne. Der ehemalige Nationalspieler wartete auf Fabian Hürzeler, der noch auf dem Rasen stand und Fragen zum Spiel beantwortete. Als der Trainer des FC Pipinsried sein Tagwerk beendet hatte, empfing ihn Scholl mit den Worten: "Hallo Coach, gut gemacht", ehe sie sich innig umarmten. Die beiden kennen sich seit Hürzelers Zeit beim FC Bayern, wo er unter anderem als Kapitän der A-Junioren noch von einer ähnlich erfolgreichen Karriere träumte, die der Europameister und Champions-League-Sieger Scholl da schon längst hinter sich hatte. Doch statt gegen Atletico Madrid zu spielen, coacht Hürzeler, 23, als Spielertrainer nun den Bayernligisten Pipinsried - und Scholl ist so etwas wie sein Mentor geworden. "Ich hatte mich vor dem Spiel mit ihm getroffen, er hat mir zwei, drei Tipps gegeben", erzählte Hürzeler nach dem 1:0 (1:0)-Sieg gegen den TSV Schwabmünchen.

Nach einer etwas holprigen Eingewöhnungszeit im Sommer mit lediglich zwei Siegen aus den ersten sieben Begegnungen finden seine Spieler immer besser zueinander. Mit dem Erfolg gegen Schwabmünchen, dem sechsten Sieg aus den vergangen sieben Spielen, festigte die Mannschaft aus dem Dachauer Hinterland den zweiten Platz hinter Tabellenführer SV Pullach. "Wir haben heute zu zehnt unglaublich gefightet", lobte Hürzeler hinterher. Denn nach der umstrittenen roten Karte für Gianluca Simari (22.) wegen einer Tätlichkeit spielte Pipinsried 70 Minuten lang in Unterzahl. Erschwerend kam hinzu, dass Hürzeler selbst stark erkältet auflief. "Ich konnte nur mit drei, vier Schmerztabletten spielen", gab er zu. Er hielt bis zur 70. Minute durch, ehe er sich völlig entkräftet selbst auswechselte.

Als er dann von der Seitenlinie das Spiel verfolgte, wanderte auch Mehmet Scholl ein paar Meter näher zur Pipinsrieder Bank hin, um Hürzeler besser beobachten zu können, der nun von außen die Partie schreiend und gestikulierend begleitete. "Ich bin schon ganz gespannt auf das Feedback von Mehmet", sagte Hürzeler nach dem Spiel, das Sebastian Mitterhuber mit seinem Treffer in der 27. Minute nach tollem Zuspiel von Ünal Tosun entschied. Da wusste er allerdings noch nicht, dass Scholl auf ihn warten würde. Hürzeler ging zunächst davon aus, dass er erst am Abend einen Anruf des Experten bekommen würde. Doch die Manöverkritik begann nun schon auf dem langen Weg vom unteren Rasenplatz zum Pipinsrieder Klubheim hinauf - gebannt beobachtet von zahlreichen Zuschauern.

"Ich kann noch so viel von Mehmet lernen", findet Hürzeler. Dass es Scholl ernst ist mit der Hilfestellung für den jungen Kollegen, sahen die Zuschauer, als der ehemalige Profi am Sonntag tatsächlich in Pipinsried auftauchte. "Was macht denn der Scholl bei uns", raunten einige Zuschauer, als dieser mit tief ins Gesicht gezogener schwarzer Kapuze an ihnen vorbeigelaufen war. Fabian Hürzeler wusste, dass Scholl vorbeikommen würde. "Eine Bayern-Legende" nennt er ihn ehrfürchtig. Dass ihm der prominente Beistand viel bedeutet, konnte man aus seinen Worten nach dem Spiel hören. "Er ist extra wegen mir nach Pipinsried gefahren", sagte Hürzeler und fügte ein wenig pathetisch hinzu: "Umso glücklicher bin ich, dass ich auch für Mehmet das Spiel gewinnen konnte."

Der Sieg gegen Schwabmünchen hätte trotz Unterzahl sogar höher ausfallen können. Doch die Pipinsrieder Atdhedon Lushi (50.), Markus Achatz (85.) und der eingewechselte Ruben Popa (87.) wollten den Ball bei drei feinen Konterchancen lieber lässig ins Tor lupfen statt mit einem strengen Schuss abzuschließen. "Meine Spieler zaubern da noch zu sehr, aber das bekomme ich auch noch aus ihren Köpfen raus", meinte Hürzler. Der einstige Zauberfuß Scholl wird auch dazu einen Ratschlag haben.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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