Fußball-Bayernliga:Polarlicht am Äquator

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Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Werner Schuhmann beim Anstoß zur zweiten Halbzeit. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wolfratshausen feiert gegen Dachau durch zwei Treffer von Werner Schuhmann in der Nachspielzeit einen seiner raren Heimsiege

Von Matthias Schmid, Wolfratshausen

Nach seinem Tor in der Nachspielzeit war Werner Schuhmann plötzlich verschwunden. Einige im Isar-Loisach-Stadion wollten schon eine Vermisstenmeldung herausgeben. Es waren allerdings seine Mitspieler vom BCF Wolfratshausen, die sich auf den Stürmer geworfen und ihn unter sich begraben hatten. Auch die Spieler draußen auf der Bank, die Trainer und Betreuer rannten auf den Rasen und bildeten ein menschliches Knäuel. Man muss ihre ausgelassene Freude verstehen, Heimsiege sind für die Mannschaft von Cheftrainer Reiner Leitl fast so rar wie Polarlicht am Äquator. Der 2:1-Sieg am Sonntag gegen den TSV 1865 Dachau war am 20. Bayernliga-Spieltag erst der dritte Erfolg im eigenen Stadion in dieser Saison. "Es wurde mal Zeit, dass wir uns für die schwierigen letzten Wochen belohnt haben", bekannte Wolfratshausens Kapitän Marco Höferth hinterher.

Es war ein überraschendes Ende an diesem Nachmittag. Fast 60 Minuten lang spielten die Wolfratshauser in Unterzahl, nachdem Sebastian Pummer wegen Nachtretens die Rote Karte gesehen hatte (30.). Als sich die meisten mit einem Unentschieden abgefunden hatten, sollte Dachaus erfahrenster Mann, der frühere Schalker Bundesligaprofi Fabian Lamotte, die Partie entscheiden, indem er den Ball unbedrängt in den Lauf von Schuhmann spielte. Der Schiedsrichter hatte gerade die zweiminütige Nachspielzeit mit den Fingern angezeigt. Schumann lief allein auf Torwart Maximilian Mayer zu und legte den Ball lässig an ihm vorbei. "Für Werner freut es mich besonders", sagte Leitl, "weil für ihn der Treffer nach zahlreichen Verletzungen Balsam auf seine Seele ist." Auch seine Mitspieler hatten ein feines Gespür für den schnellen und technisch starken Außenstürmer. Als sie nach dem Schlusspfiff einen Kreis bildeten, schrien sie immer wieder voller Inbrunst seinen Namen.

Schuhmann hatte seiner Mannschaft nicht nur zum Sieg verholfen, sondern sie in der ersten Hälfte zurück ins Spiel gebracht, nachdem ihm postwendend der Ausgleich des Dachauer Führungstors durch Julian Maurer (45.) gelungen war - ebenfalls in der Nachspielzeit.

"Wir sind sehr enttäuscht", bekannte Dachaus Trainer Marcel Richter nach dem Spiel. Es war nicht der erste späte Gegentreffer in dieser Saison für die 65er. Schon in der vergangenen Woche verspielten sie gegen Schwabmünchen den Sieg, als sie in der 94. Minute noch den Ausgleich hinnehmen mussten. "Wir müssen diese Konzentrationsmängel sofort abstellen", sagte Richter, "sonst wird es schwer, Anschluss an oben zu halten." Dass die Dachauer Fußball spielen können, sahen auch die Zuschauer in Wolfratshausen. "Das Problem bei uns ist, dass wir aus unseren Chancen zu wenige Tore machen", klagte Richter. Erschwerend kam diesmal hinzu, dass ihnen gegen die leidenschaftlich verteidigenden Wolfratshauser die Raffinesse und das Tempo fehlten, um sich überhaupt Chancen zu erspielen. Die beste Gelegenheit vergab Wilson Onyemaeke (56.), als BCF-Torhüter Kevin Pradl den Gewaltschuss des Nigerianers aus 25 Metern katzenartig noch aus dem Torwinkel fischte. "Wir hätten den Gegner mehr beschäftigen und so Lücken reißen müssen", monierte Richter.

Sein Pendant auf Wolfratshauser Seite, Reiner Leitl, lobte dagegen sich selbst und seine Defensivtaktik in der zweiten Hälfte, als er seine Spieler tiefer in der eigenen Hälfte anordnete. "Das haben sie sehr gut umgesetzt", fand der BCF-Trainer. Die 4-4-1-Formation sah nicht nur reines Verteidigen vor, sondern auch überraschende Konter. So war beim Schuss des eingewechselte Janis Hoffmann nur die Latte im Weg (84.). Wenig später durfte Leitl dann doch jubelnd auf den Rasen rennen und nach dem ersten Heimsieg nach acht Wochen genüsslich anmerken: "Ich freue mich für meine Mannschaft, für mich und für den Verein." Schuhmann war wohlbehalten wieder aufgetaucht.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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