Fußball-Bayernliga:Ironie zur Nachspeise

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Nach seiner Führungsposse besiegt Bayernligist Wolfratshausen Jahn Regensburg mit 3:1. Interimstrainer Pummer hört wie erwartet auf - und kündigt weitere Weggänge an. Den neuen Chefcoach Marco Stier erwartet viel Arbeit

Von Matthias Schmid, Wolfratshausen

Als alles vorbei war, als der erste Saisonsieg tatsächlich keine Illusion mehr war, drängte sich kurz der Verdacht auf, dass Sebastian Pummer doch länger als nur für ein Spiel Cheftrainer beim Bayernligisten BCF Wolfratshausen bleiben könnte. Dem 3:1-Sieg gegen Jahn Regensburg II wohnte nach einer turbulenten Woche mit Trainerwechsel und weiteren Rücktritten ja durchaus Suchtpotenzial inne. Nach 0:1-Rückstand wendeten die Spieler auf wundersame Weise die Partie noch zum Guten, nach jedem Treffer rannten sie ostentativ zu Pummer an die Seitenlinie, um ihn zu herzen. Das musste ja auch dem 31-Jährigen irgendwie zu Kopf gestiegen sein. Hat er also Lust auf mehr bekommen? "Ich bin halt ein Wahnsinnstrainer", entgegnete Pummer selbstbewusst. Er blickte entspannt in die Runde, um die Wirkung seiner Worte zu erfassen. Erst nach einer kleinen Kunstpause begann er zu lachen und sagte: "Das ist ein Schmarrn."

Pummer ist nichts fremder als der Hang zum Übermut, fast stoisch erlebte er sein erstes Spiel als Cheftrainer, die ganze Zeit über saß er auf der Bank, sein Kinn auf Finger und Arm gestützt. Aus seiner stillen Denkerpose wurde er nur durch die Tore und den Jubel seiner Spieler jäh gerissen. "Die zweite Hälfte war sehr, sehr gut, aber erst der Freistoß hat uns ins Spiel zurückgebracht", analysierte er nüchtern. In der Tat hätte Regensburg gegen engagierte, aber orientierungslose Wolfratshauser nach der Führung durch Andreas Kalteis (24.) weitere Tore schießen müssen. Doch der wunderbare Freistoß aus 17 Metern über die Mauer hinweg von Gregoire Diep (50.) gab der Partie eine irrwitzige Wendung, die Christopher Korker mit zwei weiteren Treffern (82./87.) forcierte.

Der Sieg konnte den bisherigen Co-Trainer Pummer aber nicht mehr umstimmen, den Verein nach fünf Jahren zu verlassen. Die Geschehnisse in der vergangenen Woche waren zu viel für ihn und Kapitän Lech Kasperek, der ebenfalls aufhört. Der Vorstand um Manfred Fleischer hatte an Cheftrainer Patrik Peltram vorbei bestimmt, dass Innenverteidiger Onur Misirlioglu in die Elf zurückkehrt, nachdem dieser im Sommer noch wegen Dissonanzen mit der sportlichen Leitung zurückgetreten war. Die Autorität Peltrams war beschädigt, er hörte auf. "Ich bin sehr traurig, dass es so kommen musste", bekannte Pummer auf der Pressekonferenz. "Dann bleib halt hier", raunten einige Zuhörer. Doch Pummer denkt nicht daran, seinen Entschluss zu revidieren: "Dass ich heute auf der Bank saß, habe ich nur für die Jungs gemacht."

Misirlioglu stand gegen Regensburg in der Startformation, er dirigierte lautstark und gestenreich die Mitspieler, zahlreiche Abspielfehler inklusive. Nach dem Spiel wollte er nichts sagen, aber er gab zu, dass die vergangenen Tage "die schlimmsten in meinem Leben waren". Der erste Saisonsieg genügte für ein emotionales Gleichgewicht noch nicht. Auch Fleischer wünscht sich, dass nun endlich wieder Ruhe einkehren möge. "Es geht uns allen nur um den BCF", versicherte er. Erste deeskalierende Schritte zur Normalität verkündete Fleischer nach der Partie. Bis der neue Cheftrainer Anfang September anfängt, werde Günther Wernthaler die Trainingseinheiten leiten. Und der neue Cheftrainer?

"Ich bin ein Wahnsinnstrainer": Sebastian Pummer begegnet der BCF-Führungsposse mit Ironie. Bleiben wird der 31-Jährige nicht, das sei "Schmarrn". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Fleischer verriet erst ganz am Ende seiner leidenschaftlichen Ausführungen den Namen. Es ist der 32-jährige Marco Stier, ein früherer U-20-Nationalspieler, der schon für den FC Bayern in der dritten Liga kickte. "Er ist ein exzellenter Fußballer und ein ehrgeiziger Trainer", sagte Fleischer. Stier wurde in seinem Urlaub vom Anruf Fleischers überrascht. Gefallen dürfte die erfolgreiche Abwerbung auch den Sportfreunden Aying nicht. Stier hatte den Klub zuletzt aus der Kreisklasse in die Bezirksliga geführt. Die Aufgabe in Wolfratshausen dürfte noch um ein Vielfaches schwieriger sein. Andreas Pummer zumindest deutete an, dass noch weitere Spieler nach den ereignisreichen Tagen den BCF verlassen werden. Mehr, als sich die Klubführung im Moment vorstellen könne.

© SZ vom 22.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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