Fußball-Bayernliga:Grätschen an der Grenze

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Unterföhring holt gegen rustikale Kirchanschöringer nur ein Remis

Von Christoph Leischwitz, Unterföhring

Da war er wieder, der Regen. Und mit ihm die langen Grätschen, das ungebremste Schlittern über zehn Meter und mehr. Mitten in die allerersten Niederschläge nach wochenlangem Sonnenschein fiel am Freitagabend ein Spiel, das beispielhaft dafür stehen kann, was die Bayernliga-Zuschauer bis zur Winterpause nun wieder erwartet: Spielkultur gegen Kampfgeist, Ballbesitz- gegen Konterfußball, unter äußerlich arg veränderten Vorzeichen. In diesem Fall endete der Kulturkampf mit einem Unentschieden: Der FC Unterföhring kam gegen den SV Kirchanschöring nicht über ein 1:1 (0:0) hinaus.

Der späte Anpfiff machte das Aufeinandertreffen im wahrsten Sinne noch düsterer: Unterföhring spielt gerne freitags, die Gäste aus dem Grenzgebiet zu Salzburg baten dann aber um den Anpfiff um 20 Uhr - sie waren schon oft im Stau gestanden. Es hatte sich eingeregnet, der Platz war tief, die Zweikämpfe immer wieder von Kommentaren und anschließenden Schubsereien begleitet. Bezeichnend eine Szene aus der 39. Minute, als der Kirchanschöringer Kapitän Bernd Eimannsberger die gelbe Karte für ein taktisches Foul sah. Weil es unmittelbar vor dieser Szene schon zwei harte Zweikämpfe gegeben hatte, führte die Unterbrechung zu lautstarken Anschuldigungen von beiden Seiten. In diesen Trubel hinein war die Stimme des Unterföhringer Spielmachers Yasin Yilmaz zu hören: "Lasst euch doch nicht provozieren!" Ihm selbst gelang das ganz gut, immerhin erzielte der 27-jährige ehemalige Profi kurz nach der Pause das 1:0 (49.).

Anderen Spielern gelang es allerdings gar nicht gut, Arthur Kubica zum Beispiel. Der Zugang vom FC Pipinsried ist nach einer langwierigen Verletzung erst seit vier Wochen wieder dabei. "Er will gerade vielleicht ein bisschen viel auf einmal", sagt Trainer Andreas Pummer über den Edeltechniker im Mittelfeld, der diesmal nicht zur Entfaltung kam. Im Gegenteil, Kubica fiel vermehrt durch kleine Fouls auf, bis zur 45. Minute hatte sich genug für eine gelbe Karte angesammelt. Und dann folgte die 58. Minute, in der das Spiel kippte.

"Hand", schrie ein Kirchanschöringer Spieler, der Schiedsrichter unterbrach und ermahnte ihn für diese ungebührliche Reklamation. Doch Kubica war das nicht genug, er beleidigte den meckernden Gegenspieler - und sah dafür Gelb-Rot. Viele schimpften hernach auf den Schiedsrichter, Föhrings Kapitän Andreas Faber wollte am liebsten gar nichts sagen. Trainer Pummer aber sah den Fehler klar bei Kubica: "Das darf er nicht machen, er schwächt uns damit." Zumal zwei Minuten später der Ausgleich fiel: Yunus Karayün zimmerte einen 30-Meter-Freistoß flach an den Pfosten, Tobias Janietz staubte ab (61.).

Später in der Pressekonferenz sagte Pummer dann aber auch: "Wir haben uns von dem Geschreie anstecken lassen", und meinte damit die zahlreichen Kommentare der Gäste. Sich nicht anstecken zu lassen, das sei etwas, woran man arbeiten müsse, wenn man eine Spitzenmannschaft sein will.

Mehrere Trainer haben im Geiste eine Linie gezogen zwischen den spielerisch starken Mannschaften und jenen, die gerne defensiv bleiben und zur Not auch etwas robuster zu Werke gehen. Diese Linie trennt in etwa das obere Tabellendrittel vom Rest des Feldes. Man kann diese Haltung heraushören, auch bei Pummer, wenn er Sätze sagt wie "Wir kombinieren ja eigentlich gerne" oder "Wenn sich diese Art von Fußball durchsetzt. . .". Und Kirchanschöring bedient das Klischee ja auch: Die Mannschaft auf Platz zwölf hat nach zwölf Spielen ein nach Langeweile schreiendes Torverhältnis von 10:12, dazu die viertmeisten gelben Karten (28) und die zweitmeisten Platzverweise (4) - einer davon aus dem Spiel gegen Unterföhring, für Thaddäus Jell nach einem schlecht versteckten Tritt (84.).

Und trotzdem bleibt es Geschmackssache, was guter Bayernliga-Fußball ist. Das bewies Föhrings Präsident Franz Faber, der die Pressekonferenz moderierte. Und plötzlich zu Gästetrainer Patrick Mölzl sagte: "Ich fand, das war ein ganz starker Auftritt von euch. Wieso steht ihr eigentlich so weit unten?" Mölzl schien ein wenig verdutzt ob des Lobes. Er schwieg einige Sekunden - und sagte dann erst mal gar nichts.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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