Fußball-Bayernliga:Es ist zum Bankzertrümmern

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Gegner Vilzing ist kaum zu sehen - zu nutzen wissen die Wolfratshauser (li. Marco Gröschel, re. Gilbert Diep) ihre Überlegenheit nicht. (Foto: Hartmut Pöstges)

BCF Wolfratshausen dominiert die DJK Vilzing, lässt aber hochkarätige Chancen liegen

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Wäre man eine Bierbank und hätte die Wahl, man würde sich vermutlich wünschen, den Altweibersommer eher nicht in einem Münchner Festzelt zu verbringen. Wo bei ohrenbetäubendem Lärm unzählige Besoffene auf einem herumhüpfen und - schunkeln und literweise klebriges Festbier verschütten. Hätte man als Bierbank diesen Wunsch frei, man verrichtete seinen Dienst wohl lieber in der Nachmittagssonne eines beschaulichen oberbayerischen Fußballstadions; etwa in der Coaching Zone des BCF Wolfratshausen, wo man nach den Rücktritten diverser Funktionäre allerhöchstens noch den neuen Trainer Marco Stier und dessen Assistenten Günther Wernthaler zu tragen hätte, die gemäß der aktuellen Tabellenlage und ihrem Temperament ohnehin häufiger nervös an der Seitenlinie umhertigern als wirklich mal Platz zu nehmen.

Natürlich kann man sich als Bierbank auch täuschen. Am Samstag wäre es in der Bräurosl vermutlich glimpflicher abgelaufen als bei der 0:1-Niederlage des Tabellenvorletzten BCF Wolfratshausen gegen die DJK Vilzing. Mehrere wütende Schläge hatte die Bank bereits abbekommen, nach einer Stunde flog sie dann erstmals durch die Gegend. Nur zehn Minuten, nachdem Wernthaler sich beruhigt und sie akkurat wieder aufgestellt hatte, kam Stier, nahm Maß und trat die Holzbank wütend um. Soeben war das 0:1 gefallen, Fabian Trettenbach hatte einen direkten Freistoß ins Tor gezirkelt, und Stier verstand nun endgültig die Welt nicht mehr. Hätte er eine Axt dabei gehabt, es hätte Kleinholz gegeben.

Der Gegner war bis dahin derart unauffällig gewesen, dass sich nicht einmal jemand daran gestört hatte, dass er vom Stadionsprecher konsequent "Vilzling" genannt wurde anstatt Vilzing. Ein abgeblockter Schuss in der ersten Halbzeit, und nun dieser Freistoß, der in der Entstehung hätte verhindert werden können - mehr war da nicht. Während der BCF mehrmals frei vor dem Tor aufgetaucht war. Nach Abpfiff, die ganze Mannschaft hatte sich um die Bierbank geschart, sagte Stier zu seinem Team: "Es war ein gutes Spiel, und darauf bin ich stolz." Die Leistung war ja auch nicht selbstverständlich nach all den routinierten Weggängen, die der Kader im Gefolge der Entlassung seines Vorgängers Patrick Peltram hatte verkraften müssen. Dass sie zwei Tage zuvor "ohne Ende Torschusstraining" gemacht hätten, habe sich aber nicht ausgezahlt. Einen ganzen Zettel voller hundertprozentiger Chancen habe er. "So lange kann ich gar nicht Pressekonferenz halten, um die alle vorzutragen."

Während die Spieler noch lange versuchten, neben ihrer Abschlussschwäche weitere Ursachen für die Niederlage zu finden (Die Umstellungen? Das Pressing? Die Schiedsrichter?), dürfte es Stier in der Pressekonferenz schwer gefallen sein, das Kompliment des Vilzinger Trainers Uli Karmann anzunehmen, der beim BCF "viel mehr Leben" beobachtet hatte als noch vor Wochen. Stier hielt es eher mit seinem Stürmer Gilbert Diep, der die Auffassung vertrat: "Wenn wir die Tore machen, geht Vilzing ein, dann schlachten wir die 4:0 ab."

Diep selbst hatte die besten Chancen dazu. Schon früh hatte er eine Eins-gegen-eins-Situation gegen DJK-Torwart Michael Riederer verloren, auch der Nachschuss verfing sich. Dann war er einschussbereit gewesen nach Solo und Hereingabe von rechts durch Maximilian Moll, aber der Ball blieb unterwegs hängen. Nach der Pause brachte er einmal den Ball an der Strafraumgrenze nicht schnell genug unter Kontrolle, ein anderes Mal kam sein Pass in den Lauf von Jona Lehr nicht an; nach dem 0:1 wurde ein Schuss abgeblockt, Dieps Pass auf den freien Emin Kaya kam zwar an, doch der Außenverteidiger schoss knapp drüber. "Spielerisch entwickeln wir uns weiter", findet Diep. "Der Trainer will, dass wir Fußball spielen, das ist in unserer Situation zwar schwierig, aber wir sind auf einem guten Weg. " Nur vorne müsse man dringend "abgezockter" werden.

Gefährlich wirkte Diep allemal, nicht nur weil sich der groß gewachsene Angreifer den Schädel rasiert hatte. Auch bei der größten aller Chancen zum 1:0 war er beteiligt: Nach einem Vilzinger Ballverlust lief er gemeinsam mit Christopher Korkor auf den Torwart zu, Korkor hätte abschließen können oder mit der Innenseite Diep bedienen - er probierte ein Zuspiel per Außenrist, auf das der letzte miteilende Verteidiger gelauert hatte. "Was willst du noch mehr?", brüllte Wernthaler, während Stier die Bank malträtierte und Physiotherapeut Paul Wardenga vor der Ersatzbank vormachte, wie es richtig gegangen wäre. Zumindest der Ausgleich war auch später noch drin, etwa als Jona Lehr dank eines ungeahndeten Fouls allein aufs Tor zulief. Dass stattdessen am Ende Vilzling, Verzeihung: Vilzing noch einen Elfmeter bekam, passte ins Bild. BCF-Torwart Kevin Pradl aber parierte ihn.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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