Fußball-Bayernliga:Dumm und dämlich

Lesezeit: 3 min

Im Derby gegen Pullach ist Wolfratshausen zunächst besser im Spiel, bringt sich mit zwei Platzverweisen aber selbst aus dem Rhythmus. Dass es beim 3:1 für die Gäste bleibt, liegt an deren Chancenverwertung

Von Matthias Schmid, Wolfratshausen

Edmund Stoiber hatte nicht gerade den besten Sitzplatz gewählt. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident musste seinen Hals ziemlich verrenken, um Lücken zwischen den stehenden Zuschauern auszumachen und so überhaupt einen Blick auf den Rasen erhaschen zu können. Vielleicht war ja seine Unterhaltung mit dem Wolfratshauser Fußballchef Manfred Fleischer auch aufregender als das Bayernliga-Derby gegen den SV Pullach. Dabei war es gut losgegangen für Stoibers Lieblings- und Heimatklub an diesem Samstagnachmittag.

Bereits in der zweiten Minute hätte Werner Schuhmann den BCF in Führung bringen können, ja müssen, als er allein vor Pullachs Torhüter Sandro Volz aufgetaucht war, aber zu ungenau zielte. "Wir waren von der ersten Sekunde an super im Spiel", erkannte BCF-Trainer Reiner Leitl. Dass es am Ende zum dritten Mal nacheinander wieder nicht zu einem Sieg reichte, hatte weniger mit fußballerischen Mängeln zu tun als vielmehr damit, dass seine Spieler sich immer wieder zu "dämlichen Aktionen" hinreißen ließen, wie Leitl es nach der 1:3 (1:1)-Niederlage recht drastisch formulierte. Stürmer Sebastian Pummer beispielsweise schubste seinen Gegenspieler nach einem Zweikampf und sah dafür die rote Karte (32.). "Lächerlich" fand Pummer die Entscheidung von Schiedsrichter Andreas Hummel. Vorteile aus der numerischen Überlegenheit konnte Pullachs Trainer Frank Schmöller zunächst aber nicht erkennen. "Auf dem engen Platz merkt man einen Mann weniger nicht", fand der 48-Jährige, "vor allem gegen eine Mannschaft wie Wolfratshausen, die anschließend mit zwei Viererketten und einem Stürmer clever verteidigt". In der Tat sind die Verhältnisse auf dem Nebenplatz des Isar-Loisach-Stadions so beengt, dass die Spieler beim Eckball mit zwei Schritten Anlauf schon am Zaun stehen.

Pullach spielte nach dem Platzverweis zunächst so weiter wie davor: Mit schnellem, flachem und direktem Spiel kombinierten sich die Gäste elegant durchs Mittelfeld. Der letzte Pass aber wollte partout nicht ankommen, entweder war er zu schlampig oder zu ungenau. "Wir haben nicht gut gespielt", erkannte Pullachs Mittelfeldmotor Peter Beierkuhnlein.

Bei ihm konnten sich seine Mitspieler schließlich bedanken, dass ihnen vor der Pause doch noch die Führung glückte. Eine verunglückte Abwehr mit der Schulter von BCF-Innenverteidiger Onur Misirlioglu landete direkt vor den Füßen von Beierkuhnlein, der den Ball volley aus 17 Metern perfekt traf - das 0:1 in der 42. Minute. "Er hat sich am Ende noch wunderbar gesenkt", lobte sich der Torschütze selbst. Mit einer Führung beendeten die Pullacher die erste Hälfte allerdings nicht, Werner Schuhmann durfte sich doch noch feiern lassen, aber so richtig konnte er nichts dafür, Paul Müllers Verzweiflungsschuss von der linken Seite traf den Stürmer in einem solch günstigen Winkel, dass der Ball im Tor und nicht in einem der umstehenden Bäume landete (45.).

Pullacher Torparade: Die Teamkollegen gratulieren Peter Beierkuhnlein (3.v.l.) zum 3:1, seinem zweiten Treffer an diesem Nachmittag. (Foto: Manfred Neubauer)

Nach Wiederanpfiff dauerte es nur vier Minuten, bis Pullach abermals führte. Orhan Akkurt köpfelte eine wunderbare Flanke von Maximilian Schuster ins Tor. Und fast wäre wenig später wieder der Ausgleich gefallen, doch Misirlioglu brachte es fertig, aus zwei Metern ungedeckt über das Tor zu köpfen. "Ich hätte mal sehen wollen, wie wir darauf reagiert hätten", sinnierte Schmöller. Stattdessen konnte es sich Pullachs Coach auf seiner Bank bequem machen, seine Spieler kamen nun fast minütlich zu Chancen. "In dieser Phase ging es für uns nur noch darum, nicht unterzugehen", gestand Reiner Leitl. Erst recht, als der Schiedsrichter Hummel Patrick Motzkau Gelb-rot zeigte, nachdem dieser die Sportart kurzzeitig verwechselt und den Ball mit der Hand aufgenommen hatte. "Das nächste Mal renne ich auf den Rasen und nehme den Ball vorher auf", höhnte Leitl.

Was ihm aber gefallen haben musste, war die Einstellung seiner Spieler, die nie aufgaben und weiter rackerten, als hätten sie noch eine Siegchance. "Da war eine Mannschaft auf dem Platz", lobte auch Frank Schmöller. Er sah sieben Minuten vor dem Schluss noch das 3:1 von Beierkuhnlein, der eine schöne Kombination über Akkurt und Schuster per Kopf abschloss. "Wir spielen gerade mit viel Selbstvertrauen und lassen den Ball schön laufen", sagte der zweimalige Torschütze. Dennoch wünscht sich sein Trainer von den Spielern, dass sie noch entschlossener, noch konsequenter werden und in solch einem Spiel auch mal fünf, sechs Tore machen. Schmöller vermisst den Punch: "Wir müssen im Trainerteam überlegen, wie wir ihnen diese Gier rüberbringen können." An der Kondition kann es nicht liegen. Peter Beierkuhnlein nahm nach dem Schlusspfiff seine Tochter auf den Arm, rannte mit ihr über den halben Platz und führte kurz vor der Eckfahne einen lupenreinen Rittberger auf. Edmund Stoiber war da längst schon auf dem Weg nach Hause.

© SZ vom 15.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: