Fußball-Bayernliga:Der Ball rollt, Reiner Leitl geht

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Das war's dann: Reiner Leitl hofft, seiner Mannschaft durch seinen Rücktritt einen letzten Impuls zu geben. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wolfratshausens Coach wirft beim 0:3 gegen Hankofen hin

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Manfred Fleischer hätte alles Mögliche erwartet, als am Samstagnachmittag Reiner Leitl auf ihn zukam. Nur das nicht. Das Spiel ihres BCF Wolfratshausen gegen die SpVgg Hankofen-Hailing lief noch, kurz vor Schluss waren das 0:2 und 0:3 gefallen. Dass Trainer Leitl schlechte Laune hatte, war klar, sein seit Wochen von vielen Verletzungen geplagtes Team hatte sich eine Halbzeit lang in Unterzahl gegen die Niederlage gewehrt, und noch fehlen ihm ein paar Punkte zum sicheren Klassenverbleib. Nun jedenfalls kam der Trainer auf den Abteilungsleiter zu - und eröffnete ihm, dass er zurücktreten werde. Sofort. Nach Schlusspfiff informierte Leitl die Mannschaft. Und Fleischer blieb verdutzt und ein wenig Rätsel ratend zurück.

"Das ist bedauerlich, aber man muss es akzeptieren", sagte Fleischer später. Leitl habe ihm nur vermittelt, dass seine Entscheidung feststehe, "über die Gründe haben wir nicht groß geredet". Vor fast drei Jahren hatte der Wolfratshauser Lokalpolitiker Manfred Fleischer, der auch den Gesamtverein führt, Leitl als Trainer geholt. In der vergangenen, erfolgreichen Saison hatte er sich durchaus auf die Fahnen schreiben dürfen, dass er den ehemaligen Hachinger Zweitligaspieler in Krisen gegen Kritik aus dem Umfeld verteidigt und sogar Leitls Rücktrittsangebot abgelehnt hatte. "Wir hatten eine sehr gute Zeit, er hat sich zu hundert Prozent mit dem BCF identifiziert", sagt Fleischer. Nun kann auch er offenbar nur spekulieren: "Reiner war ein sehr guter Fußballer, er erwartet viel. Er hatte wohl das Gefühl, dass er so noch mal einen Impuls setzen kann." Leitl selbst war bis Sonntag - wie meistens - telefonisch nicht für Nachfragen erreichbar.

Oft sah es an der Seitenlinie des BCF so aus, dass Leitl, 56, entweder still auf seinem Platz saß und beobachtete oder halblaut vor sich hin schimpfte, während daneben Co-Trainer Günther Wernthaler brüllend auf und ab turnte, fluchte, lamentierte und anfeuerte. Auch der frühere Torwarttrainer hat hingeworfen. Am Samstag schimpfte Leitl viel, kurz vor der Pause wurde er einmal sehr laut, als der junge Luca Faganello nach zwei Fouls an der Mittellinie Gelb-Rot sah (43.). Der frühe 0:1-Rückstand (13.) war einem verunglückten Rückpass entsprungen, in der Folge wirkten die Wolfratshauser nur mäßig gefährlich.

Nach der Pause, in der es ebenfalls laut zugegangen sein soll, wurde der Auftritt besser, zu zehnt drückten die Wolfratshauser auf den Ausgleich, Jona Lehr aus spitzem Winkel und Markus Rappel mit einem Schlenzer über die Latte hatten gute Chancen. Dann nutzten die Gäste einen Konter zum 0:2 (84.), und die Sache war gelaufen.

Fleischer musste nicht lange nach einem Interimstrainer suchen, der perfekte Kandidat ist immer im Stadion: Der Sportliche Leiter Klaus Brand springt nun ein, unterstützt von Mittelfeld-Routinier Sebastian Pummer, einem der vielen Verletzten. Brand ist nah an der Mannschaft, er wohnt zwei, drei Vollspann-Schüsse weit vom Stadion entfernt und hat früher selbst in Uerdingen erste und in Bayreuth zweite Liga gespielt. Auch er sei überrascht von Leitls spontaner Entscheidung, auch er könne sich nur denken, dass sein Vorgänger enttäuscht gewesen sei von den vielen Verletzungen und der schwierigen Lage mit jungen, bisweilen überforderten Spielern.

Mit Trainingsmängeln sei die lange Liste von Ausfällen jedenfalls nicht zu erklären, glaubt Brand. "Wenn das alles muskuläre Dinge wären, okay", sagt er, doch von Kreuzbandriss über Knorpelschaden bis Herzbeschwerden sei eben alles dabei. Überdies sei die Mannschaft intakt, die verbliebenen Spieler seien in jedem Training.

Es gelte nun, die Köpfe freizubekommen, viel zu reden und nicht zu verkrampfen. Gleich nach der Partie habe er mit Pummer erste Pläne erstellt. "Das Gute ist, dass wir noch alles selbst in der Hand haben", sagt Brand, drei Punkte sollten aber schon noch her. Er blickt ausschließlich nach vorne: "Es ist, wie es ist, wir müssen das Beste daraus machen." Zwei Spieler, Michael Rauch und Michael Marinkovic, werden fürs Saisonfinale zurückerwartet, allerdings hat sich nun Rappel verletzt. Für kommende Saison, sagt Brand, seien einige Zugänge so gut wie sicher, auf alle Fälle müsse man schauen, dass die Routiniers blieben und gesundeten. Lamine Guèye und Thomas Edlböck kehrten sicher nicht mehr auf einen Fußballplatz zurück.

Auf Dauer, sagt Brand, werde er den Trainerjob nicht übernehmen, er wird bald einen Nachfolger suchen. Zwar hat er zwischen Kreis-und Landesliga schon vieles trainiert, aber der BCF brauche nun vielleicht eher mal einen Jüngeren, mit neuen Ideen. Brand ist 61.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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