Fußball-Bayernliga:Bescheiden nach oben

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Neuer Trainer, neue Spieler, alter Anspruch: Der SV Heimstetten geht ohne Druck in die Bayernliga-Saison. Der Aufstieg wäre aber auch in Ordnung.

Von Stefan Galler, Kirchheim

Natürlich war es etwas Besonderes, das Testspiel des SV Heimstetten gegen die Löwen. Wo der TSV 1860 München derzeit auftaucht, ist ihm eine gewaltige Aufmerksamkeit sicher. Knapp 2000 Zuschauer wollten das 4:0 der Münchner in Bodenmais im letzten Test vor dem Regionalliga-Start sehen. Ewald Matejka, seit 2006 Vorsitzender des SV Heimstetten, hatte schon ein paar Tage vorher diesen Glanz in den Augen, als er ebenfalls etwas ganz Besonderes miterlebte. Das 1:0 des SV Heimstetten gegen den FC Ismaning in der ersten Runde des Totopokals. "Der Nachbar war immer unser großes Vorbild", sagt Matejka über den Lokalrivalen, "die haben Jahrzehnte vor uns erreicht, was wir jetzt erreicht haben." Der neue Cheftrainer Christoph Schmitt hat den Pokalerfolg weniger emotional zur Kenntnis genommen: "Ich denke, für den Präsidenten war es noch ein bisschen wichtiger als für alle anderen. Aber klar, für den Kopf ist es immer gut, zu gewinnen."

Schmitt, 31, Typ Analytiker, nennt die Dinge beim Namen. Er versucht erst gar nicht, die Transfertätigkeiten in der Sommerpause als leichte Übung darzustellen, sondern gibt dies zu Protokoll: "Scheinbar sind wir nicht mehr so attraktiv, auch finanziell." Eine Anspielung auf die Regionalligisten Garching, Unterföhring und Pipinsried, die in der Nähe von Kirchheim beheimatet sind und Heimstetten im Werben um den ein oder anderen Spieler ausstachen. Schmitt, der als Kapitän vor zwei Jahren seine Karriere beendet hat und seither zum Heimstettner Trainerstab gehört, ist nach dem Weggang von Heiko Baumgärtner und dessen Nachfolger Borislav Vujanovic nun selbst in der Verantwortung. Zur Seite steht ihm der neue Co-Trainer Lennart Hasenbeck, 28, der als Jugendspieler einst bei der SpVgg Unterhaching ausgebildet wurde und zuletzt als spielender Co-Trainer mit dem TSV Neuried in die Landesliga aufstieg. Das Team vervollständigt Memis Ünver, 26, der nach einem komplizierten Kreuzbandriss seine aktive Karriere beendet hat und im Stab vor allem für Koordination und Athletik zuständig sein wird. "Es ist schon deutlich zeitaufwendiger als letzte Saison", sagt Schmitt, und gibt zu: "Dann und wann juckt es schon, wieder selbst einzugreifen." Zumal sein vier Jahre älterer Bruder Dominik als Kapitän auf dem Feld steht. Als verlängerten Arm sieht ihn der Trainer-Bruder jedoch nicht: "Wir haben einen starken Spielerrat, alle Mitglieder unterstützen uns, da kann und will ich Domi nicht herausheben."

Zuletzt gab es ein Treffen auf dem Platz, in einem Gaudi-Kick anlässlich des 50-jährigen Vereinsbestehens spielte Dominik für das aktuelle Team, Christoph lief gut zehn Minuten für die Allstars auf (die 2:5 verloren). Nostalgisch ging es zu im Sportpark, viele Menschen waren gekommen, denen der Verein einiges zu verdanken hat. Darunter auch Thomas Langer, der in Heimstetten einst als Technischer Leiter und Spartenchef den Fußball auf ein professionelleres Level gehoben hat. "Er hat den Kontakt zu potenten Sponsoren hergestellt, in Frank Schmöller einen ehemaligen Profi als Trainer geholt und den Verein aus den unteren Ligen bis in die Bayernliga geführt", erinnert sich Ewald Matejka. Langer verließ München 2006 aus beruflichen Gründen, lebt mittlerweile in Heidenheim.

Er legte die Geschicke damals in die Hände Matejkas, der gemeinsam mit Sohn Michael die Erfolgsgeschichte des Klubs fortschrieb. Vater Ewald, einst aktiv beim Landesligisten Wacker Burghausen, wird fast sentimental, wenn er an die erste Regionalligaspielzeit 2012/13 zurückdenkt. Es war das erste Jahr nach der Ligareform, Heimstetten wäre in der Saison davor beinahe aus der Bayernliga abgestiegen - und qualifizierte sich dann in einer quälend langen Relegation gegen die SpVgg Landshut und den Würzburger FV für die neue vierthöchste Spielklasse. "Und was wir dort abgeliefert haben, war das totale Fußballjahr", sagt Ewald Matejka. Heimstetten schlug damals 1860 II gleich doppelt, blieb gegen die Bayern Amateure, Ismaning, Ingolstadt II und Augsburg ohne Niederlage.

Natürlich würden sie diese Regionalligazeiten gerne wieder aufleben lassen, bei der aktuelle Saisonprognose herrscht aber Bescheidenheit: "Oben mitspielen", will Matejka, es gebe jedoch keinen Aufstiegsdruck. Zunächst müsse man sehen, wie die Weggänge kompensiert werden konnten. Immerhin haben Clemens Kubina (Ismaning) und Abwehr-Routinier Sebastian Paul (Landshut) den Verein verlassen. Klare Vorgabe war, sie durch junge Spieler aus der Region zu ersetzen. Nimmt man den routinierten Peter Beierkuhnlein (29, vom SV Pullach) aus, trifft dies auf die übrigen Neuen weitgehend zu. Christoph Mömkes, 20, kam aus Hallbergmoos, Muhammed Aladdinoglu, 22, aus Ismaning, Tobias Krause, 21, aus Moosinning und Samuel Kaltenhauser, 20, vom SC Baldham-Vaterstetten. Dazu gesellten sich Torwart Kevin Pradl, 24, vom BCF Wolfratshausen und der 20-jährige Abwehrspieler Alexander Zetterer von 1860 Rosenheim, dessen Bruder früher in Unterhaching Torwart war und nun beim Bundesligisten Werder Bremen hält. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Kader", sagt Trainer Schmitt.

Spätestens am 9. September wird sich auch Ewald Matejka dezidiert zur Qualität des Heimstettner Kaders äußern. Dann nämlich geht es zum alten Rivalen FC Ismaning.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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