Fußball-Bayernliga:Begeisterung im Krankenbett

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Machen Sie eine typische Rückwärtsbewegung: Siegtorschütze Orhan Akkurt (re.), begleitet von Gratulanten. (Foto: Johannes Simon)

Pullach siegt auch ohne Trainer und baut Tabellenführung aus

Von Stefan Galler, Pullach

Am Sonntag hörte er sich schon wieder ganz gut an. "Klar können wir reden, ich bin ja nicht taubstumm", sagte Frank Schmöller, nachdem er sich in den vergangenen Tagen mit einem, wie er es ausdrückte, "mächtigen Infekt" herumgeplagt und deshalb die Reise nach Niederbayern am Samstag ausgelassen hatte. Vermutlich trug auch die Kunde vom Spiel seiner Pullacher Fußballer beim TSV Bogen dazu bei, dass es dem Trainer deutlich besser geht, denn die Isartaler feierten ohne den Chefcoach ihren zwölften Sieg in Serie. Sie profitierten darüber hinaus von der Niederlage des Verfolgers FC Pipinsried bei der SpVgg Hankofen-Hailing und haben nun vier Zähler Vorsprung an der Bayernliga-Spitze. "Man kann sagen, das Wochenende war nicht ganz schlecht für uns", so Schmöllers trockenes Fazit.

Der knappe, aber keineswegs unverdiente 1:0 (1:0)-Erfolg beendete eine aus Pullacher Sicht durchaus aufregende Woche. Denn ehe er sich aufs Krankenlager zurückzog, hatte der Übungsleiter seinen Vertrag mit dem Sportverein um ein weiteres Jahr verlängert. "Es war wie bei mir üblich", erzählt der 48-Jährige, "ich wurde gefragt, ob ich weitermachen will, und ich habe ja gesagt." Das sei früher in Ismaning und Heimstetten auch schon immer so gelaufen. Während der eine Assistent, Michael "Jimmy" Doll, aus beruflichen Gründen aufhört, macht der andere, Stefan Benzinger, gemeinsam mit dem ehemaligen Profi weiter. Über Schmöllers Honorar wurde nicht verhandelt, die Bezüge bleiben gleich. "Pullach zahlt mir das, was sie zahlen können. Und das ist in Ordnung für mich." Im Falle eines Aufstiegs, der ja immer konkretere Formen annimmt, könne er sich allerdings vorstellen, dass Manager Theo Liedl sich nicht lumpen ließe: "Da wird er mir bestimmt eine kleine Belohnung zukommen lassen", sagt Schmöller.

Bleibt die Frage, ob der Aufstieg überhaupt eine Belohnung für die "Raben" werden würde. So spannend es klingt, sich demnächst mit Gegnern wie Jahn Regensburg, 1860 München II, FC Bayern II, Schweinfurt, Bayreuth oder vielleicht sogar Unterhaching messen zu dürfen, so schwer verdaulich sind die Kröten, die der Verein dafür zu schlucken hätte. Vor allem die Tatsache, dass der heimische Platz an der Gistlstraße nicht regionalligatauglich ist, könnte zur Zerreißprobe für den SV Pullach werden. Das sieht auch der Coach so: "Wenn wir unsere Heimspiele irgendwo 30, 40 Kilometer von unserer Gemeinde entfernt austragen, dann macht das für mich als Trainer keinen Sinn", sagt Schmöller. "Da muss man auch an die Seele des Vereins denken. Und daran, dass das für uns einen immensen logistischen Aufwand bedeuten würde. Wir hätten praktisch 38 Auswärtsspiele."

Was nicht das schlechteste sein muss, wenn es immer so läuft wie am Samstag beim TSV Bogen: Dessen Abwehrspieler Marco Jordan leistete sich gleich nach sechs Minuten einen jener haarsträubenden Fehler, die man sich in Gegenwart von Orhan Akkurt besser sparen sollte. Denn der Pullacher Torjäger nutzt solche Geschenke in der Regel gnadenlos aus. So auch diesmal, Saisontreffer Nummer 29 war die Folge. Und Schmöller hüpfte daheim vor Begeisterung fast aus dem Bett: "Wäre Orhan 20 Jahre früher geboren, er wäre ein zweiter Gerd Müller geworden."

Dass sich die Isartaler in der Folgezeit darauf beschränkten, hinten dicht zu machen und nur noch sporadisch nach vorne zu spielen, ist auch ihrer personellen Situation geschuldet. Neben den Langzeitverletzten wie Maxi Schuster (Schulteroperation) und Alexander Weiß (Knorpelschaden) fehlte in Bogen auch Alexander Benede (private Gründe). Zumindest feierte Orkan Balkan sein Comeback nach seiner Knieverletzung, in Johannes Brader, 26, gab ein Mittelfeldspieler aus der Kreisklassenreserve sein Bayernliga-Debüt. "Die Mannschaft rückt in dieser Situation zusammen, präsentiert sich als absolute Einheit", sagt der Trainer.

Allerdings reichte die Substanz nicht, um die Partie vorzeitig zu entscheiden. So blieb es spannend bis zum Ende, Torszenen fanden jedoch kaum statt. Die Gastgeber hatten nur zwei wirklich gute Gelegenheiten, jeweils durch Andreas Mayer. Doch beide Male blieb es beim Versuch. "Wir haben wieder zu Null gespielt, dem Gegner ist nicht viel eingefallen", sagte Schmöller, nachdem er sich intensiv vom Assistenten Benzinger und Manager Theo Liedl hatte informieren lassen. "Unsere Ergebnisse sind kein Zufall."

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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