Fußball-Bayernliga:Angstgegner a.D.

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Die Schatten werden länger: Der BCF Wolfratshausen (re. Torschütze Jona Lehr) wartet auch nach der vierten Partie auf den ersten Punktgewinn. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dachau tut sich wie immer schwer gegen Wolfratshausen, kommt aber trotzdem mit wenig Aufwand zum ersten Saisonsieg

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Irgendwelche Fortschritte? "Schwierig", sagte Patrik Peltram. Das sollte wohl Nein heißen. Die Frage hätte eine Vorlage sein können, um auch etwas Positives in die Bilanz zu diktieren, die der Fußballtrainer des BCF Wolfratshausen nach der knappen 1:2 (1:2)-Niederlage gegen den TSV 1865 Dachau am Freitagabend zog, der vierten Niederlage im vierten Spiel unter ihm als neuem Coach. Doch Peltram ließ die Vorlage ungenutzt. "Es wird sich bis mindestens Ende August nichts ändern an dem Kader, der zur Verfügung steht", sagte er mit leiser Stimme. "Jugendlicher Wille" sei vorhanden in seinem Team, "sie versuchen diszipliniert ihre Aufgaben zu erfüllen". Doch das reicht nicht.

Es war wohl eines der bezeichnendsten Bilder kurz vor Schluss: Der BCF drängt, Jona Lehr, Torschütze des zwischenzeitlichen Ausgleichs, will Fahrt aufnehmen - doch er kommt nicht vorwärts. Die Beine laufen, der Oberkörper verharrt, das Trikot wird lang und länger. Qendrim Beqiri in seinem Rücken hat den Stoff erbarmungslos im Griff. Beqiri, mit all seiner Erfahrung aus 55 Regionalligapartien, gibt sich nicht einmal Mühe, diesen Materialtest im Mittelkreis vor den Augen des Unparteiischen zu verbergen, warum auch: Gelb hatte er noch nicht, und auf dem Weg zum ersten Saisonsieg wollte er kein Risiko mehr zulassen. Der folgende Freistoß war belanglos, wenige Sekunden später gab es sogar noch einen Pfostentreffer für Dachau.

"Der Sieg gibt uns hoffentlich Ruhe und Selbstvertrauen", sagte Dachaus Spielertrainer Fabian Lamotte. Er hätte vermutlich ebenfalls wenig zu antworten gehabt, wenn ihn jemand zu Fortschritten befragt hätte. "Wir hatten das glücklichere Ende", sagte er, "wir haben uns wieder schwergetan." Wie schon in den Partien zuvor - und wie eigentlich immer gegen Wolfratshausen. "Irgendwas im Kopf" sei das wohl, rätselte er. Der BCF war sich seiner Chance bewusst. Gegen Auftaktgegner Bogen (0:1) könne man machen, was man wolle, man verliere sowieso, hatte Klubchef Manfred Fleischer vor der Partie gesagt, gegen Dachau verhalte sich das ähnlich, nur umgekehrt. Doch diesmal war der BCF selbst gegen seinen Lieblingsgegner zu harmlos.

Das 0:1 (29.) begann genau vor der Wolfratshauser Bank, wenige Meter von Trainer Peltram, Sportchef Klaus Brand und Co-Trainer Sebastian Pummer. "Abseits", da war sich das Trio einig, sie hatten wirklich die besten Plätze zur Beurteilung jener Szene, als der Ball zu Dachaus Stürmer Christian Doll prallte und dieser davoneilte. Doll, 29, hätte zuvor schon in mehreren Szenen treffen müssen, dieses Mal überwand er Wolfratshausens Torwart Kevin Pradl lässig. Torjäger Doll ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigten, wie unterschiedlich die Möglichkeiten sind, die beide Kader aktuell bieten. Allein Doll hat fast so viele Bayernliga-Einsätze (226) absolviert wie alle Feldspieler der Wolfratshauser Startformation gemeinsam (230) - mit dem Unterschied, dass Doll auch noch höherklassig gespielt hat. Von den mehr als hundert Erstliga-Einsätzen, die Spielertrainer Lamotte in Österreich und Deutschland bestritt, ganz zu schweigen. Man müsse doch nur vergleichen, wie die Gegner Bälle verarbeiteten oder Konter ausspielten, sagte Peltram, "die stellen sich in der zweiten Halbzeit eben hinten rein, lassen uns auflaufen, und mit einem weiten Schlag reißen sie dann alles auf".

Das große Offensivpotenzial der Dachauer blieb weitgehend ungenutzt, es genügte eine solide Abwehr um Spielertrainer Lamotte. Es war beinahe unvermeidlich, weitere Kadervergleiche anzustellen: Die Innenverteidigung des BCF etwa besetzten Florian Scheck, der diese Position erst zum zweiten Mal probierte, und Chafi Gobitaka, 19, der aus der U19 des SV Planegg-Krailling kam, des Absteigers in die Bezirksliga. "Man kann uns zugute halten, dass wir mit den vielen jungen Spielern gut mithalten", urteilte BCF-Außenverteidiger Michael Rauch, der diesmal im Mittelfeld und als Kapitän einsprang. Doch man müsse zusehen, dass man die individuellen Fehler bald abstelle. Rauch setzt große Hoffnung in eine Rückkehr der Angreifer Werner Schuhmann und Michael Marinkovic, "weil uns nach vorne doch Torgefahr abgeht". Kaum einen Abschluss hatte sein Team nach der Pause zustande gebracht.

Die hektische Phase nach dem 0:1 hatte der BCF dennoch überstanden. Nach einem weiten Diagonalpass von Michael Rödl und einer Flanke des Debütanten Sandro Wolfinger aus Liechtenstein hatte Lehr per Kopf ausgeglichen (38.). Doch Sekunden vor der Pause fiel das 1:2: Nach einem überflüssigen Freistoß von außen hatte Florian Wolf an die Latte geköpfelt, den Abpraller setzte Lamotte per Kopf in die Maschen. Bis Ende August stehen noch fünf weitere Partien an.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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