Am Donnerstagvormittag erhielt Christian Ziege eine SMS aus der alten Heimat. Der Fanbeauftragte von Arminia Bielefeld lud den Trainer der SpVgg Unterhaching ein, sich am Samstag nach dem Drittligaspiel auf der "Alm" zum Bierchen zusammenzufinden. "Ich habe dort mit den Fans nie etwas Negatives erlebt", sagt Ziege rückblickend und erwägt, der Einladung zu folgen. Die Erinnerungen an jenes knappe halbe Jahr, in dem er in Ostwestfalen auf seiner ersten Stelle als Cheftrainer einen aussichtslosen Kampf gegen finanzielle Probleme und einen übermächtigen Aufsichtsrat ausfechten musste, sind dem 43 Jahre alten Coach noch sehr präsent. Ziege erzählt frank und frei, etwa von seinem Einstellungsgespräch im Sommer 2010, als der damalige Geschäftsführer Ralf Schnitzmeier ihn vor 25 Zuhörern aus der Vereinsspitze zu seiner Strategie für die Rettung des damaligen Zweitligisten befragte. "Nach fünf Minuten hatte ich den Job, das war schon kurios."
Die Bielefelder Finanzsituation sei vergleichbar gewesen mit jener, in der Unterhaching derzeit steckt. SpVgg-Präsident Manfred Schwabl ist in diesen Tagen mit aller Kraft darum bemüht, die Lizenz für die kommende Saison zu sichern. Ziege war allerdings von Anfang an klar, worauf er sich bei dem Münchner Vorortklub einlässt. Ganz im Gegensatz zu seinem Engagement in Ostwestfalen vor gut vier Jahren: "Ich habe damals erst nach meiner Unterschrift erfahren, dass die Arminia kurz vor der Insolvenz stand", sagt Ziege. Unmittelbar vor Saisonbeginn seien dann noch einige seiner potenziellen Leistungsträger abgewandert "und ich musste auf junge Leute setzen".
Der zwölfköpfige Aufsichtsrat ließ sich dennoch nicht beirren, verlangte von seinem leitenden Angestellten, dass er mit einer Rumpfmannschaft in der Tabelle oben mitspielen solle. "Mir war klar, dass es nur gegen den Abstieg gehen würde", sagt Ziege. Aber damals seien eben Leute am Ruder gewesen, "die absolut keinen Plan hatten und schlichtweg nicht wussten, wie das Spiel funktioniert". Vor einer Spielerverpflichtung hätte er den gesamten Aufsichtsrat fragen müssen: "Von den zwölf mussten sieben den Transfer absegnen. Bis du da Bescheid wusstest, hatte der Spieler schon längst woanders unterschrieben." Im November 2010 musste der frühere Nationalspieler dann gehen, nach 13 Punktspielen. Sein Nachfolger Ewald Lienen schaffte es nicht, die Arminia vor dem Abstieg zu bewahren.
Trotz der teilweise wenig erbaulichen Erfahrungen will Ziege die Zeit in Bielefeld nicht missen. "Ich freue mich, am Samstag dort wieder hin zu kommen, das Stadion ist toll, es ist immer ein cooles Erlebnis, dort zu spielen." Zumal Unterhaching nach dem jüngsten 4:1-Erfolg im Abstiegsduell mit Sonnenhof Großaspach ohne Druck und "mit gestärktem Rücken" (Ziege) zum Meisterschaftsaspiranten reisen kann: "Das ist ein Riesen-Bonusspiel und kommt nicht zur verkehrten Zeit", sagt der Hachinger Übungsleiter. Acht Zähler Abstand zu den Abstiegsrängen haben die Rot-Blauen nun, dennoch will Ziege nichts davon wissen, dass die erkämpften 30 Punkte ein Ruhekissen im Ringen um den Klassenerhalt sein könnten: "Wir stecken immer noch mitten im Abstiegskampf und dort bleiben wir, bis es theoretisch nicht mehr möglich ist, runterzugehen." Von einer Punktegrenze, die es zu erreichen gilt, will Ziege jedenfalls nichts wissen: "Ich finde immer lustig, wie hochgerechnet wird. Dabei weiß man doch nie, was passiert."
Was das Personal angeht, so wird sich im Vergleich zum Spiel in Großaspach nicht viel ändern. Benjamin Schwarz kehrt nach abgesessener Sperre ins Aufgebot zurück, dafür wird wohl Stefan Haas wegen einer im Training erlittenen Knieverletzung passen müssen. Dominik Widemann sollte trotz seiner hartnäckigen Oberschenkelprobleme bis Samstag einsatzfähig sein, vermutet Ziege.