FC Unterföhring:Tag der Legenden

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Der FC Unterföhring steigt dank eines 2:0-Erfolges gegen Regensburg II vorzeitig in die Regionalliga auf.

Von Christoph Leischwitz, Unterföhring

Die zweite Halbzeit war gerade angepfiffen, da sagte Franz Faber: "Das werden noch lange 45 Minuten." In gewisser Weise hatte er ja recht. Zu diesem Zeitpunkt lag eine angespannte Ruhe auf dem Stadion an der Bergstraße. Eine Ruhe, wie sie in der allerletzten Konzentration liegt. Jetzt bloß nichts mehr verkehrt machen, das wäre ja peinlich!

Sollte der Präsident des FC Unterföhring gemeint haben, dass der Sieg gegen Jahn Regensburg II noch einmal in Gefahr geraten könnte, lag er gänzlich falsch. Der Bayernliga-Spitzenreiter hatte in der 25. Minute mit einem sehenswerten Freistoß von Andreas Faber das 1:0 erzielt, die beste Phase der Gäste war damit beendet. Als dann Tayfun Arkadas, ebenfalls per Freistoß, in Minute 68 das 2:0 erzielte, legte sich die Nervosität allmählich. Mittelfeldspieler Martin Büchel berichtete später, er habe aus den Augenwinkeln schon gesehen, wie kurz danach die Betreuer Richtung Kabine gegangen waren. Sie kamen zurück mit Kartons voller T-Shirts, mit großen, gefüllten Weißbiergläsern und Maßkrügen. Die Sonne schien endlich mal im Aufstiegsmonat Mai, die Auswechselspieler begannen, mit den flachen Händen auf das Dach ihrer Hütte zu schlagen. Dann der Abpfiff. Den vermeintlich langen 45 Minuten folgte eine lange Nacht.

Wunder in Rot: Die Unterföhringer bejubeln nach dem Spiel gegen Regensburg II ihren sensationellen Aufstieg. (Foto: Claus Schunk)

"Entschuldigung, dass ich so stinke", sagte der stolze Präsident nach Abpfiff bei den vielen Umarmungen. Er stellte sich, mit von Sekt und Weißbier getränkten Kleidern, unterhalb der Klubgaststätte auf einen Holzstuhl und sprach von einem Tag, der für immer in den Büchern des FCU stehen werde. Bevor es zu pathetisch wurde, fügte er an: "Für mich ein Wunder. Mit so einer Mannschaft darfst du eigentlich gar nicht aufsteigen." Schallendes Gelächter.

"Ich bin vielleicht emotional nicht ganz so bei der Sache", räumt Trainer Pummer ein

Der FC Unterföhring, vor acht Jahren noch in der Bezirksoberliga, wird tatsächlich in der kommenden Saison in der höchsten deutschen Amateurklasse spielen, nach dem drittletzten Spieltag ist die Mannschaft nicht mehr vom ärgsten Verfolger FC Pipinsried einzuholen. Es wurde gar nicht viel getrunken, aber sehr viel vergossen, auch Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer ("eine Regionalliga-Mannschaft in Unterföhring - das ist der Wahnsinn!") war völlig durchnässt.

Den Aufstieg hat das Team von Andreas Faber (rechts) seit Jahren im Blick. Dass es nun geklappt hat, war dennoch nicht zu erwarten. (Foto: Claus Schunk)

Dieser 2:0-Sieg war typisch gewesen für diese Mannschaft. Nicht, weil beide Tore nach ruhenden Bällen zustande kamen. Sondern weil die spielerische Überlegenheit so deutlich war, dass sich die Regensburger oft nur mit Fouls zu helfen wussten. Viermal sahen Gästespieler Gelb nach taktischen Fouls am Strafraum, zwei der Freistöße landeten im Netz. "Am Anfang war die Nervosität schon zu spüren", sagte Yasin Yilmaz später, er habe auch nicht besonders gut geschlafen vor dem Spiel.

Für Trainer Andreas Pummer (re.) ist es ein zweischneidiger Abschied. (Foto: Claus Schunk)

Wer die Beteiligten in der feuchtfröhlichen Gemengelage nach Schlüsseln zum Erfolg fragte, bekam erwartbare, aber dennoch wahre Antworten: Teamgeist. Zusammenhalt. Moral. Kontinuierlich gesteigert über die Jahre. In dem großen Kader kam jeder zum Zug, flache Hierarchien bescherten einen gesunden Konkurrenzkampf, auch, nachdem im Sommer noch einige kurzfristig hinzugekommen waren. "Wir haben so viele Spiele gedreht, das schweißt unglaublich zusammen", sagte Büchel, der liechtensteinische Nationalspieler. Klar, er habe schon gegen Italien und Spanien gespielt, er war zweimal Schweizer Meister mit dem FC Zürich, aber den Erfolg mit den Föhringern wolle er nicht minder bewerten. Er sei "ultraglücklich hier", deshalb freue er sich auch so für die echten Unterföhringer wie Franz Faber. Man habe übrigens schon seit Jahren stets das Ziel ausgegeben, um den Aufstieg mitzuspielen.

Einer hatte nach eigenem Bekunden vorher deutlich besser geschlafen als die anderen, dafür feierte er jetzt auch nicht ganz so lautstark. Trainer Andreas Pummer ließ sich zwar auch begießen und stimmte ein kurzes "So ein Tag..." an, doch wirkte der 34-Jährige fast wie nach jedem anderen Spieltag. Als Grund nannte er, dass sein Weggang schon so lange bekannt ist: "Ich bin vielleicht emotional nicht ganz so bei der Sache." Pummer wechselt zum Landesligisten Türkgücü-Ataspor, die Regionalliga ist dann für ihn erst einmal weit weg. "Er soll Spaß haben", sagte er über seinen Co-Trainer und künftigen Nachfolger Thomas Seethaler, das Team werde in der vierten Liga "sicher eine gute Rolle spielen". Yilmaz, der Pummer als Assistent und Spieler begleitet, sagte: "Wir haben uns in Unterföhring zu Legenden gemacht."

Die Kaderplanung ist noch nicht zu Ende, die kommende Saison dürfte schwer werden, doch all das ist noch lange hin. "Da gibt's auch keine Iniestas und keine Buffons", sagt Büchel über die Regionalliga. Dass sie so zuversichtlich sind, das ist in gewisser Weise auch ein Erbe Pummers. Wie flach die Hierarchien sind, die er geschaffen hat, konnte man eine Saison lang nicht nur auf dem Platz beobachten. Sondern auch hernach, bei den Weißbierduschen.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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