FC Pipinsried:Virtuelle Fischsemmeln

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Am Vatertag kann man das Re-Live-Spiel des FC Pipinsried gegen die Löwen sehen, zu dem 7000 Zuschauer ins 500-Seelen-Örtchen strömten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Weil's so schön war: Der FCP streamt am Vatertag sein Spiel gegen 1860. Ein Teil der Einnahmen sollen dem Klub helfen.

Von Ralf Tögel, Pipinsried

Wenn man von Dachau aus auf der Staatsstraße 2050 Richtung Norden fährt, bekommt man die geballte Schönheit des Dachauer Hinterlands vor Augen geführt. Hat man Langenpettenbach passiert, säumen vorwiegend saftig grüne Wiesen und Felder, garniert durch ein paar Weiler und Einödhöfe, den Weg. Hat man dann die Wallfahrtskirche St. Wolfgang hinter sich gelassen, ist das Ziel ganz nah: Pipinsried. Das 500-Seelen-Dörfchen ist längst einem größeren Publikum bekannt, was vor allem am ortsansässige Fußballverein liegt und so manch skurriler Geschichte, die dieser in den 53 Jahren seines Bestehens geschrieben hat. Und natürlich am märchenhaften Aufstieg der Kicker, die derzeit auf dem besten Wege sind, in die bayerische Regionalliga zurückzukehren. 21 Punkte Vorsprung hat der ungeschlagene FCP, da die Mitte März unterbrochene Saison noch elf Spieltage vorsieht - und der Bayerische Fußball-Verband weiterhin beabsichtigt, diese noch sportlich zu beenden.

Viele jener skurrilen Geschichten haben mit Konrad Höß zu tun, dem Schöpfer des FC Pipinsried, Gründer, ewigen Präsidenten, Scout, Manager, Platzwart und Teamentwickler. Zuletzt erregte sein lautstarker Bruch mit der von ihm selbst installierten Nachfolgerriege vor zwei Jahren Aufsehen, seither ward Höß nicht mehr gesehen im schmucken, natürlich unter seiner Regie errichteten Pipinsrieder Stadion. Bis in die vierte Liga hatte er seinen Klub bis dahin geführt, wo dann am 5. Mai 2018 der TSV 1860 München der Gegner war, was wohl genügt, um die Qualität der Regionalliga Bayern einigermaßen plakativ einzuordnen.

Das Spiel beim FC Pipinsried sollte die Meisterschaft der Löwen und den ersten Schritt zur dritten Liga perfekt machen, was mit dem 3:0 auch gelang. Dennoch war diese Partie das bisherige - und schwer zu toppende - Highlight in der Vereinsgeschichte des FCP. 7000 Zuschauer ließen sich das 1860-Gastspiel nicht entgehen. Das Dorf musste sogar abgeriegelt werden, es gab Shuttlebusse, um einen Verkehrskollaps zu verhindern. Auf einem angrenzenden Feld wurde eine Naturtribüne für 5000 Fans errichtet.

Nun, da der allgemeine Pandemie-Stillstand auch Fußballvereine in finanzielle Schwierigkeiten bringt, sind alternative Geldquellen gefragt. Und der FCP beweist, dass er neben mancher Kuriosität auch zu Kreativität in der Lage ist, weshalb jene unvergessliche Partie, die fast genau zwei Jahre zurückliegt, "am 21. Mai ab 17 Uhr auf allen Kanälen des FC Pipinsried" gestreamt wird, wie Pressesprecher Hubert Fesl mitteilt, der sich passend zum Klub "Fred" rufen lässt (in Anlehnung auf den bayerischen Musikkabarettisten).

Für den virtuellen Stadionbesuch können bis zum Spielbeginn fiktive Eintrittskarten (von 1,96 bis 19,67 Euro) erworben werden. Und was ist ein Stadionbesuch ohne Bier und die legendäre Pipinsrieder Fischsemmel? Der halbe Spaß, weshalb auch die Verpflegung zum Preis von je drei Euro virtuell geordert werden kann. Wenn es auch nicht schmeckt, so unterstützt man damit doch zumindest den Klub und, das ist FCP-Geschäftsführer Uli Bergmann wichtig, einen guten Zweck: "Ein Teil der Einnahmen geht an das Franziskuswerk in Schönbrunn und an die Ulrichswerkstätten der CAB Caritas in Aichach." Bergmann hofft, dass mancher Fan auch auf der Homepage oder dem eigens eingerichteten Internetauftritt (www.fcp-1860-virtuell.com) herumstöbert und an dem ein oder anderen Fanartikel hängen bleibt. Wer die teuerste Karte kauft, nimmt an einer Trikotverlosung teil, das Verzehrticket wird beim nächsten realen Heimspiel mit einem Euro vergütet. Bisher sei die Idee gut angekommen, berichtet Bergmann, allein 100 VIP-Tickets und 40 Trikots seien über den virtuellen Ladentisch gegangen, "und noch ist ja Zeit bis Donnerstag". Einmal mehr zeige sich, wie bekannt der Dorfverein mittlerweile ist, denn es gab Bestellungen quer durch die Republik, unter anderem aus Kiel.

© SZ vom 20.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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