FC Pipinsried:Überspielt

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Nach seinem Platzverweis konnte Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler seine Mannschaft nur noch von der Seitenlinie anfeuern. Gegen Ingolstadt II war es bereits der dritte in der laufenden Saison. (Foto: Sven Leifer/imago/Foto2Press)

Die Hürzeler-Elf kämpft gegen Ingolstadt II aufopferungsvoll und führt zweimal. Doch ein spektakuläres Gegentor und ein Platzverweis besiegeln die 2:5-Niederlage.

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Schon möglich, dass der FC Pipinsried nur für eine Saison in der Regionalliga Bayern spielen wird, aktuell zumindest steht der Klub auf einem Abstiegs-Relegationsplatz. Doch die Partie am vergangenen Samstag war zumindest eine von jener Sorte, über die man in 20 Jahren im Vereinsheim noch reden wird, in etwa so: "Weißt du noch, damals, gegen Ingolstadt zwo, da ham's endlich die Führung geschossen, und dann hat der Kapitän von dene Ingolstädter postwendend den Ausgleich geschossen ..."

Co-Trainer Florian Dinser hat sich nach sechs Wochen schon wieder verabschiedet

Und zwar so postwendend, "dass es postwendender gar nicht geht", wie FCP-Pressesprecher Hubert Fesl nach diesem kuriosen Spiel feststellte. Albano Gashi war mit seinem Schuss in der 40. Minute direkt vom Anstoßpunkt ein Traumtor gelungen (), für den FC Pipinsried war es die postwendende Demütigung. Sie hatten sich abgearbeitet gegen den klaren Favoriten, sie hatten sich ein Übergewicht im Mittelfeld erspielt und es gab sogar Szenenapplaus vom nicht selten kritischen Pipinsrieder Publikum. Lange blieben zwar die Torabschlüsse zu ungenau, doch in der 39. Minute hatte Manuel Müller auch dieses Problem gelöst. Nach schönem Zuspiel von Arbnor Segashi stand Müller so nah vor dem Tor, dass er keine Mühe hatte, am gut postierten Ingolstädter Keeper Fabijan Buntic vorbei ins kurze Eck zu treffen. Was dann passierte, fand sogar Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler "sensationell, so was habe ich auch noch nicht erlebt". Seinem Torwart Thomas Reichlmayr, der beim Anstoßtor weit vor seinem Kasten stand, wollte er keinen Vorwurf machen. Dass der Keeper der gesamten Mannschaft leidtat, konnte man unmittelbar nach der Pause sehen, als Pipinsried die zweite Führung erzielte. Der lange verletzte Zugang Kasim Rabihic traf mit einem trockenen Schuss aus 20 Metern (49.). Zunächst bejubelte er seinen ersten Saisontreffer gar nicht, sondern drehte ab. Die Mitspieler folgten ihm, alle liefen zu Reichlmayr und umarmten ihn als aufmunternde Geste. "Der hat uns auch schon einige rausgeholt, darum sind wir auch zu ihm gegangen", sagte Torschütze Manuel Müller. "Zurück ins Tor!", schrie jemand von der Haupttribüne in Richtung Reichlmayr. Die Ingolstädter waren schon wieder drauf und dran, einen Anstoß auszuführen.

Nach dem zweiten Ausgleich wurde Reichlmayr nicht mehr umarmt. Er hatte eine scharfe Hereingabe nicht festhalten können, in der Mitte staubte Gianluca Rizzo ab (62.). Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass der Pipinsrieder Plan nicht aufgehen würde: "Wir sollten hoch pressen. Und das haben wir in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht", befand Müller. "Das schaffen wir aber nur eine Stunde, das halten wir einfach nicht durch", befand der Sportliche Leiter Roman Plesche. Bekanntlich trainiert Pipinsried nur zweimal die Woche und ist einem Ausbildungsteam konditionell zwangsläufig unterlegen. Pipinsried ist seit der vergangenen Woche übrigens auch ohne Co-Trainer: Florian Dinser habe Hürzeler nach nur sechs Wochen mitgeteilt, dass er zurücktreten möchte, angeblich aus zeitlich-beruflichen Gründen. Dinser hatte vor seinem Engagement in Pipinsried kein Traineramt inne gehabt.

Der Plan, diesmal als Teil einer Dreierkette aufzulaufen, dürfte deshalb allein in Hürzelers Kopf gereift sein. Lange sah das auch nach einer guten Idee aus: Der ehemalige 1860-Spieler stabilisierte die Abwehr, und seine berüchtigten, präzisen Chips über Gegenspieler hinweg in die freien Räume konnte er aus der Abwehrkette ebenso gut anbringen wie aus dem defensiven Mittelfeld. In der 66. Minute wurde aber klar, warum das dauerhaft vielleicht keine gute Idee ist: Der FCP-Spielertrainer verlor als letzter Mann ein Laufduell mit Rizzo, er musste im Strafraum grätschen, dann ertönte ein Pfiff: Elfmeter für Ingolstadt und Gelb-Rot für Hürzeler. Den Elfer verschoss Traumtorschütze Gashi zwar, doch in Unterzahl kassierte der FC noch drei weitere Treffer (76., 82., 90.+1). Bei beiden Verwarnungen, sagte Hürzeler später, habe er klar den Ball gespielt und kritisierte den Referee: "Er lag komplett daneben und hat so das Spiel mit entschieden." Auch an die Ingolstädter hatte Hürzeler eine Botschaft. Deren Spieler hätten sich nämlich "disziplinarisch nicht richtig benommen. Deshalb freuen meine Jungs und ich uns auf das Rückspiel." Was er meinte, sagte Hürzeler nicht, es klang aber nach Extramotivation, um dann über 90 Minuten durchzuhalten.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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