FC Pipinsried:Maßarbeit sieht anders aus

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Blick ins Grüne: Pipinsrieds Manuel Müller wird im Strafraum zu Fall gebracht, der Elfmeter bringt aber nicht die Führung. (Foto: Toni Heigl)

Christoph Burkhard verschießt einen Elfmeter, sein Team muss sich gegen Rosenheim mit 0:0 begnügen.

Von Gerhard Fischer, Pipinsried

Es gibt Fußballer, die eine Niederlage oder einen Fehler schnell vergessen: duschen, Stöpsel ins Ohr, Musik hören, an ein neues Tattoo denken. Christoph Burkhard hat keine sichtbaren Tattoos und keinen auffälligen Undercut, er ist höflich und zurückhaltend, und er nimmt sich Fehler offenbar zu Herzen. Der 33-Jährige verschoss gegen den TSV 1860 Rosenheim einen Elfer, sein FC Pipinsried musste sich mit einem 0:0 bescheiden, und Burkhard stand nach dem Spiel enttäuscht vor dem Sportheim, sein kleines Kind auf dem Arm. Gesichtsausdruck und Körperhaltung signalisierten: Sorry, Leute. Ich hätte das mit dem Elfmeter viel besser machen können. Mea culpa.

Pipinsried hat eine lausige Heimbilanz; erst zwei Siege gelangen der Elf um Spielertrainer Fabian Hürzeler auf dem gepflegten Rasen an der Reichertshausener Straße. Der Verdacht liegt nahe, dass es dem FCP schwer fällt, das Spiel zu machen, wenn sich Gäste-Teams verschanzen. Rosenheims Trainer Tobias Strobl weiß das, immerhin hat er früher selbst in Pipinsried gespielt. Also sagte Strobl seinen Männern vor dem Spiel, sie sollten "tief stehen" und auf Fehler warten, die der zur Gestaltung gezwungene Gastgeber machen würde. Nach dem Spiel sagte Strobl dann grinsend, seine Spieler hätten ihn wohl missverstanden: Sooooo tief hätten sie dann doch nicht stehen sollen. Sie verließen vor der Pause ja kaum die eigene Hälfte.

Die Pipinsrieder kombinierten gut und setzten jeden Ball führenden Rosenheimer sofort unter Druck. Die Gäste versuchten es bloß mit langen Bällen, und bei Standards rückten furchterregend große Abwehrspieler in den Pipinsrieder Strafraum vor, sie hießen Zant und Denz, und man war geneigt, von 1860 Riesenheim zu sprechen anstatt von 1860 Rosenheim. Gefährlich waren sie aber nicht.

Und so hätte Pipinsried eigentlich führen müssen, aber die beste Chance vergab eben jener schuldbewusste Christoph Burkhard, der im Sommer mit dem Ruf eines Standard-Riesen von Burghausen nach Pipinsried gekommen war. Mehr als 30 Tore hatte Burkhard in Burghausen erzielt, die meisten waren Freistöße und Elfmeter. Am Samstag war diese Kunst in Pipinsried gefragt, weil FCP-Angreifer Manuel Müller im Rosenheimer Strafraum über das Bein von Riese Denz gestolpert war (7. Minute). Der Schiri pfiff, Burkhard legte sich den Ball auf den Kalkflecken im Strafraum - und schoss links vorbei; es war schreckensstill im Stadion, bloß ein Knall war zu hören, als der Ball gegen die Bande neben dem Tor krachte. Auf der Bande wirbt eine Schreinerwerkstatt. Maßarbeit sieht aber anders aus als dieser Elfer von Burkhard.

"Wenn wir da in Führung gehen, sieht das Spiel vielleicht komplett anders aus", sagte Spielertrainer Hürzeler nach dem Spiel bei der Pressekonferenz im Sportheim. Vielleicht. Womöglich. Eventuell. Kann sein.

Spielertrainer Hürzeler sah die zehnte gelbe Karte und fehlt am Dienstag gegen Nürnberg

Fakt ist: Pipinsried steckte das Burkhardsche Elfer-Malheur prima weg und machte, so Hürzeler, lange Zeit ein "sehr, sehr gutes Spiel". Der Fluch dieser sehr, sehr guten, aber auch kraftraubenden Taten war, dass die Pipinsrieder später stark nachließen, weil die Energie irgendwann verbraucht war. "Da haben die Körner gefehlt", sagte Fabian Hürzeler im Sportheim wortgleich mit Christoph Burkhard vor dem Sportheim.

Der FC Pipinsried verlor in der zweiten Halbzeit, die mit dem dörflichen Glockengeläut um Punkt 15 Uhr angepfiffen wurde, seine Stabilität und Ordnung. Auch Torwart Thomas Reichlmayr und Co-Trainer Marco Krammel, die das Team in der ersten Hälfte mit lautstarken Kommandos strukturiert hatten, drangen nicht mehr zu den Spielern durch (wobei diese Kommandos nicht immer hilfreich waren - einmal rief Krammel dem Spieler Lushi in einer Szene zwei konträre Anweisungen zu: "Zeit" und "schneller"). Es waren nun andere Laute zu hören, aber diese konnten nicht allen gefallen, nicht dem real existierenden Adressaten und nicht dem fiktiven Teamgeist: Kasim Rabihic etwa verlor den Ball und beschimpfte anschließend reichlich rabiat den Kameraden Manuel Müller, weil der ihn für den Ballverlust kritisiert hatte.

Der TSV 1860 Rosenheim brauchte lange, ehe er mehr zu bieten hatte als lange Bälle und lange Kerle bei Standard-Situationen. Der eingewechselte Korbinian Linner schoss einmal wuchtig ans Außennetz (71.) und einmal schludrig links vorbei (78.), und der FC Pipinsried konnte am Ende zufrieden sein mit dem Remis gegen die Rosenheimer Remiskönige (zwölf Unentschieden in 29 Spielen).

Pipinsried spielt schon am Dienstag wieder, diesmal daheim gegen den 1. FC Nürnberg II. Spielertrainer Fabian Hürzeler wird fehlen, denn er sah gegen Rosenheim die zehnte gelbe Karte. Er wird sich darüber ärgern.

© SZ vom 09.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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