FC Pipinsried:Auf der Suche nach sich selbst

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Erst mit Sololäufen, dann als Kombinationsspieler: Pipinsrieds Zugang Marian Knecht überzeugt gegen Burghausen und erzielt einen Treffer. (Foto: Niels P. Joergensen)

Wegen zahlreicher Ausfälle muss Pipinsried gegen Burghausen improvisieren und wirkt beim 1:2 verunsichert.

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Am Hang gegenüber, wo elf Wochen zuvor noch 5000 Fußballfans des TSV 1860 München standen, dicht an dicht gedrängt wie die Maishalme, da standen nun - Maishalme. Meterhoch und zehntausendfach, als ob nichts gewesen wäre. Im Vereinsheim haben sie an die Pinnwand mehrere Briefe gehängt, Danksagungen für das Fußballfest aus der vergangenen Saison. Darunter von 1860 München selbst, auch Politiker haben geschrieben, die Texte sind teilweise handgeschrieben und von rührendem Inhalt. Passenderweise hatten die Gastgeber am bedeutendsten Tag ihrer Vereinsgeschichte auch noch den Regionalliga-Verbleib feiern können.

Beim ersten Heimspiel der neuen Saison erinnerte nicht mehr viel an jene Zeit, die ja noch gar nicht so lange zurückliegt. Gegen Wacker Burghausen standen nur vier Spieler auf dem Feld (also: dem Spielfeld), die Anfang Mai auch schon dabei waren, einige sind noch verletzt. Die Abwehr war im Jahr nach dem Aufstieg der Mannschaftsteil, der am besten funktionierte. Jetzt wirkten mehrere Spieler verunsichert, was freilich auch daran lag, dass nur ein gelernter Verteidiger auf dem Feld stand. Nach 21 Minuten führten die Gäste aus Burghausen schon 2:0, am Ende stand es 1:2 aus Pipinsrieder Sicht. Beim ersten Gegentor hatte Zugang Riccardo Basta kein gutes Stellungsspiel gezeigt (13.). Er war kurzfristig in die Mannschaft gerückt, weil sich Maximilian Zischler beim Aufwärmen verletzt hatte. Beim zweiten Gegentor hatte Michael Denz seinen Gegenspieler Julien Richter nahe der Mittellinie einfach angeschossen. Dieser sprintete dann mit dem Ball zum 2:0. Es kam in der ersten Halbzeit häufiger vor, dass Pipinsrieder ihre Burghauser Gegenspieler anschossen, ein Indiz für Ratlosigkeit. "Sie haben unsere individuellen Fehler gut ausgenutzt", resümierte später Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler. Sein aus vielen Zugängen zusammengewürfeltes Team wirkte hingegen, als müsse es sich erst noch finden.

Der 25-jährige Hürzeler war eigentlich ebenfalls angeschlagen, hatte sich aber wegen der Personalnot durchgebissen, wie er später bestätigte. Ungefährlich war das nicht, vor allem dann nicht, als auf der Seite der Burghauser nach einer guten Stunde Sascha Marinkovic eingewechselt wurde. Für den Offensivspieler war es das erste Spiel seit seiner Verletzung im April - und die hatte ihm Hürzeler zugefügt. Einmal senste Marinkovic den Kontrahenten dann auch um und sah dafür Gelb (73.). Hürzeler brüllte laut, stand aber schnell wieder auf und flüsterte dem Unparteiischen etwas ins Ohr.

"Entweder sie kommen bald zurück, oder wir werden auf dem Transfermarkt noch etwas tun."

In der Zwischenzeit hatte seine Mannschaft es überraschenderweise geschafft, sich auf der Suche nach sich selbst gelegentlich zu finden. Man habe in der Pause ein wenig umgestellt, erklärte Hürzeler, die Kontergefahr seitens der Gäste schien damit gebannt. "Wir hätten vorher den Sack zumachen müssen", urteilte Burghausens Trainer Wolfgang Schellenberg. Der ehemalige 1860-Nachwuchsleiter ist nach einem halben Jahr bei Union Berlin zurück in Bayern, sein Team steht aktuell gemeinsam mit Bayern München II und Schweinfurt an der Tabellenspitze.

Beinahe hätte Wacker in Pipinsried noch zwei Punkte verloren, die Gastgeber kamen auf. Zunächst vor allem dank der Sololäufe des neuen Angreifers Marian Knecht, später immer mehr mit Kombinationsspiel. Dabei tat sich vor allem Zugang Amar Cekic hervor, der in der Vorbereitung schon gute Leistungen gezeigt hatte, in der ersten Halbzeit allerdings unauffällig geblieben war. In der 71. Minute war es dann Knecht, der das erste Pipinsrieder Tor der Saison schoss (der Treffer beim 1:5 zum Auftakt gegen Greuther Fürth II war als Eigentor gewertet worden): Cekic bediente Knecht mit einem Steilpass, der umkurvte Torwart Franco Flückinger und schob ein. "Das 0:1 geht auch auf meine Kappe", sagte Knecht dann etwas überraschend - im Mittelfeld habe man sich nicht an Ansprachen gehalten, wodurch die Torchance des Gegners erst entstanden sei.

Eigentlich kam sein Treffer noch rechtzeitig für eine Aufholjagd (71.), doch diese blieb aus. Immerhin konnte Knecht nach dem Spiel sagen, dass man auf die zweite Halbzeit aufbauen könne. "Ich sehe einen Anpassungsprozess", fand auch Hürzeler. Allerdings dürfte von den verletzten und verhinderten Spielern erst einmal niemand zurückkehren, zumindest nicht für das wichtige Auswärtsspiel an diesem Dienstag beim VfB Eichstätt (18.30 Uhr). "Entweder sie kommen bald zurück, oder wir werden auf dem Transfermarkt noch etwas tun", sagte Hürzeler.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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