FC Pipinsried:Alleiniger Chef

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Der Ex-Löwe Burkhard behält bei der 0:3-Niederlage im Grünwalder Stadion gegen den TSV 1860 als einziger Pipinsrieder die Nerven

Von Christoph Leischwitz, München

Nach dem Schlusspfiff ging Christoph Burkhard erst mal nicht in die Kabine. Erst holte er sich Umarmungen und Schulterklopfer von vielen alten Bekannten ab. Sensationell sei das, sagte Burkhard. Er selbst habe ja "einige Jahre" hier gespielt, erinnerte der 32-jährige an seine Zeit im Grünwalder Stadion. 147 Spiele waren es insgesamt für die zweite Mannschaft des TSV 1860 München, 14 in der zweiten Liga für die Profis. Aber gegen die erste Mannschaft der Löwen vor 12 500 Zuschauern noch einmal auf Giesings Höhen anzutreten, das war dann auch für ihn etwas Besonderes. "Das gibt's sonst nirgendwo. Das habe ich weder in Burghausen noch in einem anderen Stadion erlebt", sagte Burkhard nach dem Flutlichtspiel am Freitagabend.

Der ehemalige Profi lässt nach neun Jahren bei den Löwen und acht Jahren bei Wacker Burghausen seine lange Karriere nahe der Heimat Aichach beim FC Pipinsried in der Regionalliga ausklingen. Doch der Routinier war so ziemlich der einzige Pipinsrieder, der die oft gerühmte Akustik im Grünwalder Stadion irgendwie auch genießen konnte. Die Mannschaft war beim 0:3 (0:2) erwartungsgemäß so gut wie chancenlos geblieben, und der Grund dafür war laut Spielertrainer Fabian Hürzeler, dass seine Mannschaft sich vor dieser Kulisse "eingeschissen" habe. Ja, Hürzeler war sauer. Ein bisschen wohl auch auf sich selbst. Drei Tage zuvor im Spiel gegen Schalding-Heining (1:1) hatte der 24-Jährige eine unnötige gelbe Karte gesehen und war deshalb gesperrt. "Es hätte sicher geholfen, wenn ich gespielt hätte", sagte er auf die Frage, ob er sich nach dem Spiel mehr über seine Sperre geärgert habe als vor dem Anpfiff. Zu allem Überfluss hatte auch noch der flinke Kapitän Thomas Berger gefehlt - der Plan für seine Flitterwochen stand bereits fest, bevor die Pipinsrieder wussten, wann sie gegen 1860 spielen würden.

Gegen den FC Bayern II war ein überraschender 1:0-Erfolg gelungen. Doch diesmal hatte der FC einfach zu wenige Spieler auf dem Feld, die das über die Ohren aufgenommene Spektakel zwischen den Ohren angemessen verarbeiten konnten, um so gegen den Tabellenführer zumindest für ein paar Minuten mit erhobenen Häuptern zu agieren. Das klappte nicht einmal eine Minute, dann hatte Nico Andermatt völlig freistehend das 1:0 für Sechzig geköpfelt.

Burkhard unternahm alles, was man als einsamer Chef machen kann. Er versuchte es mit Fernschüssen, er trat alle Freistöße und ging dabei mit seiner Schusstechnik großes Risiko ein, weil sich ja sonst kaum Chancen boten. Was nicht bedeutete, dass alle Pipinsrieder schlecht spielten. Der junge Innenverteidiger Luis Grassow wehrte sich trotz seines Eigentors zum 0:2 redlich gegen Sascha Mölders, Kasim Rabihic machte nach Verletzungspause ein passables Debüt. Wohl kein Zufall, dass ausgerechnet ihm der Lärm wenig ausmachte: Nach seiner Ausbildung bei 1860 spielte er zuletzt ein Jahr für Rot-Weiss Essen. Zuschauerschnitt: knapp 8000.

Zahlreiche Pipinsrieder Fans waren nach München gefahren, nur der Präsident weilte nicht unter den Zuschauern. Konrad Höß ist bei Auswärtsspielen fast nie dabei, er machte auch bei dieser Partie keine Ausnahme, die eigentlich die Krönung der 50-jährigen Vereinsgeschichte darstellt. Das passte ins Bild: Außer Christoph Burkhard fehlten an diesem Abend alles Chefs.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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