FC Ismaning:Ein bisschen heldenhaft

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Ball und Gegner unter Kontrolle: Ismanings David Tomasevic überspringt Rains Marko Cosic, der FC springt auf Rang 13. (Foto: Robert Haas)

Die Mannschaft von Trainer Rainer Elfinger verlässt nach dem 1:0 gegen den Vierten TSV Rain die Relegationsränge.

Von Gerhard Fischer, Ismaning

Neulich, im Fernsehen, wurden die Spieler eines Drittligisten als "Helden" bezeichnet - weil sie gegen die Mannschaft eines besser platzierten Drittligisten gewonnen hatten. Geht's noch? Helden sind Pflegekräfte, Ärzte ohne Grenzen, Widerstandskämpfer im Dritten Reich. Und wenn es schon Helden im Fußball geben soll, dann sind es die standhaften Schiedsrichter im Amateurfußball. Sie werden von Fans beschimpft und bedroht, bloß weil die Mannschaft der Schimpfer und Droher kein Tor zustande kriegt.

Mijo Stijepic versteht sein Handwerk - natürlich schießt der Stürmer den Ball ins Tor

Am Samstag drängte der TSV Rain/Lech in der Schlussphase beim FC Ismaning auf den Ausgleich. Er gelang nicht, weil die Rainer schlecht zielten oder FCI-Torwart Sebastian Fritz im Wege stand. Aber schuld waren nicht die Stürmer oder der Schlussmann, schuld war - in den Augen der Rainer Fans - Schiedsrichter Sven Laumer, weil er angeblich gegen die Gäste pfiff. Ob die Schimpferei nun schlimmer oder schöner war, weil sie in der schwäbischen Sprachfärbung der angereisten Rainer Fans vorgetragen wurde, ist dem ästhetischen Empfinden jedes einzelnen Ohrenzeugen überlassen. Gewaltfreie Kommunikation sieht aber in jedem Fall anders aus.

Ismanings Trainer Rainer Elfinger hatte nach dem 1:0-Sieg gegen den Vierten nichts zu schimpfen. Er lobte die disziplinierte Darbietung seiner Elf - sie habe den Gegner, der im Spielaufbau Defizite habe, bewusst kommen lassen; und er freute sich, dass Ismaning die Relegationsplätze (jene nach unten) verlassen konnte. "Der Sieg war eminent wichtig", sagte er, "vor allem, wenn man bedenkt, dass unsere Konkurrenten Wolfratshausen und Kornburg überraschend gepunktet haben."

Ein bisschen heldenhaft war es, dass die Ismaninger bei dieser garstigen Kälte mit kurzen Trikots aufgelaufen sind - normalerweise wird so ein Verhalten von den Fans als männlich-hart goutiert. Doch diesmal zeigte sich ein Zuschauer besorgt. "Warum spielt ihr nicht mit langärmeligen Trikots?", fragte er die Spieler, die sich vor der Partie zum Einlaufen aufstellten. "Wir haben keine", entgegnete ein Kicker in kurzen Ärmeln.

Überhaupt die Ausrüstung: Einige Rainer Spieler hatten auf dem Kunstrasen im Ismaninger Sportpark Stollenschuhe gewählt, was so sinnvoll war wie Nilpferden Rollschuhe unterzuschnüren. Sie rutschten weg, etwa Andreas Götz und Maximilian Käser, die danach rasch an den Spielfeldrand eilten, um die besser geeigneten, knallig-orangen Noppenschuhe anzuziehen. Rain hatte dann die erste Chance des Spiels: Marko Cosic zirkelte einen Freistoß Richtung Tordreieck, doch Fritz hob ab und lenkte die Kugel zur Ecke (15.). "Den hat er gut gehalten", sagte sein Trainer hernach, "aber den muss er auch halten".

Es war, als hätten sich die Teams darauf geeinigt, viertelstündlich eine Glanzleistung zu bieten. Nach 30 Minuten war Ismaning dran, und es sollte der Höhepunkt des ganzen Spiels werden: Nils Ehret, als Innenverteidiger souverän, spielt einen sauberen Pass in die Tiefe. Manuel Ring bugsiert den gut aufgelegten Ball an den Körper von Keeper Kevin Maschke. Von dort springt die Kugel Mijo Stijepic vor die Füße. Das muss ein Treffer werden. Er steht frei. Das Tor ist leer. Stijepic ist Stürmer, er versteht sein Handwerk - würde er nicht treffen, wäre das so, als würde ein Bauer keine Kuh mehr melken oder ein Schuster keinen Schuh mehr kleben können. Natürlich schießt Stijepic den Ball ins Tor.

Ismaning wirkte nun stabiler und zielstrebiger - eine Führung im Fußball gibt eben meistens Sicherheit. Andererseits verängstigt ein Rückstand, und das sah man an zwei Aktionen der Gäste kurz vor der Pause, erst von Marco Friedl, dann von Marko Cosic. Friedl war am rechten Flügel frei, wollte am Strafraumeck zur Mitte passen - schoss sich aber ans Standbein und der Ball flog hinters Tor. Cosic tauchte vor Tormann Sebastian Fritz auf, der sich dem Gästekicker mit ausgebreiteten Armen und ausgestreckten Beinen entgegenstellte wie ein Handballtorwart - wie früher sein Namensvetter, der Nationalkeeper Henning Fritz. Es half: Cosic, unter Druck gesetzt, hob den Ball weit übers Tor.

Nach der Pause rettete Fritz häufig mit dem Fuß - indem er weit aus dem Tor eilte wie Manuel Neuer. Oder indem er, bei der besten Chance der drängenden Rainer, mit einer Fußabwehr gegen den durchgebrochenen Käser klärte (88.).

Gut, Schiedsrichter Laumer hätte vielleicht mal die gelbe Karte zücken können gegen die hingebungsvoll, aber auch hart verteidigenden Ismaninger; vielleicht hätte er auch einen Elfer geben können, als Käser am Trikot gezogen wurde. Aber er war ganz gewiss nicht verantwortlich dafür, dass die zu spät erwachten Gäste mit leeren Händen nach Hause fahren mussten.

Übrigens, Laumer stammt aus Nürnberg. Ein erboster Rainer Fan hatte ihm in der Schlussphase zugerufen, er sei doch aus Ismaning, so sehr begünstige er die Gastgeber. Ein Ismaninger Ersatzspieler hatte trocken entgegnet: "Nein, er kommt aus Unterföhring". Die Ismaninger waren an diesem Tag in jeder Hinsicht gut aufgelegt.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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