FC-Bayern-Basketballer:Sie wollen nur spielen

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Dank ihrer jüngsten Erfolge zeichnet die Basketballer des FC Bayern eine gewisse Leichtigkeit aus. Nun kommt in Moskau der bisher stärkste Euroleague-Gegner.

Von Ralf Tögel, München

Wenn man dieser Tage den Basketballern des FC Bayern München ein bisschen beim Üben zusieht, kann man eine Beschwingtheit erkennen. Es wird konzentriert gearbeitet, gewiss, aber "es ist alles viel leichter, wenn man ein gutes Selbstvertrauen hat", sagt Leon Radosevic. Es laufe gerade rund, fügt er an, "aber wir müssen trotz allem Selbstbewusstsein auf dem Boden bleiben". Maodo Lo hält sich kürzer: "Alles gut." Er grinst, denn er meint nicht nur seinen physischen Zustand, er fühle sich insgesamt gerade richtig wohl in seiner Haut. Die Stadt, das Team, der Klub - alles passt. Natürlich gilt das auch für die Ergebnisse, ein nicht ganz unerheblicher Faktor für das Wohlbefinden eines Basketballprofis, der sein Geld beim FC Bayern München verdient. Als auch noch Dejan Radonjic einen Scherz macht, darf als gesichert gelten, dass hier ein Team zu Werke geht, dem man einiges zutrauen darf. Zum Beispiel einen Sieg gegen ZSKA Moskau, ein Gegner, den man vor ein paar Wochen noch in anderen Sphären als die Münchner verorten musste. Wie wichtig die Teamchemie denn sei, wird Radonjic gefragt, ein eher nüchterner Vertreter seines Faches: "Na ja", sagt er, "wichtiger als im Tennis."

Am Freitagabend nun gastiert der ehemalige Moskauer Armeeverein in München, der zwar nicht mehr von Väterchen Staat, dafür aber von einem komplexen Firmengeflecht subventioniert wird, was nicht weniger üppig ausfallen dürfte. Eine gewisse Leichtigkeit könnte den Bayern in der Tat nicht schaden, denn der russische Klub zählt nach wie vor zu den allerersten Adressen im europäischen Basketball. Entsprechend liest sich die Liste an Erfolgen: In den vergangenen 16 Spielzeiten erreichte der russische Serienmeister bis auf eine Ausnahme immer das Euroleague-Final-Four, wurde dreimal Champion und ebenso oft Zweiter. Im vergangenen Jahr war im Halbfinale gegen den späteren Sieger Real Madrid Schluss, was im Klub als herbe Enttäuschung wahrgenommen wurde, die nach einer Besserung verlangt.

Dafür steht Trainer Dimitris Itoudis nahezu die selbe Besetzung wie im Vorjahr zur Verfügung, deren Namen sich nicht weniger beeindruckend lesen. Nando de Colo und Sergio Rodriguez sind Spielmacher von höchster europäischer Güte, Rodriguez, der als bestbezahlter Spieler des Kontinents gilt, hat wie Kollege Cory Higgins reichlich Erfahrung in der NBA gesammelt. Und wer in dieser Ansammlung an Extrakönnern nicht über eine Vergangenheit in der weltbesten Profiliga verfügt, kann mit kontinentalen Titeln dienen: Kyle Hines, Othello Hunter oder Nikita Kurbanov haben die Euroleague bereits gewonnen. Ergänzt wurde das edle Ensemble um Daniel Hackett, der in der vergangenen Saison in Bamberg seine außerordentlichen Guard-Qualitäten zur Schau trug, Lo und Radosevic treffen also auf einen ehemaligen Mitspieler. "Das ist immer schön", sagt Münchens Spielmacher, der noch einige ehemalige Teamkollegen treffen wird, denn einige ehemalige Bamberger haben neue Arbeitgeber in der Euroleague. Im Kräftemessen mit den Russen sieht Lo sogar eine erste Standortbestimmung.

"Wenn wir so weiterspielen wie in den beiden letzten Partien, stehen wir auf dem selben Level."

Denn nach dem missglückten Start und der krachenden Heimniederlage gegen Efes Istanbul hat sich der deutsche Meister diesem exponierten Spielniveau sukzessive angenähert, sah selbst bei den Auswärtsniederlagen in Barcelona und beim letztjährigen Finalist Fenerbahce Istanbul gut aus. Zuletzt wurde Darussafaka Istanbul mit einer ehrabschneidenden 70:116-Pleite zurück an den Bosporus geschickt, was reichlich Selbstbewusstsein in die FCB-Akteure gepumpt hat. "Moskau gehört zu den Top Vier in der Euroleague, aber wenn wir so weiterspielen wie in den beiden letzten Partien, stehen wir auf dem selben Level", glaubt Radosevic. Der Center hatte einen schweren Start in München, ihm machten in den vergangenen Wochen Krankheiten und der Rücken zu schaffen. Er verpasste viele Trainingseinheiten und ein paar Spiele, findet aber zusehends "in die Spur zurück", wie er sagt. Auch seine Erfahrung helfe ihm in so einer negativen Phase, sagt der 28-Jährige, so schnell lasse er sich nicht mehr nach unten ziehen.

Kollege Lo ist da schon einen Schritt weiter. Eine Eingewöhnung ist nie einfach, erinnert er sich, besonders wenn "der Kern eines Teams schon zusammen ist". Zudem plagte sich Lo den ganzen Sommer bis in die Saison hinein mit einer hartnäckigen Fußverletzung. Doch die "ist jetzt ausgeheilt", sagt er vergnügt, es gehe ihm blendend. Was im Übrigen auch für sein Spiel gilt, seit Wochen zeigt er famose Auftritte als Point Guard, die Konkurrenz zu Spielmacher Stefan Jovic, der Nummer eins im Team, scheint ihn zu beflügeln. "Konkurrenz ist das falsche Wort", sagt Lo, "wir ergänzen uns." Das gelte im Übrigen für das gesamte Kollektiv: "Wir waren zu Saisonbeginn einfach nicht eingespielt." Nun finde man "mehr und mehr zusammen", sagt Lo. Vor allem defensiv werde deutlich aggressiver gespielt. Und es sei "Luft nach oben", so Lo, Radosevic ergänzt: "Wir haben die Qualität, weiter nach oben zu kommen."

Dann wollen sie endlich los, die Kollegen warten schon, sie wollen trainieren - und spielen.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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