Eishockey:Wumms im Namen

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Cole Gunner, 24, Amerikaner aus Minnesota, spielte die vergangenen vier Jahre für das Team der Air Force Academy in der College-Liga NCAA. (Foto: Hartmut Pöstges)

Klostersee verspricht sich von Cole Gunner viele Tore. Sein Trainer bittet um Geduld

Von Maximilian Ferstl, Regensburg/München

Als der Spieler mit der Nummer 22 dicht an der Bande vorbei gleitet, ist der Name auf dem Trikotrücken gut zu lesen: GUNNER. Ein Herr mit Schnurrbart, der in der Regensburger Donauarena weit oben sitzt, schaut der Nummer 22 hinterher. Sein Schal weist ihn als Anhänger des EV Regensburg aus, er murmelt: "Gunner?! Starker Name." Das englische Wort gunner bedeutet "Schütze" oder "Kanonier".

Cole Gunner, 24, spielt seit dieser Saison in der Eishockey-Oberliga für den EHC Klostersee. Der Amerikaner ist, was sonst, Stürmer. In der College-Liga NCAA schoss er vergangene Saison für die Air Force Academy 21 Tore in 41 Spielen. Gunner schaut grimmig drein, das Gesicht verschanzt hinter einem Fünftagebart. Der Name sei eine Geschichte wert, findet der Reporter einer örtlichen Zeitung. Die Nummer 22 fällt auf, da hat das Spiel zwischen dem EV Regensburg und Klostersee noch gar nicht begonnen.

Als es losgeht, ist von Gunner plötzlich keine Rede mehr. Regensburg wirbelt Klostersees Abwehr durcheinander. Der Schnauzbart mit dem EVR-Schal springt sechs Mal jubelnd von seinem Sitz auf, der Reporter notiert einen perfekten Saisonstart für die Regensburger: 6:2.

Und Gunner? Tritt ein paar Mal an, spielt zwei gefährliche Querpässe und fällt ansonsten nicht weiter auf. Bis zur 54. Minute. Klostersee drückt in Überzahl auf das Regensburger Tor. Gunner stibitzt den Puck aus dem Getümmel, schießt und trifft. Der Jubel hält sich in Grenzen: Es ist das 2:6.

Dem Neuling fehlt offensichtlich die Bindung zum Spiel. Er brauche noch Zeit, sagt EHC-Trainer Andzejs Mitkevics. Erst vor zwei Wochen ist Gunner zum Team gestoßen, der Wechsel hat sich gezogen. "Irgendwas war mit der Freigabe von der Air Force", meint Mitkevics vage. Er habe das Problem auch nicht recht verstanden. Aber nun ist Gunner ja da. Und hat am Wochenende zwei Tore geschossen; eins in Regensburg und eins bei der 5:6-Heimniederlage gegen Peiting. "Offensive Fähigkeiten" bescheinigt ihm Mitkevics: "Er ist ein Torjäger." Der EHC-Trainer öffnet die Kabinentür. "Ich schick ihn gleich raus."

Die Tür fällt ins Schloss und geht sofort wieder auf. Heraus tritt Cole Gunner, der Kanonier, der ehemalige Air-Force-Spieler, der Torjäger, 1,75 Meter groß. Wirkte auf den Fotos größer. Kräftiger Händedruck: "Hi, ich bin Cole." Etwas seltsam, wenn sich einer mit Vornamen vorstellt, um dessen Nachnamen zuvor so viel Aufhebens gemacht wurde.

Cole Gunner lacht, den grimmigen Blick hat er auf dem Eis gelassen: "Egal wo ich hinkomme, überall wird über den Namen geredet." Seine Mitspieler rufen ihn The Gun, sie haben den Schützen zur Waffe gemacht. Ein Name kann eine Visitenkarte sein, er kann aber auch irreführen. Gunner schießt nämlich gar nicht so gern. "Ich spiele oft ab. Auch, wenn ich eigentlich selber schießen müsste." Vergangene Saison bereitete er 25 Tore vor.

In der Oberliga darf jede Mannschaft mit zwei Spielern antreten, die unter das Ausländerkontingent fallen. Von Stürmern wird erwartet, dass sie viele Tore schießen. Gunner hat in zwei Spielen zwei Treffer erzielt und einen weiteren aufgelegt. Trotzdem sagt er: "Mein gesamtes Spiel muss sich verbessern. Ich habe noch viel Arbeit vor mir." Er stehe schließlich erst seit zwei Wochen auf dem Eis. Gunner muss sich erst zurechtfinden in dieser neuen Mannschaft, in diesem fremden Land. Es ist ein Prozess.

Ein Amerikaner, der bisher nur in Amerika spielte, muss sich umstellen, wenn er nach Europa kommt. "Das Spiel ist hier komplett anders", sagt Gunner, "schwer zu erklären." Es hängt wohl mit der Eisfläche zusammen, die in seiner Heimat kleiner ist. Das Spiel ist dadurch schneller. "In Deutschland bekommt man mehr Platz und Zeit." Gunner will schnell lernen, wie dieses europäische Eishockey funktioniert. Raphael Kaefer und Kapitän Gert Acker, Gunners Partner in der ersten Grafinger Sturmreihe, würden ihm dabei sehr helfen. Auch der Deutsch-Kanadier Anthony Ast, ein weiterer Zugang, der dolmetschen kann.

Gunner stammt aus Richfield/Minnesota. Er findet Deutschland "sehr sauber" und die Menschen "sehr nett". Die hiesige Kultur hat ihn bereits angeweht. Lederhose und Oktoberfest sind für den Amerikaner eine große Sache. In Grafing hofft man, dass er sich schnell einlebt. Die Verteidigung ist mit zwölf Gegentreffern bislang keine Festung. Mitkevics glaubt, dass die Stärken seiner Mannschaft eher im Angriff liegen. Nicht zuletzt wegen Cole Gunner, dem Stürmer mit dem sprechenden Namen.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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