Eishockey:Schmutzeleien im Ratten-Nest

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Der EHC München entscheidet das Duell gegen Köln in der Verlängerung für sich. Für Wirbel sorgt der von München nach Köln gewechselte Steve Pinizzotto.

Von Christian Bernhard, München

Eigentlich war vieles wie immer. Die Tür zur Strafbank der Münchner Olympia-Eishalle öffnete sich, und hinein trat Steve Pinizzotto. Anders als die meisten Eishockeyspieler saß der Stürmer die zwei Minuten aber nicht einfach so ab, sondern schlug zwischendurch seinen Schläger gegen das Plexiglas und öffnete während einer Spielunterbrechung sogar die Tür, um dem Schiedsrichter stehend ein paar energische Worte mitzugeben. Und doch war es diesmal anders. Pinizzotto trug nicht das blaue Trikot des EHC Red Bull München, sondern das weiße der Kölner Haie. Der sechste Spieltag der Deutschen Eishockey Liga (DEL) stand am Sonntagnachmittag auch im Zeichen Pinizzottos, der nach drei Jahren und drei Titeln mit dem EHC erstmals als Gegner nach München kam. Den Münchner 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen die Haie konnte aber auch er nicht verhindern.

EHC-Trainer Don Jackson hatte am Freitag nach der 1:2-Heimniederlage gegen Krefeld erklärt, die Partie gegen den großen Ex sei wie jede andere auch. Auf Pinizzotto traf diese Einordnung nicht zu. In einem Interview mit der Abendzeitung erklärte der Angreifer, dass er in München auf "einige meiner Lieblingsfeinde" treffen werde, auf die er sich freue, "aber auf eine andere Art." Pinizzotto erzählte, dass es in München Zeiten gegeben habe, in denen er fast den Spaß am Eishockey verloren habe. Das lag anscheinend auch an Jackson: "Trainer Don Jackson und ich sind sicher nicht herausragend miteinander ausgekommen", berichtete er. "Es gab in den drei Jahren immer wieder Situationen, in denen man das merken konnte." Jacksons Antwort am Sonntag: "Es wäre das erste Mal, dass ich einen Spieler so was sagen höre." Dann lachte der Rekordmeistermacher. Zuvor hatte er Pinizzottos "Fitness-Probleme" zu EHC-Zeiten thematisiert.

Wer zuletzt lacht: Patrick Hager (Mitte) freut sich mit Frank Mauer und Yannic Seidenberg (v.l.) über zwei Punkte gegen Köln. (Foto: imago/Eibner)

Pinizzotto gefiel auch die Art und Weise nicht, wie seine Zeit beim EHC endete. Dass sein Vertrag nicht verlängert wurde, gehöre zum Profi-Geschäft. "Nur soll bitte keiner erzählen, dass man mir die Entscheidung ins Gesicht gesagt hätte, dazu brachte keiner den Mut auf." Obwohl er auch davon sprach, in München auf einige seiner besten Freunde zu treffen, postete Pinizzotto vor dem Abflug aus Köln auf Instagram ein Bild mit der Destination München und dem Satz: "Ab ins Ratten-Nest."

Deutliche Worte hatte es nach zwei Niederlagen in Serie auch von Münchner Seite gegeben. Maximilian Kastner forderte vor dem Köln-Spiel eine "180-Grad-Drehung", denn "wir spielen zurzeit Katastrophe." Patrick Hager beklagte mangelnden Zug zum Tor: "Du kannst nicht viel gewinnen, wenn du nur außen rum spielst." Seine Forderung lautete: "Wir müssen in der Offensiv-Zone deutlich härter arbeiten und schmutzige Tore schießen." Das gelang ihm in der Verlängerung: Hager traf nach einer starken Aktion von Frank Mauer im Nachschuss zum 2:1 (62.), es war das erste Saisontor für den ehemaligen Kölner. "Das war heute 60 Minuten lang ein großer Kampf", sagte Hager. "Für uns war es wichtig, nach zwei Niederlagen hintereinander so ein enges Spiel zu gewinnen."

Stammplatzgarantie: Steve Pinizzotto, im Unfrieden aus München nach Köln gewechselt, grüßt von der Strafbank. (Foto: imago/GEPA pictures)

Pinizzotto rückte in München in den ersten Sturm der Kölner auf - und stand damit schon beim ersten Anspiel auf dem Eis. Die Münchner hatten einen guten Start, Mark Voakes (1.) und Justin Shugg (3.) erarbeiteten sich früh gute Möglichkeiten. So richtig laut wurde es erstmals in Minute sechs, als die Münchner Kurve ein aufgeregtes "Hey" anstimmte, weil EHC-Verteidiger Andrew Bodnarchuk von Pinizzotto vehement in die Bande befördert wurde. "Ich bin ich", hatte der 34-Jährige vor der Partie gesagt, "ich mache mein Spiel, versuche zu treffen und checke ein paar Gegner." Diese Aktion war der Startschuss zu einer emotionalen und körperlichen Phase, in der beide Teams ihr Revier markierten. Es war viel Physis im Spiel - vor allem, wenn Pinizzotto im Spiel war: Erst legte er sich mit Ryan Button an, dann mit Trevor Parkes und John Mitchell. Ein Spiel wie jedes andere war es jedenfalls nicht. Vom Spiel hatten die Münchner mehr, doch in der Schlussphase des ersten Drittels überstanden sie auch mit etwas Glück eine 38-sekündige doppelte Unterzahl, in der auch Pinizzotto seine Chance hatte (18.).

Im Mitteldrittel übernahm der Meister wieder die Spielkontrolle und ging dank Mads Christensen 1:0 in Führung (25.). Kurz darauf hätte Parkes gleich zweimal auf 2:0 erhöhen können (26.). Die Münchner bestimmten diese Phase auch, weil die Kölner immer wieder auf der Strafbank Platz nahmen. Doch selbst ein Penalty reichte ihnen nicht, um nachzulegen - Konrad Abeltshauser scheiterte an Gustaf Wesslau (31.). Im Schlussdrittel glich Köln dank Colby Genoway in Überzahl zum 1:1 aus (50.) und machte gegen Ende viel Druck, da der EHC nun mehrere Strafen absitzen musste. Danny aus den Birken im Münchner Tor hielt aber stark, den Rest erledigte Hager. Pinizzottos erstes Spiel als Gast in München endete mit vielen Umarmungen seiner ehemaligen Teamkollegen.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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