Eishockey:Sachlich auf dem Sonnendeck

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Nach seinem Sieg in Köln bezwingt der EHC München auch Wolfsburg - und kokettiert mit seiner Tabellenführung

Von Christian Bernhard, München

Florian Kettemer war nicht der erste, der es probierte, ihm nahm man die zur Schau getragene Unwissenheit aber nicht mehr ab. "Sind wir Tabellenführer?", fragte der Verteidiger des EHC München am Freitagabend in die Runde, sein Grinsen aber verriet, dass er die Antwort auf diese Frage sehr wohl wusste. Wenige Minuten zuvor hatte Münchens Trainer Don Jackson auf der Pressekonferenz dasselbe Spielchen abgezogen ("Oh, wir sind Erster? Schön, schön"), seine schauspielerische Leistung kam dabei realistischer als jene von Kettemer rüber. Womöglich wusste er es in diesem Moment wirklich noch nicht, Mannheims 3:4-Niederlage nach Verlängerung gegen Wolfsburg, die dem EHC den Sprung auf Platz eins ermöglichte, war erst kurz davor besiegelt worden.

Gegen jene Wolfsburger musste der EHC am Sonntag die Tabellenführung verteidigen - und tat das auf beeindruckende Art und Weise: 6:0 (1:0, 1:0, 4:0) siegte er beim Tabellenvierten, hauptverantwortlich für den deutlichen Erfolg war die "Salzburg-Connection" des EHC: Evan Brophey (9., 59.) und David Meckler (34., 45., jeweils in Überzahl) erzielten je zwei Treffer, Garrett Roe (54., leeres Tor) einen: Alle drei hatten bereits vergangene Saison unter Jackson in Salzburg gespielt. Zusammen kam das Trio in Wolfsburg auf starke zehn Scorerpunkte, alleine Meckler sammelte fünf. Das sechste Münchner Tor erzielte Yannic Seidenberg (56., leeres Tor), der so wie Brophey auch schon am Freitag gegen Köln erfolgreich gewesen war. Mit dem siebten Sieg aus den vergangenen acht Spielen verteidigte der EHC seine Tabellenführung. Mannheim, das einen Punkt und zwei Spiele weniger vorzuweisen hat, siegte am Sonntag in Düsseldorf mit 3:2. Zudem untermauerte der EHC seinen Status als bestes Auswärtsteam der Liga: Die Münchner haben zehn der 13 Auswärtsspiele in dieser Spielzeit gewonnen.

Wolfsburg nahm bereits zwölf Minuten vor Spielende erstmals Torhüter Felix Brückmann aus dem Spiel, um beim Stand von 0:3 noch einmal in die Partie zurückzukommen. Der EHC ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und machte bei Vier-gegen-Sechs-Unterzahl mit Roes und Seidenbergs Treffern ins leere Tor alles klar. Brophey gelang dann der Schlusspunkt. "Wir haben unter der Woche gut trainiert", erklärte der Kanadier, der drei seiner vier Saisontreffer am Wochenende erzielte.

Bereits Münchens Vorstellung gegen die Kölner war stark gewesen - speziell im ersten Drittel. Das Jackson-Team ließ die Haie mit seinem frühen, aggressiven Pressing nicht zur Entfaltung kommen und deckte Kölns Torhüter Danny aus den Birken mit Schüssen ein: 21 waren es alleine im Auftaktdrittel, welches Jackson als "eines der besten ersten Drittel unserer Saison" bezeichnete. Kölns Trainer Niklas Sundblad räumte ein, dass es nach der ersten Drittelsirene statt 1:0 (Seidenberg, 18.) auch 4:0 für den EHC hätte stehen können. Münchens Dominanz ließ auch später kaum nach, "der EHC war einfach besser", gab Sundblad zu: "Wir haben keine Lösung für unseren Spielaufbau gefunden." Neben den Feldspielern konnte sich der EHC am Wochenende einmal mehr auf seine Torhüter verlassen. Nachdem Niklas Treutle (21 Paraden) am Freitag nur einmal bezwungen wurde, bestätigte am Sonntag in Wolfsburg auch Florian Hardy seine Form: Der Franzose hielt seinen Kasten dank 26 Paraden zum zweiten Mal in dieser Saison sauber. "Beide machen einen guten Job", lobte Jackson, "sie gehören zu den besten Torhütern der Liga."

Nach außen ging der EHC sehr zurückhaltend mit der zurückgewonnen Tabellenführung um. "Darauf schauen wir nicht", sagte Kettemer. "Wir müssen ruhig bleiben", erklärte Brophey, es werde noch einige Aufs und Abs geben. Der Kanadier wirkte sehr sachlich und unaufgeregt - wie derzeit die gesamte Mannschaft.

© SZ vom 01.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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