Eishockey:Pokal fürs Kinderzimmer

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Er liebt die aggressive Münchner Spielweise: Yann Sauvé, 1,91 Meter großer Verteidiger aus Montreal. (Foto: Markus Fischer/imago)

Yann Sauvé ist erst seit wenigen Wochen in München, nun erlebt der 1,91 Meter große Verteidiger aus Montreal mit dem EHC seine erste Finalserie.

Von Christian Bernhard, München

Vielleicht ist es sein Kabinen-Platz, vielleicht die Tatsache, dass er erst seit wenigen Wochen bei der Mannschaft ist: Yann Sauvé jedenfalls macht auf dem letzten Platz, bevor es in der Kabine des EHC Red Bull München in die kleine Küche geht, jenen Eindruck, den er bislang auch auf dem Eis hinterlässt: einen ruhigen und gelassenen. Für Sauvé ist das Endspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL), das wie in der Vorsaison München gegen Wolfsburg lautet und am Sonntag mit Spiel eins der Best-of-seven-Serie in München startet (16.45 Uhr), aber ein besonderes: Es ist seine erste Finalserie überhaupt als Profi. "Für mich geht es darum, beständig und fokussiert zu spielen und nicht zu aufgeregt zu sein", sagt er, nachdem er mit einem kräftigen Händedruck das Gespräch eröffnet hat.

Sauvé hat in den wenigen Spielen, die er seit seiner Ankunft im Februar für den EHC bestritten hat, keine spektakulären Dinge gemacht. Er hat solide vor seinem Torhüter Danny aus den Birken aufgeräumt und die Gegner immer wieder mal dezent seine 1,91 Meter Körpergröße und 96 Kilogramm spüren lassen. "Yann ist ein großer und harter Abwehrspieler, der sehr gut in unserer Zone ist", sagt sein Verteidigerkollege Derek Joslin, der schon vor fünf Jahren mit Sauvé in einer Mannschaft gespielt hat, damals bei den Chicago Wolves. Mit seiner starken Physis sorge er dafür, dass die gegnerischen Spieler nicht leicht vors Münchner Tor kommen.

Nicht leicht waren auch Sauvés vergangene Wochen, und das nicht, weil sein erstes DEL-Spiel in Bremerhaven bereits nach sieben Minuten wegen einer Spieldauerdisziplinarstrafe zu Ende war. Es sind seine familiären Umstände: Der 27-Jährige hatte seine Frau Ende Februar direkt nach der Geburt des ersten Kindes zu Hause zurückgelassen, um aus seiner Heimatstadt Montreal über Amsterdam nach Deutschland zu kommen. "Das war hart", erzählt er, "aber zu Hause unterstützen mich alle." Sauvés Plan steht fest: "Ich möchte den Pokal für meinen Sohn gewinnen und mit nach Hause bringen."

Seit Spiel drei der Viertelfinalserie gegen Bremerhaven steht er auf dem Eis, erst noch als siebter Verteidiger, seit einigen Spielen neben Konrad Abeltshauser, dem DEL-Verteidiger des Jahres, als fester Bestandteil der Verteidiger-Rotation. Da Deron Quint während der Berlin-Serie verletzt ausfiel und auch im Finale nicht spielen wird, ist Sauvés Rolle noch wichtiger geworden. "Er ist physisch sehr stark, ein guter Schlittschuhläufer und weiß, was er mit der Scheibe zu tun hat", sagt EHC-Coach Don Jackson. Die Tatsache, dass er den Körper des Gegners beackert und regelmäßig Checks auspackt, sei "definitiv ein großes Plus", betont Jackson.

Wie im Vorjahr präsentiert sich der EHC in den Playoffs sehr konzentriert und stabil. Die Basis des bisherigen Erfolges ist erneut die Defensive. In den jüngsten vier Partien gegen Berlin, die allesamt gewonnen wurden, kassierte der Meister jeweils nur einen Gegentreffer. "Die Abwehrarbeit sagt viel über unser Team aus", betont Jackson. Sauvé trägt seinen Teil dazu bei. Dabei ist Jacksons offensive, auf Aggressivität beruhende Spielweise besonders für Verteidiger alles andere als einfach zu verinnerlichen.

Derek Joslin, der im Sommer zum EHC kam, sagte noch vor dem Playoff-Start, er habe einige Zeit gebraucht, bis er dem offensiven System vertraut habe. Auch Sauvé berichtet, dass er solch ein aggressives System noch nie gespielt habe. Aber er liebt es: "Es ist ein sehr gutes System für mich", betont er, es komme seinen läuferischen Fähigkeiten zugute. Durch intensives Videostudium und viele Gespräche mit den Trainern hat er es mittlerweile verinnerlicht - und die Resultate können sich sehen lassen. Sauvé spielte zuletzt, als sei er schon lange Teil des Teams.

Jetzt soll sein erster Meistertitel her. Der würde dann wohl auch jene Seite von ihm hervorkehren, die er anscheinend in sich trägt, aber noch nicht so gezeigt hat. "Yann ist sehr lustig, besonders wenn er mit seinem französischen Akzent Englisch spricht", sagt Joslin schmunzelnd. Auch Frank Mauer, der Sauvé als "stillen Zeitgenossen" bezeichnet, sagt, er glaube, "dass dieses stille Wasser sehr tief sein kann". Ab und zu blitze schon auf, dass er noch mehr in petto habe, "gerade was sein Mundwerk angeht", sagt Mauer - und lächelt.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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