Eishockey-Oberliga:Angriff ohne Abschluss

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Tölzer Löwen fehlt in Regensburg eine wichtige Kleinigkeit

Von Max Ferstl, Regensburg

Plötzlich wird Axel Kammerer zum Rumpelstilzchen: Springt von seiner Bank, drängt sich zwischen verdutzten Spielern hindurch. Der Trainer der Tölzer Löwen will zu der Tür, die die Spielerbank vom Eis trennt. Wild gestikulierend baut er sich vor Lubos Velebny auf, der gerade das Eis verlassen will. Kurz zuvor hat Velebny ein freies Schussfeld vorgefunden, doch entschied sich für einen Pass. Zum Ärger des Trainers, der ihm nun erklärt, dass er "gefälligst abziehen" soll, dass er "den härtesten Schuss" habe, dass er "Verantwortung übernehmen" müsse. "Alles in lauterem Ton", versichert Kammerer später im Presseraum der Regensburger Donauarena. Er kann wieder lachen. Die Tölzer haben zwar 0:2 gegen den EVR verloren. Aber Regensburg gewinnt ja fast immer und führt die Tabelle der Oberliga Süd an - mit 22 Punkten Vorsprung. "Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen", sagt Kammerer: "Einsatz, Leidenschaft - alles war da. Wir haben sehr diszipliniert gespielt. Nur eben kein Tor geschossen."

Die Tölzer zeigen an diesem Abend alles, was sie in dieser Saison ausmacht. Da ist die zweitbeste Abwehr der Liga: Tölz hat nur 55 Gegentore kassiert. Hauptverantwortlich dafür ist Torhüter Markus Janka. "Ganz, ganz wichtig" (Kammerer) ist der 35-Jährige. Das belegte das erste Drittel gegen die Regensburger, deren Sturmreihen die Tölzer Abwehr immer wieder aushebelten - nur an Janka kamen sie nicht vorbei. "Etz derfts langsam oansnull steh", oberpfälzerte ein älterer Herr mit EVR-Schaal. Doch Janka, der in der zweiten Liga mal für Regensburg spielte, brachte stets ein Körperteil oder den Schläger an den Puck. "Man tut, was man kann, wie immer", sagt er lässig, als er seine riesige Tasche im Bus verstaut. Oft reichte das, Tölz kletterte nach holprigem Start zwischenzeitlich auf Platz vier. Gegen die Spitze reicht es nicht.

Zwei Mal kann Janka an diesem Abend nicht retten: nach einer halben Stunde, als Tölz im Spielaufbau die Scheibe verliert, Peter Flache querspielt und Daniel Stiefenhofer einschiebt; und zu Beginn des Schlussdrittels, als Flache einen Schuss von Vitali Stähle abfälscht. Tölz bricht nicht ein, im Gegenteil: Die Gäste sind giftig, lassen dem Gegner kaum Platz. Und auf der Strafbank sitzt meist ein Regensburger. Das bedeutet Überzahl, die Gelegenheit, auf die jeder Trainer wartet: Er schickt seine gefährlichsten Angreifer aufs Feld, sie sollen den Gegner einschnüren, schwindlig spielen. Regensburg beherrscht das so gut, dass Kammerer schwärmt: "Das ist auch für den gegnerischen Trainer eine Freude." Doch Tölz hat Probleme mit dem Powerplay. Die Scheibe zirkuliert nicht, sie wird vorsichtig hin- und hergeschoben. Meist landet sie bei Velebny, dem Mann mit dem härtesten Schuss. Doch dann spielt selbst der lieber ab.

15 Minuten mit einem Mann mehr verstreichen. Mitte des Schlussabschnitts sind zwei Minuten lang sogar nur drei EVR-Spieler auf dem Eis. Doch die Sekunden verrinnen torlos. Toreschießen "ist nicht unsere allergrößte Stärke", weiß der Trainer. Nur die Kellerkinder Klostersee und Schönheide treffen seltener. Die Statistik, die die erfolgreichsten Punktesammler auflistet, führt die besten Tölzer Velebny und Klaus Kathan (je 18 Punkte) auf Platz 46. "Das ist natürlich ein Kreislauf", sagt Kammerer und reibt vielsagend Daumen, Zeige- und Mittelfinger aneinander. Ein Knipser hätte seinen Preis. Der Trainer wäre schon zufrieden, wenn er alle Spieler einsetzen könnte, die im Kader stehen. Die Angreifer Tobias Eder und Christoph Kiefersauer, "wichtige, kreative Spieler", sind mit dem U18-Nationalteam unterwegs. "Der Eder war vorher schon bei der U20-WM. Den vermisse ich seit zwei Monaten", sagt Kammerer: "Da muss sich der DEB etwas einfallen lassen." Nun fällt wohl auch Kathan aus, der sich bei einem Check verletzte. Kammerer hofft, dass sein Kader schnell komplett wird. Dann will er in Überzahl jubeln, nicht wüten.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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