Eishockey:Nur Geduld

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Bremerhaven ist nach dem 1:4 im Viertelfinale gegen den EHC Red Bull München beeindruckt von der Nervenstärke des Titelverteidigers. Beim Meister wissen sie, dass sie sich steigern müssen. Gegner im Halbfinale ist Mannheim.

Von Christian Bernhard, München

Das Spiel war schon lange vorbei, doch die Feierlichkeiten im Fanblock wollten kein Ende nehmen. Unaufhörlich besangen die treuesten Anhänger ihr Team, sie hüpften, klatschten und forderten lautstark: "Wir wollen die Mannschaft sehen." Es war eine beeindruckende Liebeserklärung von Bremerhavens Eishockey-Fans an ihr Team. Ihre Mannschaft war am Freitagabend im Münchner Olympia-Eisstadion soeben aus den Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ausgeschieden - und trotzdem wurde sie gefeiert, als ob sie die Viertelfinalserie für sich entschieden hätte.

Tiefer Kader: „Wenn eine ihrer Reihen nicht so dominant auftritt, springt halt die nächste ein“, sagte Bremerhavens Trainer Thomas Popiesch nach dem 1:4 gegen München (vorn Derek Joslin). (Foto: imago/GEPA pictures)

Die Fans des EHC Red Bull München, der die Serie mit einem 4:1-Erfolg mit 4:1 Siegen für sich entschieden hatte, hatten die Halle da schon lange verlassen. Für sie ist ein Einzug ins Halbfinale mittlerweile Routine. Für die Münchner Profis war er ein hartes Stück Arbeit. "Es war sehr, sehr eng", sagte Kapitän Michael Wolf, "wir sind einfach froh, dass wir eine Runde weiter sind." Entscheidend war die Münchner Offensive, die in den fünf Spielen 23 Treffer erzielte und Bremerhavens starken Torhüter Tomas Pöpperle in allen Partien massiv beschäftigte. "Wir haben viele Drittel dominiert und getroffen", sagte Trainer Don Jackson. "Bremerhaven hatte auch starke Phasen, belohnte sich aber nicht immer dafür. Das war der Unterschied."

Beeindruckend war, auf wie viele Spieler der Meister sich offensiv verlassen konnte. Bis auf Steve Pinizzotto und Jerome Flaake traf jeder Stürmer mindestens ein Mal. "Wenn eine ihrer Angriffsreihen nicht so dominant auftritt, springt halt die nächste ein. Man muss sich auf die ganze Mannschaft konzentrieren", erklärte Bremerhavens Trainer Thomas Popiesch, bei dem sich Jackson auf der letzten Pressekonferenz für eine "großartige Serie" bedankte. Aus dem starken Münchner Kollektiv ragte die Reihe um Frank Mauer heraus, der mit sieben Treffern die Playoff-Torschützenliste anführt. Sie alleine sorgte für acht Tore und sammelte zusammen 21 Scorerpunkte. "Unsere Stärke ist die Tiefe im Kader", betonte Angreifer Patrick Hager. "Wir haben vier Reihen, die unglaubliches Tempo gehen können." Dieses Tempo war irgendwann zu hoch für die tapfer kämpfenden Norddeutschen.

Auch das Münchner Überzahlspiel funktionierte sehr gut, sechs Tore und eine Erfolgsquote von 24 Prozent können sich sehen lassen. "Wir haben im Powerplay viele Torchancen kreiert", sagte Kapitän Wolf. "Damit haben wir das Momentum auf unsere Seite gezogen, auch wenn wir nicht getroffen haben." Popiesch, der vor dem Playoff-Start zum DEL-Trainer des Jahres gekürt worden war, hob zudem die Abgeklärtheit des EHC hervor. Es sei beeindruckend, "wie München nicht die Nerven verliert", sagte er. "Sie wissen einfach, wie man Spiele gewinnt." Wolf sah das ähnlich. Der Schlüssel zum Sieg in der Serie war seiner Meinung nach, "dass wir geduldig geblieben sind."

Die Serie gegen den Außenseiter zeigte aber auch, dass beim Meister noch nicht alles rund läuft. Bis auf das letzte Spiel, das die Münchner von Anfang bis Ende im Griff hatten, bewies Bremerhaven immer wieder, dass der EHC mit einem schnellen und direkten Angriffsspiel defensiv vor Probleme gestellt werden kann.

Der Angreifer, den die Norddeutschen regelmäßig an der Münchner Blauen Linie postierten, zog das Spiel auseinander und sorgte beim Meister für Gefahr. Als Folge dieses taktischen Mittels "waren wir sehr vorsichtig und hatten offensiv vielleicht nicht mehr so viele Torchancen wie in Spiel eins", erklärte Wolf. "Wir mussten aufpassen, dass wir unsere Defensiv-Positionen nicht verlieren", sagte der ehemalige Verteidiger Jackson. Überraschend waren die EHC-Probleme in Unterzahl. Das Penalty Killing ist seit Jahren Münchens Prunkstück, gegen Bremerhaven funktionierte es aber nicht wie sonst. Die Quote von nur 72 Prozent entspricht nicht den Standards des Meisters. "Das ist ungewohnt für uns", gestand Jackson sein.

„Bremerhaven hatte auch starke Phasen, hat sich dafür aber nicht immer belohnt Das war der Unterschied.“ EHC-Trainer Don Jackson. (Foto: imago/Eibner)

Der Erfolgstrainer hat also durchaus Material, an dem er bis Donnerstag, 19.30 Uhr, mit seinem Team arbeiten kann. Dann beginnt das Halbfinale - für den EHC mit einem Heimspiel. Gegner sind die Adler Mannheim, die nach der 1:5-Heimniederlage und dem Aus der Kölner Haie am Sonntag gegen Nürnberg die von den noch im Wettbewerb stehenden Mannschaften nach der Vorrunde die am schlechtesten platzierte waren. Davon aber lassen sich die Münchner nicht täuschen. "Mannheim ist ein Top-Gegner", sagte Wolf. "Im Halbfinale wird es so oder so nicht einfach."

Weiter fehlen wird zum Halbfinal-Auftakt wohl David Leggio. Es sehe so aus, dass seine Rehabilitation länger als erwartet dauere, sagte Jackson über den Torhüter, der sich im vorletzten Hauptrundenspiel in Bremerhaven am Kopf verletzt hatte. Mit oder ohne Leggio: Hager sieht noch Potenzial in der Mannschaft. "Du musst von Spiel zu Spiel stärker werden und am Schluss dein bestes Eishockey spielen", sagte der Nationalspieler. "Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg."

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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