Eishockey:Mit der Gelassenheit der vier Luxusreihen

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Als Willkommensgeschenk kriegt Steve Pinizzotto gleich mal einen Stock ins Gesicht. Seine Rückkehr lässt sich der Münchner dadurch nicht verderben. (Foto: Eibner/Imago)

Der EHC München demonstriert sein Offensivpotenzial

Von Christian Bernhard, München

Eishockey ist auch für die harten Jungs immer wieder schmerzhaft, das gilt sogar für Steve Pinizzotto, den vermeintlich härtesten und unangenehmsten Spieler der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Der Stürmer des EHC Red Bull München stand am vergangenen Wochenende nach einer langen Verletzungspause erstmals in dieser Saison auf DEL-Eis und bekam in Ingolstadt gleich mal einen gegnerischen Stock ins Gesicht, quasi als Willkommensgeschenk. Umgehauen hat das Pinizzotto aber nicht. Dafür ist der Deutsch-Kanadier viel zu stabil, so wie derzeit der gesamte EHC.

Der sonntägliche 5:3-Derbyerfolg beim ERC Ingolstadt war der fünfte Sieg in Serie, damit ist die Mannschaft von Trainer Don Jackson weiterhin Tabellenführer. Ingolstadts Trainer Tommy Samuelsson gratulierte Jackson zu einer "großartigen Leistung" und erklärte, was die Partie aus seiner Sicht deutlich gemacht hatte: "Wenn man gegen so eine qualitativ starke Mannschaft ein paar Fehler macht, nutzt sie das eiskalt aus." Das Spiel beim Meister des Jahres 2014 war für den EHC eine der größeren Herausforderungen. Nach vier Siegen aus den vorangegangenen fünf Partien empfingen die Ingolstädter die Münchner als eines der formstärksten Teams der Liga. ERC-Torhüter Timo Pielmeier hatte vorab betont: "Schwarz auf Weiß haben wir eine super Mannschaft. Wenn wir machen, was der Trainer uns sagt, brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken." Münchens Antwort darauf: Fünf Tore in 40 Minuten.

Der EHC hat gleich in den ersten zwei Spielen nach der Länderspielpause Ausrufezeichen gesetzt. Aufgrund der Comebacks von Pinizzotto und Frank Mauer trat er erstmals in dieser Saison in der Offensive mit nahezu kompletter Formation an, von den gestandenen Angreifern fehlt derzeit nur Tobias Wörle, der wegen einer Beinverletzung voraussichtlich erst im Dezember wieder spielen kann. Was das für die Konkurrenz bedeuten kann, bekamen Iserlohn und Ingolstadt zu spüren.

Hatten sich die Münchner vor der Deutschland-Cup-Pause auf ihre Defensive verlassen, mussten sie am vergangenen Wochenende in beiden Spielen jeweils drei Gegentore hinnehmen. Trotzdem gewannen sie beide Partien: Beim 4:3 gegen die Iserlohn Roosters nach einer beeindruckenden Aufholjagd, in Ingolstadt souverän. Die Offensive tütete beide Siege ein.

Wörle findet, dass der aktuelle EHC "im Sturm noch tiefer besetzt" ist als in der Meister-Saison und dadurch noch schwerer auszurechnen sei: "Alle vier Angriffsreihen können Tore schießen, mit Jerome Flaake haben wir einen hochqualitativen Stürmer dazubekommen, der in jeder Reihe spielen kann."

Die Personalie Flaake zeigt, wie luxuriös der Münchner Kader ausgestattet ist: Gegen Iserlohn war der Nationalstürmer Teil der vierten Angriffsformation, obwohl er in dieser Saison bereits zehn Pflichtspiel-Tore erzielt hat. Gegen Ingolstadt rückte er eine Reihe nach oben, seinen Platz im vierten Sturm nahm Jon Matsumoto ein. Zur Erinnerung: Der Kanadier war in der vergangenen Spielzeit, damals noch in Augsburg, der fünftbeste Scorer der DEL-Hauptrunde.

Für Kapitän Michael Wolf ist die Mannschaft "als Einheit noch konstanter als in der Vorsaison". Das zeigt sich in den Ergebnissen. Anders als in der vergangenen Spielzeit, als der EHC schleppend gestartet war und zu diesem Zeitpunkt noch im Tabellenmittelfeld umher dümpelte, wirkt er jetzt schon stabil und erweckt oft den Eindruck, je nach Bedarf einen Gang zulegen zu können. Die Spieler agieren konzentriert und gewillt, verströmen aber auch eine unübersehbare Gelassenheit. Und der Meister hat noch Luft nach oben: Das Überzahlspiel ist mit einer Quote von 11,7 Prozent bisher statistisch gesehen das schlechteste der Liga.

Der Blick auf die kommenden Gegner verheißt aus Sicht der Konkurrenz wenig Gutes. In Krefeld, Schwenningen, Bremerhaven und Straubing treffen die Münchner auf vier der fünf letztplatzierten DEL-Mannschaften. "Wir müssen einfach am Ball bleiben", sagt Flaake. Für den EHC dürfte es demnächst vordergründig darum gehen, die Worte des ehemaligen Hamburgers umzusetzen - obwohl gar kein Ball im Spiel ist.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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