Eishockey:Leidenschaft im Sauerland

Lesezeit: 3 min

Vor dem Gipfelduell mit Mannheim holt sich Meister München Selbstbewusstsein.

Von Christian Bernhard, München

Andrew Bodnarchuk wusste ganz genau, wer ihm diesen lange herbeigesehnten Moment ermöglicht hatte. "What a play", rief er Richtung Mark Voakes, als er strahlend auf den Mittelstürmer zufuhr, um sich aus nächster Nähe für den Pass zu bedanken. Bodnarchuk ist Verteidiger beim EHC Red Bull München und als solcher nicht unbedingt fürs Toreschießen zuständig. Dass er aber bis zum 29. Spieltag der Deutschen Eishockey Liga (DEL) warten musste, um sein erstes Tor zu bejubeln, hatte ihn doch gewurmt. "Ich bin so was von erleichtert", sagte er, "ich hatte ja schon viele Chancen."

Bodnarchuk konnte sich am Mittwochabend nicht nur über seinen Premieren-Treffer, sondern auch über den 5:3-Auswärtssieg bei den Iserlohn Roosters freuen. Damit taten die Münchner etwas gegen ihre zuletzt ausgebrochene Auswärts-Krankheit, die ihnen drei DEL-Niederlagen in den vorangegangenen vier Gastspielen eingebrockt hatte. Der Ausflug ins Sauerland war nicht nur wegen der drei Punkte ein rundum gelungener: Sowohl die Augsburger Panther (2:4 in Wolfsburg) als auch die Düsseldorfer EG (2:3 nach Penaltyschießen gegen Bremerhaven) verlorenparallel, wodurch der vorherige Tabellenvierte München auf Rang drei kletterte, punktgleich mit dem Zweiten Düsseldorf.

Respekt, Kollege: Bei Mannheims 1:0-Sieg in München vor zwei Wochen verbuchten beide Torhüter ein Shutout. Dennis Endras, links neben Danny aus den Birken, blieb auch im Penaltyschießen ohne Gegentreffer. (Foto: Feiner/Imago)

Der EHC hatte in Iserlohn aufgrund der dort im September erlittenen 3:8-Pleite einiges gut zu machen. Zu Beginn setzte sich aber ein altbekanntes Problem fort. Nachdem die Münchner zuletzt bei der 2:3-Niederlage in Augsburg alle drei Gegentreffer in Unterzahl kassiert hatten, traf auch Iserlohns Luigi Caporusso im Powerplay zum 1:0 (16.). Im Mitteldrittel kam dann der Meister ins Rollen. Geburtstagskind Matt Stajan, der 35 wurde, traf nach schöner Vorarbeit von Justin Shugg zum 1:1 (24.) und bestätigte damit, dass er sich auf Iserlohner Eis wohl fühlt: Der Kanadier hatte beim 3:8 sein erstes DEL-Tor dort erzielt. Knapp fünf Minuten später führte der EHC. Maximilian Kastner hatte die Scheibe im offensiven Drittel erobert und das Auge für den völlig freistehenden Frank Mauer. Der Nationalspieler schob Roosters-Torhüter Niko Tapani Hovinen die Scheibe lässig durch die Beine. "München ist eine abgezockte Truppe", sagte Roosters-Angreifer Marko Friedrich.

Liga-Topscorer Jon Matsumoto, der den EHC nach der vergangenen Saison verlassen hatte und beim 8:3 zwei Tore erzielt hatte, glich vor der zweiten Drittelpause aus (31.), doch der bessere rote Helm des jeweiligen Topscorers saß an diesem Abend auf dem Kopf eines Münchners: John Mitchell erzielte das 3:2 (42.) und 5:3 (60., leeres Tor). Iserlohns Dylan Yeo (57.) hatte es nach Bodnarchuks Treffer (54.) noch einmal spannend gemacht. Patrick Hager sprach deshalb von einem "leidenschaftlichen" Auswärtsspiel, Konrad Abeltshauser fand: "Darauf kann man aufbauen."

Der Freitag wäre ein sehr guter Zeitpunkt, das in Iserlohn begonnene Werk fortsetzen: Dann ist der Tabellenführer in der Münchner Olympia-Eishalle zu Gast (19.30 Uhr). Die Adler Mannheim hatten bereits am Dienstag deutlich mit 5:1 in Köln gewonnen und reisen mit sieben Punkten Vorsprung auf den EHC sowie dem Selbstvertrauen von vier Siegen in Serie nach München. Den ersten dieser vier Erfolge hatten die Adler in München eingefahren, ihr 1:0-Sieg nach Penaltyschießen war eines der hochklassigsten Spiele dieser DEL-Saison. "Da haben wir richtig gut gespielt", erinnerte sich Bodnarchuk zurück. Mannheims Nationaltorhüter Dennis Endras war damals nicht zu bezwingen gewesen - nicht einmal im Penaltyschießen.

Aus Sicht von Münchens Nationalspieler Yannic Seidenberg war der Mannheimer Auftritt kein Zufall, er hat bei den Adlern einen Unterschied zur vergangenen Saison ausgemacht. "Dieses Jahr spielt Mannheim viel disziplinierter, deswegen stehen sie oben", sagte er. Letztes Jahr, so Seidenbergs Einschätzung, "haben sie sich ein bisschen selbst geschlagen." Das ist in dieser Spielzeit äußerst selten der Fall. Nur vier Mal in 29 Partien blieben die Adler ohne Punkte. Bodnarchuk erwartet erneut ein "sehr enges" Spiel: "Wir brauchen unsere beste Leistung." Das gilt speziell für die Defensive, denn der Adler-Angriff lief zuletzt heiß: In den vergangenen drei Spielen traf er beeindruckende 17 Mal. Die Münchner erwartet also ein "ganz schwerer Brocken", den es aus dem Weg zu räumen gilt, um "wieder ganz nah an den ersten Platz heranzurücken", wie Abeltshauser sagte.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: