Eishockey:Kurs nach Europa

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Der EHC München will sich unbedingt für die Champions League qualifizieren, darum hat er ungewöhnlich früh seine letzten Ausländer-Lizenzen vergeben - und natürlich, weil ihm immer wieder Verteidiger ausfallen

Von Christian Bernhard, München

Über mangelnde Transferaktivitäten in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) konnte sich in den vergangenen zwei Tagen niemand beklagen. Augsburg und Köln schnürten das Tauschpaket Sebastian Uvira gegen Philip Riefers, Meister Ingolstadt holte Verteidiger Alexandre Picard, ehe Augsburg ein weiteres Mal zuschlug und Greg Moore verpflichtete. Der vorerst letzte Neue heißt Bretton Stamler, der kanadische Verteidiger stieß am Donnerstag zu den Hamburg Freezers.

Der EHC München hat dieses Treiben seelenruhig beobachtet. Er wurde nicht aktiv, weil er - zumindest, was die ausländischen Spieler betrifft - schlicht nicht mehr aktiv werden kann. Der Tabellenzweite hat seine elf Ausländerlizenzen schon aufgebraucht, die letzten zwei Mitte November, für Rückkehrer Matt Smaby und David Meckler. Was für Verteidiger Smaby sprach, hat der Verein am Donnerstag öffentlich gemacht. Nach Jeremy Dehner, der wohl bis Februar nicht einsetzbar ist, hat sich nun ein zweiter Abwehrspieler langzeitverletzt abgemeldet: Grant Lewis wurde aufgrund eines Sehnenabrisses an der rechten Schulter bereits operiert und fällt nach Angaben des Vereins voraussichtlich bis Ende März aus. Der US-Amerikaner hatte in dieser Saison verletzungsbedingt erst fünf Partien für den EHC bestritten.

Was für seinen Landsmann Meckler sprach, deutete sich in seinen ersten Einsätzen für den EHC zumindest an. Er geht dahin, wo es nicht nur sprichwörtlich weh tut. Da, wo jeder Eishockey-Trainer seine Stürmer am liebsten sieht: vor dem gegnerischen Tor. "Ich liebe es, dort rumzuhängen", sagt Meckler und liefert die Erklärung für seine Liebe zu diesem, zumindest für Stürmer, ungemütlichen Ort gleich mit: "Dorthin geht die Scheibe, deshalb muss man da stehen." So wie in seinem zweiten EHC-Spiel, wo er beim 8:1-Erfolg gegen Iserlohn Treffer Nummer sieben beisteuerte, indem er vor dem Tor stehend die Scheibe ablenkte. Bereits vor seinem Debüt-Treffer hatte er sich auffällig oft vor Iserlohns Kasten postiert, in der Eishockeysprache ist das ein klares Zeichen dafür, seinem Team und dem Trainer zu zeigen, dass man gewillt ist, alles für die Mannschaft zu tun. Auch Schmerzen, Schläge, Stöße einzustecken. Meckler war Mitte November vom Partnerklub Salzburg gekommen, nach einer hervorragenden vergangenen Saison unter Jackson mit 51 Scorerpunkten lief es für ihn in der aktuellen Spielzeit unter dem ehemaligen Straubing-Trainer Dan Ratushny nicht mehr rund. "Es gab Probleme mit dem neuen Trainer-Team", sagt er, "nach München zu kommen, ist eine tolle Chance für mich."

Die Entscheidung der EHC-Verantwortlichen, alle Ausländerlizenzen schon so früh in der Saison aufzubrauchen, hat nicht nur die Konkurrenz und das eigene Umfeld erstaunt. Kapitän Michael Wolf etwa musste zugeben, auch er sei überrascht gewesen. Das entschiedene Vorgehen dürfte aber einem klaren Plan folgen: Für die Münchner geht es in der DEL-Hauptrunde nicht nur um die bestmögliche Ausgangsposition für die Playoffs, sondern auch um die Qualifikation für die Champions League. Dafür müsste Platz eins in der Hauptrunde oder der Meistertitel her - Variante eins dürfte deutlich einfacher zu realisieren sein.

Seine Verpflichtung vor zehn Tagen kam überraschend: David Meckler (Mitte, hier gegen Augsburg) hat für München bislang ein Tor erzielt. (Foto: imago/Krieger)

Wie wichtig ihm die Teilnahme an der Champions League ist, hatte EHC-Trainer Don Jackson bereits vor Saisonbeginn klargemacht. Er wolle mit dem EHC "möglichst das beste Team der Hauptrunde und der Playoffs sein, um 2015 an der Champions Hockey League teilnehmen zu können", hatte er gesagt. Momentan deutet vieles auf einen Zweikampf mit den Mannheimer Adlern hin, der EHC lauert nur einen Punkt hinter dem Tabellenführer, hat allerdings zwei Partien mehr auf seinem Konto. Der Tabellendritte Hamburg hat bereits acht Punkte Rückstand auf den EHC (aber auch ein Spiel weniger ausgetragen). Ebenfalls gut für die Münchner: Mannheim, Ingolstadt, Krefeld und Berlin sind als Champions-League-Gründungsmitglieder fix für die kommende Spielzeit qualifiziert, daher ist denkbar, dass den Münchnern sogar Rang zwei oder drei reichen könnte.

Erst einmal geht es für den EHC am Freitag aber gegen die Kölner Haie (19.30 Uhr, Olympia-Eishalle). Die Rheinländer haben sich nach ihrem Katastrophenstart, der Uwe Krupp bereits nach acht DEL-Spieltagen den Job gekostet hatte, mittlerweile gefangen. Vier Siege feierten sie zuletzt in Serie, die letzten drei gegen die Topteams aus Hamburg, Ingolstadt und Krefeld. Mitverantwortlich für den Aufschwung ist Ryan Jones, der mit der Erfahrung von 234 NHL-Spielen im Gepäck Mitte November nach Köln gekommen war und bei seinem Debüt gegen Hamburg Dominik Kahuns Einschätzung der Kölner Vorgehensweise ("Sie spielen sehr physisch") gleich mit Fakten untermauerte: Wegen einer Platzwunde am Auge musste er mit drei Stichen genäht werden, machte aber weiter, als wäre nichts gewesen.

Der EHC kann bei den Haien nicht nur nachfragen, wie man es ins DEL-Finale schafft - den Kölnern gelang das in den vergangenen zwei Jahren -, sondern auch, was einen so in der Champions League erwartet. Auf allzu viele sachdienliche Hinweise, wie man dabei erfolgreich zu Werke geht, sollten die Münchner allerdings nicht hoffen: Die Rheinländer verloren beide DEL-Finalserien und schieden in der diesjährigen Champions League nach vier Niederlagen in sechs Spielen als Tabellenletzter in der Gruppenphase aus.

© SZ vom 28.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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