Eishockey:Im Schneckenhaus

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Frust: Brooks Macek und der EHC München haben binnen drei Tagen zwei Mal 1:2 gegen die Kölner Haie (li. Christian Ehrhoff) verloren. (Foto: imago)

Meister München verliert auch das zweite Spiel gegen Titelkonkurrent Köln und vermisst seine gewohnte Treffsicherheit

Von Christian Bernhard, Köln/München

29 Sekunden vor Spielende musste der Frust raus. Jason Jaffray, Mads Christensen und Geburtstagskind Maximilian Kastner redeten nach einem ihrer Meinung nach unnötigen Pfiff des Schiedsrichters energisch auf den Unparteiischen ein. Keith Aucoin saß zu diesem Zeitpunkt schon eine zehnminütige Disziplinarstrafe für unsportliches Verhalten ab. Doch es half alles nichts, nicht in dieser Szene, nicht gegen diese Kölner Haie. 1:2 verlor der EHC Red Bull München am Dienstagabend auch das zweite Spiel des neuen Jahres. Gegen denselben Gegner. Mit demselben Ergebnis. "Wir haben wieder ein paar Kleinigkeiten falsch gemacht", sagte Yannic Seidenberg.

Frust: ein Zustand, den der EHC Red Bull München in dieser Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bis zum Jahreswechsel noch nicht kennengelernt hatte. Zwei Spiele in den ersten drei Tagen des neuen Jahres reichten nun aus, um es in den Münchner Wortschatz aufzunehmen. Der EHC ist zwar noch Tabellenführer, doch der Vorsprung auf die Nürnberg Ice Tigers, die ihre letzten acht Partien gewonnen haben, ist auf drei Punkte geschmolzen. EHC-Trainer Don Jackson beruhigt die Tabellenführung keinesfalls. Nachdem er sich bei der Niederlage am Neujahrstag in der Olympiahalle über die fehlende Härte seiner Spieler beklagt hatte, sagte er am Mittwochabend: "Jeder sagt uns, dass wir das beste Team der Liga sind. Im Moment sind wir das nicht." Die ernüchternde Saisonbilanz gegen Köln: drei Spiele, drei Niederlagen und nur drei erzielte Tore.

Die Münchner Abschlussschwäche trat nicht nur gegen die Haie zutage, die ihre Position als einer der härtesten Konkurrenten um den Titel in den zwei direkten Duellen untermauerten. Der EHC verfügt immer noch über den besten Angriff der Liga (114 Tore), doch die Treffsicherheit hat nachgelassen. Magere fünf Törchen gab es in den vergangenen drei Spielen, darunter ein Schuss ins leere Tor. Vor allem die Stürmer wackeln. Lässt man den Empty-net-Treffer von Keith Aucoin gegen Berlin außen vor, gab es in den vergangenen drei Partien nur ein Stürmer-Tor: Mads Christensens zwischenzeitliches 1:1 am Neujahrstag gegen Köln. Der Däne (neun Punkte in den letzten elf Partien) und Keith Aucoin (9/10) sind die einzigen Münchner Angreifer, die derzeit regelmäßig scoren. In Köln war wieder einmal Abwehrspieler Konrad Abeltshauser erfolgreich (16.). "Einige Spieler müssen mit Toren aus ihrem Schneckenhaus kommen", glaubt Don Jackson. Ohne Namen zu nennen gab der Trainer am Dienstag zu verstehen, von wem er sich deutlich mehr erwartet: "Wir haben unsere Top-Stürmer so oft gebracht, wie wir konnten. Wir haben alles auf den Tisch gelegt."

Torhüter Danny aus den Birken hatte dennoch viel Positives gesehen: "Wir haben gekämpft, standen defensiv gut und haben uns gute Chancen erarbeitet." Es gebe "keinen Grund, deprimiert zu sein". Auch Daryl Boyle verwies darauf, dass die Mannschaft viel besser gespielt und härter gekämpft habe als noch am Neujahrstag. Trotzdem konnten sich Dane Byers und Ryan Jones bei beiden Kölner Treffern (31., 34.) ungestört vor aus den Birken breit machen und ihm die Sicht rauben. "Ärgerlich" nannte Yannic Seidenberg die zwei Situationen, "da müssen wir enger am Gegner stehen". Zumindest verließ der EHC die Domstadt ohne gröbere personelle Sorgen. Verteidiger Matt Smaby, der sich im Mitteldrittel das Bein verdreht hatte und in der Kabine behandelt werden musste, stand im Schlussdrittel wieder auf dem Eis.

Der EHC flog am Mittwochvormittag nach München zurück, wo er am Donnerstag schon wieder ran muss: Dann gastiert der Tabellenvorletzte Iserlohn Roosters im Olympia-Eisstadion (19.30 Uhr). "Wir müssen den Kopf oben behalten und an uns glauben", sagte Stürmer Jerome Flaake, "wir wissen ja, was wir können." Womöglich sind die Sauerländer der ideale Gegner für den in der Offensive glücklosen Meister: Gegen den zweitschlechtesten Angriff der DEL könnten auch wenige Treffer zum Sieg reichen.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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