Eishockey:Im Klub der 1000er

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Kurz vor Beginn der Champions Hockey League verpflichtet der EHC München den Kanadier Matt Stajan, der mit Toronto und Calgary 15 Jahre lang in der NHL gespielt hat - und der 2014 seinen neugeborenen Sohn verlor.

Von Christian Bernhard , München

Der EHC Red Bull München hat kürzlich jene Erfahrung gemacht, die hierzulande oft seine Gegner erleiden. Bei den einzigen Sommer-Testspielen kassierte der deutsche Meister zwei deutliche Niederlagen, ein 1:4 gegen den SC Bern und ein 1:8 gegen Sparta Prag. Ungewohnte Ergebnisse aus Münchner Sicht. Nervös wurde der Dominator der deutschen Eishockeyszene deshalb aber nicht. "Das hat mich überhaupt nicht beunruhigt. Im August gewinnt man eh noch keine Titel", sagte Nationalspieler Yannic Seidenberg am Mittwoch, zwei Tage vor dem Start in die Champions Hockey League (CHL), die der EHC mit den Heimspielen gegen die Weißrussen von Yunost Minsk (Freitag, 19.30 Uhr) und den finnischen Top-Klub TPS Turku (Sonntag, 17 Uhr) eröffnet.

Kurz darauf sorgten die Münchner mit der Verpflichtung von Matt Stajan für einen Paukenschlag. Der Kanadier mit slowenischen Wurzeln ist 34 Jahre alt - und hat mehr als 1000 NHL-Spiele bestritten. Die letzten 15 Jahre spielte der Stürmer ausschließlich in der besten Liga der Welt, dabei trug er nur das Trikot der Toronto Maple Leafs und das der Calgary Flames, für die er in der vergangenen Spielzeit als Stammspieler 68 Partien bestritt. "Wir freuen uns, dass Matt nach seiner grandiosen NHL-Karriere zu uns kommt", sagte EHC-Trainer Don Jackson. Der Center strahle eine "riesige Begeisterung aus, seine Karriere in München fortzusetzen".

Sein Sohn Emerson starb 2014 kurz nach der Geburt - Elliot kam 364 Tage danach zur Welt

In Stajan bekommt Jackson einen Spieler jener Kategorie, von der er am meisten schwärmt: einen geborenen Anführer. "Wann immer ich eine Frage hatte, ging ich als erstes zu Staj", sagte Calgarys Kapitän Mark Giordano. "Er ist ein großartiger Anführer - und der ultimative Mannschaftsspieler." Stajan sagt über sich selbst, dass er angefangen von den Jugendteams nie der beste Spieler seiner Mannschaft gewesen sei. Aber er wusste, worauf es ankommt. "Ich habe in meiner Karriere erste, zweite, dritte und vierte Reihe gespielt, jede mögliche Rolle ausgefüllt und mich nie beschwert", erklärte er. Als junger Spieler denke man mehr an die Offensivstatistiken, "weil alle darüber sprechen. Aber darum geht es nicht - und wenn du das kapierst, dann kannst du dich lange halten." Er hielt sich so lange, dass er als erst 319. NHL-Spieler die 1000er-Marke knackte.

Die Fachpresse in Calgary beschreibt ihn als authentischen und hart agierenden, aber nicht die Grenze überschreitenden Spieler, der jede Rolle auf sich nimmt, um zu helfen. Stajan habe sich in den schmutzigen Zonen auf dem Eis bewährt, ohne schmutzig zu spielen, heißt es. In der Kabine sei er ein Wortführer und einer der beliebtesten Spieler - zwei Kategorien, die schwer miteinander zu verknüpfen sind.

Die Münchner bekommen zudem einen Spieler, der auf besonders harte Weise miterleben musste, wie selbst der Profisport auf einen Schlag zur Nebensache wird. Im März 2014 verstarb sein wenige Tage zuvor auf die Welt gekommener Sohn Emerson. "Es ist eine Erinnerung daran, dass unser Sport nur ein Spiel ist", betonte Calgarys damaliger Trainer Bob Hartley. Knapp drei Wochen nach der Tragödie erzielte Stajan per Penalty ein NHL-Tor, das "der ganzen Stadt Calgary eine Gänsehaut bescherte", wie die lokale Presse schrieb. Auf dem Weg zurück zur Bank stieß Stajan einen lauten Schrei aus und deutete mit seinen Fingern in den Himmel. Stajan bezeichnet diesen Moment als den "speziellsten" seiner Karriere - und nennt den Treffer das "Emerson-Tor". Die Scheibe hängt heute noch gerahmt im Zimmer seines Sohnes Elliot, der 364 Tage nach der Tragödie zur Welt kam und mit zweitem Namen Emerson heißt.

Stajan wird am Wochenende beim EHC erwartet. Er ist sich schon sicher, "dass wir eine super Saison vor uns haben."

© SZ vom 30.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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