Eishockey:Getrennte Geleise

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Der ehemalige Kapitän Florian Strobl verlässt die Tölzer Löwen, Verteidiger Niklas Heinzinger erleidet Armbruch.

Von Max Ferstl, Bad Tölz

Wenn Axel Kammerer, der frühere Trainer der Tölzer Löwen, über den Stürmer Florian Strobl sprach, verglich er ihn gerne mit einer Lokomotive. Kammerer sah in Strobl einen Spieler, der mit schnellen Schritten über das Eis und den Gegenspielern davon läuft. Der mit hoher Dynamik ins Angriffsdrittel eindringt, wenn andere schon zur Wechselbank fahren. "Er zieht die Mannschaft", sagte Kammerer einmal. Wie eine Lokomotive eben, zuverlässig und treu. 543 Mal stand Strobl für die Tölzer Löwen auf dem Eis. Doch ein weiteres wird wohl nicht hinzukommen, höchstens noch ein Abschiedsspiel.

Am Mittwochabend gaben die Löwen bekannt, dass der 29-Jährige den Klub verlassen wird. Aus "familiären und beruflichen Gründen", wie es in der Mitteilung heißt, wolle Strobl künftig in der Bayernliga spielen - für seinen Nachwuchsverein ESC River Rats Geretsried. Diese Entscheidung müsse man akzeptieren, sagt Geschäftsführer Christian Donbeck: "Wir alle wissen, was Florian für die Löwen geleistet hat. Deshalb schmerzt es auch doppelt so hart." Es gibt allerdings auch eine weniger gefühlige Version, wie es zu der Trennung kam. Der zufolge soll sich Donbeck nicht allzu leidenschaftlich um eine Verlängerung mit dem ehemaligen Kapitän bemüht haben. So erzählt es jedenfalls Florian Strobl. "Aufgrund der zähen Vertragsverhandlungen habe ich mich entschlossen, mir etwas anderes zu suchen", sagte er dem Münchner Merkur.

543 Partien für Tölz und eventuell ein Abschiedsspiel: der ehemalige Löwen-Kapitän Florian Strobl. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Strobl ist vor wenigen Wochen Vater eines Sohnes geworden, er arbeitet als Maschinenbautechniker in Bruckmühl - und spielte bisher Eishockey in Bad Tölz. Alles unter einen Hut zu bekommen, war schon in den vergangenen Jahren schwierig. Seine Familie habe er kaum noch gesehen, "das wollte ich nicht mehr". Und so bemühte er sich um eine alternative Lösung, zum Beispiel, sich acht Monate freistellen zu lassen, um sich aufs Eishockeyspielen konzentrieren zu können. Ohne Erfolg. "Schade, dass es jetzt endet", sagt Strobl.

In Tölz erzählen sie gern die Geschichte, dass Spieler aus dem eigenen Nachwuchs die Profimannschaft prägen. "Das schafft in der Form kein anderer Verein in der DEL oder DEL2", findet Donbeck. Die Geschichte stimmt natürlich weiterhin, es gibt nach wie vor viele Tölzer im Kader, in Dominik Kolb (vorher Selb), Christoph Kiefersauer (Deggendorf) und Timo Gams (Bayreuth) sind sogar drei weitere zurückgekommen. Doch der Weggang Strobls, der 2007 in der Oberliga debütierte und seitdem nie für einen anderen Klub gespielt hat, passt auf gewisse Art zu diesem Sommer, in dem sich das Gesicht der Löwen stark verändert hat.

Am Mittwoch traf der Kanadier Max French in Bad Tölz ein, der vierte neue Kontingentspieler. Der 26-Jährige, der im Vorjahr in Dänemark für Esbjerg Energy spielte, gilt als agiler Schlittschuhläufer, der sowohl Tore schießen als auch verhindern kann. Mit French (und ohne Strobl) ist der Kader "sehr komplett", sagt Donbeck. Das Ergebnis wirkt ziemlich hochwertig. Der neue Trainer, Kevin Gaudet, hat in der zweiten Liga mit Bietigheim drei Meisterschaften gewonnen. Die neuen Stürmer Tyler McNeely und Shawn Weller gehören seit Jahren zu den besten der Liga und könnten die Weggänge der Topscorer Stephen MacAulay und Andreas Pauli ausgleichen. Hinzu kommen überdurchschnittliche deutsche Spieler wie Marco Pfleger (Straubing) und Stefan Reiter (Düsseldorf). "Wir haben sehr, sehr gut gearbeitet", findet Donbeck.

Vor zwei Jahren sind die Tölzer von der Oberliga in die DEL2 aufgestiegen. Seitdem kämpfen sie darum, sich an das höhere Niveau anzupassen. Zwei Mal gelang der Klassenerhalt erst in der Abstiegsrunde. "Das Ziel ist, sich zu verbessern", sagt Donbeck. Dass die Verbesserung eher größer als kleiner ausfallen sollte, darf als gesichert gelten. Über seinen neuen Kader sagt der Geschäftsführer: "Wir haben Spieler, die Meisterschaften gewonnen haben - und davon nicht zu wenige." Einen Ausfall haben sie allerdings auch schon: Verteidiger Niklas Heinzinger, 19, zog sich im Training einen Oberarmbruch zu und wurde bereits in der Unfallklinik Murnau operiert. Sechs bis acht Wochen wird Heinzinger mindestens fehlen. "Es trifft uns natürlich hart, dass eines unserer jungen Talente gleich zum Start so eine Verletzung erleidet", sagt Donbeck. Auf einen anderen Spieler, der die bislang letzte Meisterschaft mit den Löwen gewann, 2012, werden sie künftig ganz verzichten. Das entscheidende Tor zur Oberliga-Meisterschaft schoss: Florian Strobl.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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