Eishockey: EHC München:Nicht zu unterschätzen

Lesezeit: 3 min

Zwei Spiele, vier Punkte: Der EHC München akklimatisiert sich erstaunlich schnell in der Deutschen Eishockey Liga - die Spieler bleiben dennoch gelassen.

Benedikt Warmbrunn

So sehen also Sieger aus. Martin Buchwieser kam zum Interview mit Badelatschen und im kanariengelben Handtuch, gehalten von einem gefährlich locker sitzenden Knoten. Patrik Vogl setzte sich mit einer Pizzaschachtel an die Eisfläche. Und Jordan Webb - sah nicht wie ein Sieger aus. Der Stürmer verschwand unter dem Schirm seiner Baseballmütze, der Blick wanderte unruhig durch die Katakomben. Leise murmelte er, dass es "einfach gut" sei, dass sein Team gerade gewonnen habe.

Das 5:3 gegen Iserlohn zeigt: Der EHC München kann in der Eishockey-Liga DEL durchaus mithalten. (Foto: lok)

Es herrschte eine angenehme Unaufgeregtheit am Sonntagabend in den Kabinengängen der Olympia-Eishalle. Der EHC München, Aufsteiger in die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), hatte eben 5:3 gegen Iserlohn gewonnen, zusammen mit dem Zähler vom Freitagsspiel in Mannheim (3:4 n.V.) war das ein Vier-Punkte-Wochenende und eine ziemlich große Überraschung. Es waren die ersten beiden Partien des EHC in der DEL überhaupt, für die meisten im Kader ist so ein DEL-Spiel noch keine alltägliche Erfahrung.

Zum Beispiel für Jordan Webb. Der Kanadier hat bisher nur in unteren Ligen gespielt, recht erfolgreich zwar - er war Topscorer in der Oberliga und in der zweiten Liga. Aber die DEL ist für ihn Neuland. Webb sah das emotionslos. Jeder im Kader habe schon große Spiele erlebt, Playoffs, Finale, Meisterschaft. Natürlich sei er in Mannheim, in dieser großen Halle, erst nervös gewesen, aber da dürfe man nicht nachdenken, "da musst du stärker werden".

So war es allein Pressesprecher Emanuel Hugl, der das Spiel mit einer geschichtsträchtigen Dimension versah: Der "historische" erste Sieg für den EHC in der DEL sei es gewesen, so eröffnete er die Pressekonferenz. Webb sagte: "Der erste Sieg ist immer der schwerste." Und Trainer Pat Cortina sagte: "Nett, dass wir den ersten Sieg gleich im ersten Heimspiel geholt haben".

Treffer sind nur Zusatz

Cortina sprach dann von der Akklimatisation, die seine Mannschaft am ersten Wochenende so gut gemeistert hatte, die aber noch die nächsten Spielen andauern werde. "Besser, schneller, stärker" gehe es in der DEL zu, das werde sein Team erst nach ein paar Partien richtig merken. Cortina wollte dämpfen, weil dem EHC der Sprung in die DEL in den ersten beiden Saisonspielen so gut gelungen war - zu gut? In Mannheim führte der EHC im letzten Drittel 3:2, ehe er erst in der Verlängerung verlor. "Da hatten wir noch Spielstandfieber", sagte Cortina, Angst vor dem eigenen Erfolg.

Auch am Sonntag führte der EHC im letzten Drittel 3:2, und erneut kassierte das Team den Ausgleich. Doch es folgten zehn eindrucksvolle Minuten, in denen Fans, Spieler und alle anderen im Verein erkannten, dass dieser EHC in der DEL mithalten kann. Webb traf sechs Minuten vor Spielende zum zweiten Mal an diesem Abend, in der vorletzten Minute erzielte Eric Schneider nach einem schönen Pass von Buchwieser den Endstand. "Es ist wichtig, dass die Spieler sehen, dass sich die Arbeit auszahlt, dass unser Weg der richtige ist", sagte Cortina. Aber er wäre nicht Pat Cortina, wenn er nicht etwas zu bemängeln gehabt hätte, einige schlechte Wechsel etwa - jedes Mal habe sein Team ein Gegentor kassiert.

Aber so wie die Spieler später durch den Bauch der Olympia-Eishalle schlurften, besteht keine Gefahr der Euphorietrunkenheit. Webb etwa sagte, er könne die eigene Leistung und allgemein die Chancen des Klubs schlecht einschätzen, schließlich kenne er die Liga nicht so gut. Gerade deswegen ist Webb ein gutes Beispiel für die Umstellung, in der sich die meisten EHC-Spieler befinden. In seinen bisherigen Vereinen war Webb der gefährlichste Angreifer, ein Führungsspieler.

Beim EHC erwartet das keiner von ihm. "Ich möchte eine gute Rolle spielen", sagt Webb. Ob er sich dessen bewusst sei, dass er der erste Matchwinner des EHC in der DEL ist? Webb gluckste. No, das sei ihm nicht bewusst, aber das zähle auch nicht. "Meine Aufgabe ist es, den Puck zu erobern, ihn vors Tor zu bringen und dann auf die Abpraller zu warten." Treffer sind nur noch ein Zusatz.

Schließlich war da noch Ulrich Liebsch, der Trainer der Iserlohn Roosters. Die Pressekonferenz war eigentlich zu Ende, da wurde er gefragt, ob sein Team das Spiel zu leicht angegangen sei. Liebsch wurde ungehalten. "Größten Respekt" habe man gehabt: "Den EHC München unterschätzt man nicht."

© SZ vom 07.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: