Eishockey:Der Rekordmeister verstummt

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Zwei Torschützen bangen um einen Vorbereiter: Die Münchner Dominik Kahun (li.) und Daryl Boyle stehen um Maximilian Kastner, der sich verletzt hat. (Foto: Imago)

Kurz vor Schluss trifft der EHC München in Klagenfurt zweimal ins leere Tor - damit entscheidet er auch das zweite Auswärtsspiel in der Champions League für sich

Von Christian Bernhard, München

Der Stadionsprecher gab noch einmal alles und versuchte, auch aus dem Publikum die letzten paar Prozente herauszukitzeln. Seiner Meinung nach ging es in der Klagenfurter Stadthalle, in der in großen Lettern "Willkommen in der Eishockey-Hauptstadt" zu lesen ist, durchaus noch etwas lauter. Das Selbstverständnis des Klagenfurter AC beruht auf den 30 Meistertiteln, die ihn mit großem Abstand zum österreichischen Rekordmeister machen, doch Uli Maurer nahm darauf keine Rücksicht, als er im eigenen Drittel Maß nahm und den Klagenfurter Teil der knapp 3700 Zuschauer mit einem Schuss ins leere Tor zum Schweigen brachte.

Maurers Treffer in der letzten Spielminute machte den Sieg des EHC München perfekt, die Gäste gewannen am Sonntagabend 4:1 und bescherten sich damit in der Champions Hockey League (CHL) ein traumhaftes Auftaktwochenende. Schon drei Tage zuvor hatte der EHC wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten der heimischen Fans genommen, als er sein Premierenspiel in der Eishockey-Königsklasse mit 4:2 beim slowakischen Meister HC Kaschau (Kosice) gewann.

Maurer hatte in der Slowakei darauf verwiesen, dass das Team diesen Wettbewerb "sehr ernst" nehme und dass das Training in den ersten Wochen der Saisonvorbereitung auf die CHL "hingesteuert" worden sei. Diese Ernsthaftigkeit war in Klagenfurt von Beginn an spürbar, doch es brauchte auch ein bisschen Glück, um den zweiten Auswärtssieg innerhalb von vier Tagen einzufahren. "Mit dem Resultat sind wir zufrieden", sagte der neue Verteidiger Toni Söderholm, der gleich zu einem der zwei Assistenten von Kapitän Michael Wolf gewählt worden ist, die Leistung sei allerdings "nicht so gut" gewesen. Söderholm spielte dabei wohl auf Minute 42 an, als beim Stand von 1:1 EHC-Torhüter Danny aus den Birken, Florian Kettemer und die Scheibe im Münchner Tor landeten, der Treffer nach Studium des Videobeweises aber nicht anerkannt wurde, weil das Tor aus Sicht der Schiedsrichter aus der Verankerung gerissen wurde, bevor der Puck die Torlinie überquert hatte. "Kein Tor, keine Verletzung, alles gut", kommentierte aus den Birken mit einem Schmunzeln.

Wenig später vereinten sich Freud und Leid in einer Szene. Maximilian Kastner, der zur neuen Saison vom Kooperationspartner SC Riessersee aus der zweiten Liga nach München gewechselt war und erneut ein auffälliges Spiel machte, verletzte sich beim spielentscheidenden 2:1 von Dominik Kahun, das er wunderbar vorbereitet hatte (46.), indem er mit hohem Tempo in die Bande rutschte. Eine Diagnose steht noch aus, der EHC befürchtet allerdings einen längeren Ausfall des 22-jährigen Angreifers, der einer der großen Gewinner der Vorbereitung war. Yannic Seidenberg hatte erst gar nicht Klagenfurter Eis betreten. Der Nationalspieler pausierte aufgrund einer Beinverletzung, für ihn rückte Kahun in die dritte Angriffsformation auf.

Von den EHC-Angreifern war zunächst wenig zu sehen. Die Österreicher bestimmten das Spiel, besonders die ehemaligen NHL-Spieler Jamie Lundmark und Thomas Pöck, vor denen Münchens Trainer Don Jackson explizit gewarnt hatte, brachten immer wieder Gefahr. "Wir waren zu Beginn vom großen Druck der Klagenfurter etwas überrascht", sagte Kapitän Wolf, der sich nach seinem Hattrick in Kaschau beim Aufeinandertreffen mit seinem ehemaligen Trainer Doug Mason, unter dem er in Iserlohn den Schritt zum DEL-Stammspieler gemacht hatte, bis auf einen Pfostentreffer (36.) offensiv zurückhielt.

Wenig überraschend waren die zwei Säulen, die das EHC-Konstrukt wie schon in den Spielen zuvor auf sichere Beine stellten: das Unterzahlspiel und die Torhüter-Leistung. Aus den Birken machte mit 33 Paraden erneut ein starkes Spiel, dazu überstand der EHC wie schon in Kaschau alle Unterzahlspiele schadlos und leitete mit einem Mann weniger sogar den Sieg ein, als Kastner und Kahun ausschwärmten. Das Tor "hätte zu keinem besseren Zeitpunkt fallen können", fand Trainer Jackson.

Zuvor hatte Daryl Boyle Klagenfurts Führung von Manuel Geier (32.) mit einem Schuss unter die Latte ausgeglichen (39.), die zwei Treffer ins leere Tor in der letzten Spielminute von Uli Maurer und Frank Mauer besiegelten den EHC-Erfolg. "Wir haben die drei Punkte, das war alles, was wir wollten", fasste es Torschütze Boyle kurz und knapp zusammen. Damit kann der EHC im ersten CHL-Heimspiel der Klubgeschichte am Freitag gegen den HC Kaschau (19.30 Uhr) bereits die Qualifikation für das Sechzehntelfinale klarmachen.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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