Eishockey:Der modische Schatten aus Reihe vier

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Der EHC München bekommt es in der Champipons League mit schweren Gegnern zu tun - und gibt Jerome Flaake an die Düsseldorfer EG ab.

Küsschen zum Abschied: Jerome Flaake herzt den Pokal für den jüngsten Meistertitel mit dem EHC München. (Foto: Alexandra Beier/Getty)

Finnland, Schweden, Weißrussland: Der EHC Red Bull München hat eine namhafte Vorrundengruppe für seine vierte Teilnahme in Serie an der Champions Hockey League (CHL) zugelost bekommen. Der deutsche Meister bekommt es von Ende August an mit dem zehnmaligen finnischen Meister TPS Turku, dem schwedischen Vertreter Malmö Redhawks und Yunost Minsk aus Weißrussland zu tun. Kein leichtes Los. Kapitän Michael Wolf nennt die Gruppe "sehr interessant". Turku sei ein richtig schwieriger Gegner, "sie haben eine super Mannschaft. Und auch Malmö ist ein gutes Team. Wenn man die vergangenen Jahre verfolgt hat, waren die schwedischen und finnischen Mannschaften in der Champions League unglaublich erfolgreich". Auch Minsk will der 37-Jährige nicht unterschätzen: "Sie sind auf dem Papier der vermeintlich leichteste Gegner. Aber auch gegen die Weißrussen wird es für uns alles andere als einfach."

Dass der EHC mittlerweile Stammgast in der Eishockey-Königsklasse ist, zeigt, in welch erfolgreicher Phase er sich seit Jahren befindet. Ernüchternde Aspekte sind selten - und doch gibt es sie. Die wohl größte spielerische Enttäuschung der letzten Jahre etwa ist seit dieser Woche Geschichte. Jerome Flaake wird in der kommenden Saison nicht mehr das Trikot des EHC tragen. Der Vertrag des 28-jährigen Stürmers wurde einvernehmlich aufgelöst, Flaake hat bereits einen Dreijahresvertrag bei der Düsseldorfer EG unterschrieben.

Es ist das Ende eines großen Missverständnisses. Flaake, der bei seinem Wechsel nach München vor zwei Jahren einer der hoffnungsvollsten deutschen Spieler war, erzielte in der abgelaufenen Saison in 58 Ligaspielen inklusive Playoffs nur noch äußerst bescheidene zwei Tore.

Als im Mai 2016 klar wurde, dass die Hamburg Freezers keine Lizenz mehr für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) beantragen würden, landeten mit einem Schlag einige gefragte Profis auf dem Markt. Der begehrteste war der damals 26 Jahre alte Flaake, der sich in Hamburg vor allem mit seinem harten und präzisen Handgelenkschuss einen Namen gemacht hatte. Dieser reichte bis in die NHL: Die Toronto Maple Leafs hatten ihn 2008 gedraftet, zweimal nahm Flaake an Trainingscamps der Kanadier teil. 97 Tore in sechs Spielzeiten: Hinter Flaake war die halbe deutsche Liga her - und nicht nur die. Auch russische Klubs aus der KHL buhlten um seine Dienste.

Das Rennen machte der zahlungskräftige EHC, der Flaake mit einem mehrjährigen, sehr gut dotierten Vertrag ausstattete. Flaake sollte eine der deutschen Säulen werden, um die die Münchner ihr Team der Zukunft bauen wollten. Sein Start in München war vielversprechend. Nachdem er gleich in der CHL getroffen hatte, erzielte er am vierten DEL-Spieltag gegen Augsburg einen Hattrick. Ein besonderer Moment für den gebürtigen Brandenburger, der mit seiner Familie als Zweijähriger nach Königsbrunn gezogen war. Am Ende der Saison, die mit seinem ersten Meistertitel endete, hatte er 22 Scorerpunkte.

In der zurückliegenden Saison tauchte er aber völlig unter, Flaake war nur noch ein Mitläufer und Schatten seiner selbst. Auf seine stark rückgängigen Scoringzahlen angesprochen, sagte der Angreifer, das liege an der Rolle, die er in München als Spieler der vierten Reihe innehabe. Das alleine reichte aber nicht als Erklärung. Sein Linienkollege Jon Matsumoto wurde zum wertvollsten Spieler der Finalserie gegen die Eisbären Berlin gewählt, und Maximilian Kastner, der Münchens vierte Angriffsreihe komplettierte, hatte in der Zwischenzeit den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft.

Flaake dagegen hat den Anschluss an Marco Sturms Nationalteam verloren, sein letzter Nationalmannschaftseinsatz liegt eineinhalb Jahre zurück. Der Autofan, der in seiner Hamburger Zeit als "Fashion-Polizist" (sein damaliger Teamkollege Adam Mitchell) und "große Diva" (Nationalspieler und guter Freund David Wolf) beschrieben wurde, erregte nicht mehr auf dem Eis Aufsehen, sondern eher abseits - etwa mit seinem auffälligen Kleidungsstil.

Für ihn sei die Zeit gekommen, einen neuen Weg einzuschlagen, teilte er nun über die sozialen Netzwerke mit. Flaake möchte bei der DEG "wieder mehr Verantwortung übernehmen, als das in München zuletzt möglich war". In Düsseldorf erwarten sie sich viel vom 28-Jährigen. Der "äußert begehrte Spieler" (Geschäftsführer Stefan Adam) soll eine "entscheidende Rolle" einnehmen (Sportlicher Leiter Niki Mondt). Die Rheinländer werden hoffen, die Hamburger Version Flaakes unter Vertrag genommen zu haben - nicht die Münchner.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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